Filippo Cosentino - Andromeda
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NauRecords
Filippo Cosentinos Musik ist tief verwurzelt in der europäischen Klassik, in der Musik der Gegenwart und in Latin Grooves. Ausgebildet wurde der Baritongitarrist am Conservatorio G.B.Martini in Bologna, wo er sein Studium mit cum laude abschloss. Zu hören war er bisher im Zusammenspiel u. a. mit Javier Girotto, Tom Kirkpatrick, Barend Middelhoff, Craig Silberschlag, Michael Rosen, Fabrizio Bosso, Rita Marcotulli, Andrea Marcelli, Antonio Zambrini und Jesper Bodilsen. Darüber hinaus ist Cosentino in Theaterproduktionen engagiert und schrieb Filmmusik, darunter für den Dokumentarfilm “Meno 100 chili”.
In der Vergangenheit trat Cosentino beim Bologna Jazz Festival, Alba Music Festival, Suoni dalle Colline di Langhe e Roero, Moncalieri Jazz, Acoustic Guitar International Meeting, Fara Music Festival sowie Sori Winter Jazz auf. Obendrein ist er der künstlerische Leiter des Festivals Cantautori d'Italia für italienische Songschreiber. Zudem ist er für die Jazzfestivals Jazz&Co. und Roero Music Fest verantwortlich.
Auf dem vorliegenden Album sind neben dem Gitarristen Filippo Cosentino der Pianist Ekkehard Wölk, der Kontrabassist Johannes Fink und der Schlagzeuger Andrea Marcelli zu hören.
Mit den Kompositionen „Soul“ und „Caught 22“ beginnt das vorliegende Album, dessen Titel der griechisch-römischen Sagenwelt entlehnt worden zu sein scheint. Man erinnere sich an die wunderschöne Tochter der äthiopischen Herrscherin Cassiopeia namens Andromeda, die dem Meeresungeheuer Ketos geopfert werden sollte, um Unheil von Äthiopien abzuwenden. Doch Rettung nahte in Gestalt von Perseus. Zugleich ist Andromeda auch ein Sternbild am östlichen herbstlichen Himmel und Teil der Andromedagalaxie.
„17-12-2011“, entstanden als Bezug zu einem wichtigen biografischen Datum, „La mia terra“ zum Thema „Migration“ und „Andromeda“ sind gleichfalls auf dem aktuellen Album zu hören. Den Schlussakkord bildet „Missouri“, gleichsam ein „mediterranes Hohelied auf den Blues“.
Beinahe etüdenhaft beginnt „Soul“. Alles scheint in stetem Fluss, auch dann wenn Ekkehard Wölk seine Finger über die schwarzen und weißen Tasten setzt. Beschwingt geht es weiter, auch mit dem Kontrabass, der Leichtigkeit ausstrahlt. Ansätze von Flamenco scheinen mit im Spiel zu sein. Latin Fever macht sich in Ansätzen bemerkbar.
„Caught22“ wartet mit klassischen Grooves und Riffs auf, wie wir sie aus dem Jazz kennen. Dabei wird man hier und da nicht nur an Django Reinhardt, sondern auch an Attila Zoller erinnert. Auch diese beschwingte Komposition hat Seele und Strahlkraft, insbesondere bei den Gitarrenläufen im Diskant. Kaskadierendes Tastenspiel löst den Gitarrenwohlklang ab. Paraphasierungen sind es, die wir vernehmen. Irgendwie scheint die melodische Linienführung die Schwerkraft außer Kraft gesetzt zu haben. An im Wind tanzende Luftballons muss man beim Zuhören denken. Doch die Frage nach dem Titel bleibt: Bezieht er sich ironisierend auf „Catch 22“, auf einen Begriff, der für Dilemma und Teufelskreis steht?
Das kristalline Spiel des Pianisten wird anfangs von rhythmisierenden Gitarrenelementen begleitet, wenn wir „Upsilon Andromeda A“ hören. Gitarrist und Pianist sind in einem steten Wechselspiel verstrickt, scheinen gleichsam Hall und Widerhall, durchaus auch im eher freien Spiel. Dabei scheint auch Kompositorisches von Kurt Weill durchaus hier und da Pate gestanden haben.
Eine gewisse Dramatik scheint bei „17-12-2011“ spürbar. Ist da nicht auch eine Anlehnung an Bizet auszumachen? Signalisiert das Spiel von Cosentino, dass etwas in Abschnitten, in Etappen geschieht, ohne dass es ein stringentes Continuum gibt? Zudem: Der Aufbruch scheint kurz und dann auch gleich wieder beendet. Sehnsüchte scheinen bei „La mia terra“ zum Ausdruck gebracht zu werden. Beim Zuhören kommt dem einen oder anderen sicherlich die Weite des Meeres mit spiegelglattem Wasser in den Sinn. Kleine Wellen türmen sich hier und da auf und verlaufen sich – das ist ein anderes Bild, das angesichts der Melodiestruktur im Kopf entsteht.
Nicht überschwänglich ausgelassen, aber frohlockend und losgelöst geht es in „Dancing“ zu, nicht nur beim Gitarrensolo. Doch es gibt auch einen Bruch im melodischen Fluss zu konstatieren, wenn das Piano und der gestrichene Bass sowie das „polternde Schlagzeug“ das Klangzepter schwingen. Irgendwie scheinen die Tänzer aus dem Takt und dem Schwung gekommen zu sein. Das ändert sich erst wieder, wenn Cosentino mit fein gewobenen Umspielungen zu vernehmen ist. Doch seine Mitspieler scheinen „Gegentakte“ zu fordern. Am Ende jedoch behält das Liedhafte die Oberhand.
Und zum Schluss servieren uns die Musiker den Blues „Missouri“. Das dafür keine gezogenen Töne notwendig sind, unterstreichen die Vier nachhaltig. Getragen ist der Modus. Von den Songs und den stampfenden Rhythmen auf den Baumwollfeldern – vom Ursprung des Blues – ist jedoch nur bedingt etwas zu merken. Eher werden wir von mediterraner Leichtigkeit umgarnt, auch wenn dann Cosentino hier und da Country-Blues durchscheinen lässt.
Fazit: ein Album für die Entspannung, die Kontemplation, das Innehalten, vielleicht beim Bestaunen des Sternenhimmels, wenn auch Andromeda mal nicht zu sehen ist!
© Text ferdinand dupuis-panther – Der Text ist nicht public commons!
Informationen
http://www.filippocosentino.com/
https://it.m.wikipedia.org/wiki/Filippo_Cosentino
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