Am Anfang war die Musik …
Nein, so lautet der Titel des Filmporträts über den in Frankfurt beheimateten Saxofonisten Christof Lauer nicht, wenn er auch deutlich macht, dass Musik für ihn eine Sprache sei und es statt Worten eben Klänge, Akkorde sind, die die Sprache ausmachen. Aber auch in „Talking to you“, dem offiziellen Filmtitel, wird ja verdeutlicht, dass es um Kommunikation geht, um Sprache, um das Gespräch, wenn man so will um das Gespräch mit Noten, die sich in Klänge verwandeln.
Das Porträt des einstigen Mitglieds der NDR Big Band und des United Jazz & Rock Ensembles konzentriert sich auf die Musik, die für den Saxofonisten essentiell ist, wie er in dem Film erklärt. Er könne auch ohne Musik leben, aber eigentlich wisse er nicht wie, so Lauer sinngemäß. Zudem: „Jazz ist für mich eine Art Lebensgefühl. Dass man sich frei fühlt im Ausdruck und im Vermischen von Formen.“ Und diesem Essentiellen geht der vorliegende Film nach, zeigt zahlreiche Konzertausschnitte, die nicht als Schnipsel in den Film eingefügt sind, sondern durchaus einzelne Kompositionen vorstellt, auch Lauers Soloauftritte in der Frankfurter Liebfrauenkirche.
Es sind die Begegnungen mit Musikern, die das Leben des in einem sehr musik- und kunstaffinen Pastoren-Haushalt aufgewachsenen Saxofonisten ausmachen und bereichern, so zumindest der Eindruck, den der Film hinterlässt. So gehören eben auch Probenmitschnitte mit zur filmischen Dramaturgie. Dies bezieht sich vor allem auf die Zusammenarbeit mit Ney-Spieler Kudsi Ergüner, dem französischen Perkussionisten Bruno Caillat, dem Drummer Silvan Strauss und dem österreichischen Bassisten Hans Glawischnig. Sie erleben wir bei Proben von Stücken aus der Feder von Ergüner und in einem Konzertmitschnitt am Ende des Films.
mit Kudsi Erguner
Gerade das Ungewöhnliche jenseits von Mainstream Jazz im Sinne von Count Basie und Duke Ellington ist es, was Christof Lauer umtreibt, folgt man seinen Statements, die immer mal wieder in den Film zwischen den musikalischen Mitschnitten eingestreut wurden. Auch der Dialog der Kulturen und das Interkulturelle liegen dem Saxofonisten nach eigenen Aussagen am Herzen. Das beinhaltete u.a. die Zusammenarbeit mit Joachim Kühn sowie Michel Portal und Daniel Humair sowie aktuell mit dem Drummer Patrice Héral und dem Tubisten Michel Godard. Dankenswerter Weise gibt es von dem Trio Lauer-Héral-Godard einen längeren Filmmitschnitt von einem Konzert in einem Kirchlein mit mittelalterlichen Fresken im Altarraum.
In einem Wortbeitrag geht Lauer auf sein Aufwachsen in einem Pfarrhaushalt in Hessen ein, seinen Klavierstunden in Schlüchtern und den Wunsch, Oboe zu erlernen. Doch die Eltern waren zunächst gegen die Oboe als Instrument und so wurde das Cello und später das Saxofon der Ersatz für das Holzblasinstrument mit Doppelrohrblatt.
Und dass Lauers Herz in jungen Jahren auch für Jimi Hendrix schlug, wird nicht verschwiegen. Zufall oder nicht: In einem Konzertausschnitt der NDR-Big-Band hört man eine jazzige Version von „Hey Joe“. Ein Schlüsselerlebnis für Lauer, so erfahren wir, war das Album „Meditations“ von John Coltrane. Das betraf sowohl das Saxofon als Instrument als auch den Stil und Duktus, den Coltrane pflegte und den Lauer unbedingt auch spielen wollte. So musste das Cello dem Saxofon weichen, wurde in Graz ein Jazzstudium aufgenommen, allerdings nach zwei Jahren wieder aufgegeben. Der verschulte Kanon, so Lauer, war nicht nach seinem Geschmack. Nach einem Intermezzo in Wien wurde dann Frankfurt und der dortige Jazzkeller das „Wohnzimmer“ von Christof Lauer. Dreh- und Angelpunkt der Szene waren zeitweilig Albert Mangelsdorff und Heinz Sauer, dessen Komposition „Chords on End“ im Film zu hören ist.
Auch die Zeit mit dem United Jazz & Rock Ensemble wird im Film angesprochen. Lauer hatte in diesem Ensemble, in dem u. a. die unterdessen verstorbenen Jon Hiseman, Wolfgang Dauner und Barbara Thompson spielten, Charlie Mariano als Altsaxofonist ersetzt. Mitschnitte von Konzerten zu Ehren von Wolfgang Dauner und zum 75. Geburtstag des Posaunisten Albert Mangelsdorff sind essentieller Teil des vorliegenden Filmporträts. Zudem erlebt man auch ein Duett des Sängers Ralph Mangelsdorff, Sohn von Albert Mangelsdorff, und Christof Lauer. Anlass war eine Hommage an Albert Mangelsdorff in Frankfurt.
Obgleich Lauer 25 Jahre bei der NDR Big Band gespielt hat, bekennt er, dass er eigentlich kein wirklicher Big-Band-Freund ist, abgesehen von der Band von Carla Bley und von Schlippenbachs Globe Unity Orchestra. Für ihn sei bei diesem langjährigen Engagement wichtig gewesen, auch eigenständige Projekte verfolgen zu können. Und das war der Fall, siehe den Mitschnitt vom Trio-Auftritt mit Héral und Godard, als sie zu Dritt eine Komposition von Godard vortrugen.
Interessant ist auch die Begegnung mit dem Instrumentenbauer von Lauer, der handgemachte Saxofone spielt. Deren Klang würde nicht verschwinden, so Lauer, sondern nachhaltig sein.
Insgesamt sind es weniger Lauers Wortbeiträge, sondern vielmehr die musikalischen Beiträge, die im Gedächtnis haften bleiben. „Talking to you“ ist eben keine Talk-Show-Begegnung und auch kein klassisches Interview, sondern ein Film, der die musikalischen Facetten von Christof Lauer hautnah erleben lässt.
Text © ferdinand dupuis-panther - Film Stills © Lucie Hermann
Info
TALKING TO YOU - CHRISTOF LAUER (SAX), D 2023, 92 Min
Produktion und Regie: Lucie Herrmann
Schnitt: Bert Schmidt
Kamera: Meinolf Schmitz / Bert Schmidt
Ton: Armin Reuss, Stephan Höfler, Bernhard Türcke
Produktion: Lucie Herrmann Film
DCP, 16:9, Ton 2.0 Stereo, 5.1 Surround
Fassungen:
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