Florian Herzog 4tet – Almost Natural

Florian Herzog 4tet – Almost Natural

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Tangible Music

Der Bassist Florian Herzog schreibt schwerpunktmäßig für Projekte, die Avantgarde-Jazz, Pop oder Elektronik miteinander verbindet. Er ist in Bands wie Just Another Foundry oder Turn und Trillmann aktiv. Als Leader sind von Herzog Projekte wie „Moon Tree“ und sein gerade erschienenes Quartett-Album „Almost Natural“ realisiert worden. Seit vier Jahren kuratiert er die „Monday-Meetings“-Reihe im Loft Cologne. Nun also legt er sein erstes Album vor. Auf ihm sind langjährige Weggenossen wie Sebastian Gille, Elias Stemeseder und Leif Berger neben ihm zu hören.

„Lasting Integrity“ ist der Aufmacher des Albums. Was wir hören, könnten wir mit Springfluten umschreiben und zugleich mit einer Sezierung des Klangs. Da gibt es Brüche und Sprünge, auch auf Seiten des Saxofonisten, vor allem aber bei den Linien, die der Pianist spielt. Basslastig sind sie hier und da. Bruchkanten des Klangs erleben wir. Wenn alle vier Musiker mit gleicher Intensität agieren, dann scheint es, als bilde sich ein Knäuel aus vielerlei Klangfäden. Rhodes statt Klavier, das ist bei dem Stück „Advanced Computer Music“ angesagt. Oder ist es der Synth, der uns das denken lässt?Die Linien des Saxofonisten sind verwoben, ohne zu einem Klangknäuel zu werden. Auch Geigen ähnliche Klänge dringen an das Ohr des Hörers. Sie sind wohl auf dem Synth erzeugt worden.  Oder wurde der Bass schlicht „elektronisch verzaubert“? Sonor meldet sich anschließend der Saxofonist und drängt sich auf. Derweil gibt es Beckenrausch zur Genüge zu erleben. Der Fluss des Klangs verlangsamt sich und dann ist mehr oder minder abrupt Schluss.

„Ten Days To Go“ hören wir nachfolgend. Auffällig ist der tiefe Bassklang, der sich Raum schafft. Becken werden getätschelt und dann hören wir scheinbar den Wohlklang eines Altsaxofons: doch es ist der Tenorsaxofonist, der zeitweilig in hohen Lagen zu hören ist. Es ist für die eher pastellfarbenen Klangfarben verantwortlich und das Saxofon ist die dominante Stimme. Hier und da erreicht der Saxofonist auch Klanghöhen, die an ein Sopransaxofon denken lassen. Gemeinsam arbeiten die Musiker an der Klangcollage, an den gegenseitigen Bindungen, die es zu lösen gilt. Solistisch agiert der Bassist, zu dessen Erdigkeit der Pianist Tieftöniges hinzufügt. Doch das sind nur Momente, die sich auflösen und eine gänzlich andere Richtung einnehmen. Wild ist das Tastenspiel, das an Unruhe und Tumult denken lässt. Überlagerungen durch den Saxofonisten mit seiner Instrumentenstimme ist deutlich wahrnehmbar. Stets gibt es Momente des Eruptiven. Und das endet ganz plötzlich, wie auch in anderen Stücken des Albums.

Bei „Misleading Energy“ wird eine neue Klangfarbe eingeführt: Der Saxofonist spielt Klarinette; ein eher weicher Klang verteilt sich im Klangraum. Zudem vernehmen wir elektronische „Morsezeichen“ und ein sphärisches Knistern. Blitzeinschläge in einen Faraday-Käfig und Funkenflüge an Hochspannungsleitungen sind Bilder, die sich bei dem zeitweiligen Klangspiel des Quartetts einstellen können. Wenn man derartige Bilder nicht teilt, dann kann man gewiss von Aufladungen und Entladungen reden, die in der Komposition zum Ausdruck gebracht werden.

Einige Stücke nehmen durchaus eine kürzere Entwicklung, dazu gehört „Quadruple Triumvirate“ sowie „Wheel“. Klangaussagen bedürfen nicht immer unzähliger Minuten. Bisweilen ist musikalisch auch alles in drei Minuten gesagt, insbesondere wenn das Stück auf Antizipationen der zu folgenden Improvisation fußen.

Abschließend noch ein Wort zum Schlussstück: „Colossus and the Crab“.  Sonorer Klang des Saxofons und ein Klangteppich, der aus dem Synth zu entspringen scheint, sind in Umlaufbahnen unterwegs; jeder auf seiner eignen. Impulse verstärken sich. Kristallines steuert der Pianist zum Stück bei. Durchdringend ist die „aufgeregte“Stimme des Saxofonisten, der sich auf seiner kreisenden Umlaufbahn eingerichtet hat. Derweil wird ein chaotischer Klangteppich durch die anderen Musiker geknüpft. Auf- und Abschwünge des Klangs vereinen sich. In dem „Stimmkanon“, den wir vernehmen hat auch eine Orgelstimme ihren Platz. Von dem Saxofonisten müssen wir gar nicht mehr reden. Er  hat stets eine Kommentierung zum Geschehen bei der Hand, bis zum letzten, auslaufenden Ton, der dem Synth entstammt.

© fdp 2025


Info

Tangible Music

Line-up
Sebastian Gille – Saxophones, Clarinet
Elias Stemeseder – Piano & Synthesizer
Florian Herzog – Double Bass
Leif Berger – Drums

Tracklist
01 Lasting Integrity 4:59
02 Advanced Computer Music 3:36
03 Ten Days To Go 5:13
04 Misleading Energy 5:21
05 Quadruple Triumvirate 3:00
06 Wheel 3:48
07 Dia 4:12
08 Minor’s Lattice 6:01
09 Colossus and the Crab 5:06


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