Fabien Mary Octet - Left Arm Blues and other New York stories
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jazz&people
Ob man stets noch sagen kann, dass die amerikanische Metropole New York für eine ungezählte Zahl von Jazzmusikern ein Mekka sei, wie man dem „Waschzettel“ zum Album entnehmen kann, sei mal dahingestellt. Der Trompeter Fabien Mary scheint schicksalhaft mit dem Big Apple verbunden zu sein. Seit 2001 hält er sich regelmäßig in New York auf, um sich an Jam Sessions zu beteiligen und Clubauftritte zu absolvieren! Vor zwei Jahren brach sich Mary während eines Aufenthalts den Arm, schlecht für einen Trompeter. Doch dieser machte das Beste daraus und komponierte acht Songs, die er mit seinem Oktett einspielte. Dieses besteht aus: dem Altsaxofonisten Pierrick Pedron, dem Tenorsaxofonisten David Sauzay, Thomas Savy am Baritonesax und dem Posaunisten Jerry Edwards. Die Rhythmusgruppe bilden der Gitarrist Hugo Lippi, der Kontrabassist Fabien Marcoz und der Drummer Mourad Benhammou, alles Musiker, die auch regelmäßig im Quartett von Mary mitspielen.
Bei seinen Arrangements orientiert sich Mary unter anderem an Thad Jones, derweil er Bebop und Cool pflegt. Zu hören sind Aufnahmen wie „Don't look back“, „Quercus Robur“, „Left Arm Blues“, „Walk on the Highline“, „Atumn Melodie“ und zum Schluss noch ein Klassiker: „All The Things You Are“.
Ja, wer den Sound von Großformationen mag, der spitze die Ohren zunächst einmal bei „Don't look back“, eine Komposition, die die Hörner in den Mittelpunkt rückt, aber auch dem Baritonsaxofon Raum verschafft. Nur kurze Interventionen sind dem Gitarristen vorbehalten, der seine Finger flink über die Saiten huschen lässt, derweil der Schlagzeuger ihn dezent im Hintergrund begleitet. Immer wieder sind es allerdings die Hörner, die sich signalhaft in Erinnerung bringen. Dabei ist der Klang einer Big Band stets gegenwärtig. Mit leichten südamerikanischen Beimischungen wartet „Quercus Robur“ auf, dank sei der Rhythmusgruppe und auch dem Gitarristen Hugo Lippi. Mit weichen Melodiewellen bringt sich der Bandleader Fabien Mary ins Spiel. Man hat dabei den Eindruck, er fange einen säuselnden Frühlingswind ein. Eigentlich wartet man darauf, dass jenseits des Tutti der Bläser und der Solos – auch Lippi zeigt sich erneut verspielt und mit spielerischer Leichtigkeit – sich andere Subformationen des Oktetts aus dem Gesamtverband lösen – als Trio, Duo, Quartett – und so dem Gesamtarrangement mehr musikalische Spannung verleihen. Doch Mary scheint zu sehr Traditionalist, als dass er dem nachginge.
Schlagzeuger und Kontrabassist leiten den „Left Arm Blues“ ein, der auch und gerade vom Baritonsaxofon mitbestimmt wird. Den Blues bekommt bei diesem Song auch Lippi, der allerdings auf den üblichen Rhythm' Blues oder Blues im Sinne von B. B. King verzichtet und stattdessen der Tradition der Jazzgitarre huldigt. Unterfüttert wird das Gitarrenspiel von den geballten Hörnern, aus denen sich dann auch ein Alt-Saxofon (?) solistisch herauslöst und den Blues besingt, durchaus in gemäßigtem Tempo. Abgelöst wird das genannte Saxofon vom Tenorsaxofon (?), das sich quicklebendig zeigt und mit dem klassischen Bluesschema experimentiert und es paraphrasiert.
Müsste „Autumn Melodie“ nicht eine gewisse Melancholie ausstrahlen, müsste man nicht Nebelbänke musikalisch erahnen, müsste man nicht das Rauschen des abfallenden Laubs und die ersten Stürme wahrnehmen?. Doch die Komposition bleibt in dem Schema, dass Mary auch bei anderen Songs favorisiert. Einen Unterschied gibt es zu den anderen Songs: Der Anteil der Solos ist deutlich erhöht, sodass die Komposition im Arrangement eine besondere Dynamik aufweist. Ob das allerdings den Herbst musikalisch zum Ausdruck bringt, scheint mir eher fraglich. Zum Schluss ein Standard: „All The Things You Are“ Und dieser Standard fängt so getragen an, wie man das eigentlich fürs „Herbstlied“ erwartet hätte. Viel Pathos liegt im Spiel des Oktetts, das auch ein wenig in Schwermut schwelgt, ein wenig zuviel, nach meinem Geschmack.
Text: © fdp