Flip Philipp & Renato Chicco: Face To Face
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ATS Records, 839 #128
Renato Chicco ist kein Unbekannter der Szene. Bei alessa records hat er gemeinsam mit Don Menza und Bernd Reiter ein Album mit dem Titel "NON DIMENTICAR" eingespielt – es wurde bei Jazz'halo bereits besprochen (http://www.jazzhalo.be/reviews/cd-reviews/m/menza-chicco-reiter-non-dimenticar/). Bei Unit Records spielt er in der Band des Altsaxofonisten Patrick Bianco Piano, wenn mit „Cannonsoul“ an Cannonball Adderley erinnert wird. Nun also begegnen wir Chicco mit dem Vibrafonisten Philipp in der Einspielung „Face to Face“, für ein Duett genau der richtige Titel.
Lediglich zwei Kompositionen stammen aus der Feder der beiden Musiker, alle anderen bewegen sich im Umkreis der Standards, ob Billy Strayhorns „Isfahan“ – oftmals fälschlicher Weise Duke Ellington zugeschrieben – oder „Black Narcissus“ von Joe Henderson. Auch Herbie Hancocks „Empty Pockets“ interpretieren Chicco/Philipp. Bisweilen ist man bei einem derartig zusammengestellten Album geneigt, sich auch mal die Originale anzuhören, um nachfolgend einen Vergleich anstellen zu können.
Beim Zusammenspiel zwischen Chicco an der Hammondorgel und Philipp am metallisch klingenden Vibrafon, das nur geringen Nachhall hat, ist sehr markant, dass Chicco die bewegten Vibrafonläufe mit einer Art Basslinie unterfüttert. Derweil lässt sich Philipp treiben und die Tonfolgen erscheinen so, als ob ein kleiner Bach rauschend dahinfließt. Gekonnt wechseln sich die beiden brillanten Musiker in ihrem Spiel ab, nimmt Chicco auf, was Philipp zuvor angespielt hat, und variiert es gekonnt. Nein, Chicco spielt nicht im Stil von Jimmy Smith. Er klingt schlicht anders. Wie sein Mitspieler lässt er die Töne dahinperlen, spielt mit Klangfarben und in die fällt dann Philipp mit seinem Vibrafon hier und da ein. So paaren sich weiche und hart klingende Harmonie in angenehmer Weise.
Gleichsam frohlockend beginnt „Til Then“ von Bobby Hutcherson. Es ist Stück, bei dem sich auch improvisierte Ideen ihren Raum schaffen. Hört man zu, denkt man an einen sonnigen Frühlingstag. Das Stück scheint wie geschaffen, um gute Laune hervorzurufen. Segler auf dem Starnberger See oder Ruderer, die zum ersten Training auf der Donau unterwegs sind, Flaneure in der Stadt, das erste Eis für die Kinder – das sind Bilder, die beim Zuhören durchaus in den Sinn kommen können. Auch ein bisschen Funk dürfen wir erleben, wenn Eddie Harris „Freedom Jazz Dance“ erklingt. Dabei fällt es vor allem Chicco zu, für ein bisschen „Shaking, Shaking and funky, funky“ zu sorgen. Ein Klassiker unter den Standards ist Billy Strayhorns „Isfahan“, Teil von Duke Ellingtons „Far East Suite“. Auch mit dieser Ballade, die die beiden Musiker für eine der schönsten, jemals geschriebenen Balladen halten, haben sich Chicco/Philipp spielerisch auseinandergesetzt.
Dass nicht jeder Blues ein Blues ist, aber durchaus melancholische Momente existieren, unterstreicht der „502 Blues (Drinkin' and Drivin')“. Geschrieben hat das Stück Jimmy Rowles. Erschienen ist das Stück auf Wayne Shorters Album „Adam's Apple“ und nun auch auf der vorliegenden Einspielung. Doch auf den wahren Blues müssen wir nicht lange warten, denn mit „Empty Pockets“, Bestandteil des Debütalbums von Herbie Hancock, bekommen wir ihn dann, wenn auch variantenreich ausgebaut, ohne dass die Seele des Stück verloren geht.
Kommen wir zum Schluss zu den beiden Kompositionen die jeweils Chicco („The Loop“) und Philipp („Around J. C.“) zu ihrem Album beigesteuert haben. Ja, mit seiner Komposition verneigt sich Philipp vor John Coltrane, einer der Legenden des Jazz. Dabei „modulierte“ er „Giant Steps“ sowohl in den Harmonien als auch in der Taktung. Mit einem Blues aus der Feder von Chicco schließt sich dann der musikalische Reigen, wenn „The Loop“ erklingt.
Das Album ist Wohlklang durch und durch. Die Kombination von zwei Harmonieinstrumenten mit sehr unterschiedlichen Klangfarben ist überaus gelungen, und man vergisst schnell, den Originalen nachzuspüren. Bitte mehr davon wünscht man sich!
Text: © ferdinand dupuis-panther.
Press Release in English by ATS Records
The Hammond organ and the vibraphone are arguably the two warmest and most viscerally satisfying instruments ever played in a Jazz context (or any context, for that matter). It is disappointing, but perhaps not so surprising, that so little documentation exists of the two playing together. Most famous perhaps are guitarist Grant Green’s 1964 Blue Note recording Street of Dreams, featuring Bobby Hutcherson and Larry Young (with Elvin Jones) and organist John Patton’s Let ’Em Roll (1965), also on Blue Note and featuring Bobby Hutcherson (along with Grant Green and Otis “Candy” Finch). Other such recorded collaborations include: Lionel Hampton & Milt Buckner, Gary Burton & Larry Goldings, Joe Locke & Barbara Dennerlein, Steve Nelson & Mike LeDonne, Vid Jamnik & Rob Bargad (if I may...), Warren Wolf & Jake Sherman (with saxophonist Mike Tucker), Stefon Harris & Jared Gold (with guitarist Dave Stryker) and at least two fine projects featuring Bobby Hutcherson & Joey DeFrancesco. The great organist Eddie Louiss has recorded in duo with piano (Michel Petrucciani) and with accordion (Richard Galliano), but the duo of Hammond and vibes (at least to my knowledge), has never been recorded – until now. This elegant CD presents two highly accomplished individuals - musically at the top of their game. Renato Chicco has played with some of the world’s greatest Jazz artists, including Jon Hendricks, Clark Terry and Jerry Bergonzi. Flip Philipp is principal percussionist with the Vienna Symphony and has shared the stage with such Jazz greats as Joe Zawinul, Idris Muhammad and Walt Weiskopf. Both are also highly valued and respected teachers of music.
The Hammond and the vibes actually emit very similar tonal ranges, textures, and tamburs. While the mechanics of each instrument are completely different, at the heart of both lie devices if not of similar function, then at least of similar shape and concept: the rotating tonewheels that create the actual sound of the Hammond, and the rotating discs controlling the vibrato speed of the vibraphone. Both can also be played dry (without vibrato – and just to be clear, the Hammond’s vibrato is not controlled by the tonewheels, but by various independent vibrato settings). But these related attributes make a successful duo performance an even greater challenge. As with piano and guitar – the two are chordal instruments with both accompaniment and solo capabilities. The tendency could easily be to overplay and crowd the music. But in this case, you have two extremely mature, sensitive and highly creative musicians whose collective wealth of musical knowledge and experience is succesfully and delightfully brought to life here, within this unique and demanding setting.
By Rob Bargad
Informationen
Label
ATS Records
http://www.ats-records.de
Flip Philipp
http://www.flip-philipp.at/
https://www.youtube.com/watch?v=hcPi_VvH1o4
Renato Chicco
Videos
https://www.youtube.com/watch?v=HunRiFY1w8Q
https://www.youtube.com/watch?v=QDhf6bLuZ9Y