Black Box Münster, 12. März 2023
Nein, ein klassisches Schlagzeug suchte man in der Black Box vergeblich. Stattdessen gab es neben zwei Becken noch Congas, auf die Jamie Harris seine Handflächen und Fingerkuppen niedersausen ließ. Manchmal aber berührte er mit einem gekonnten Fingerkuppenspiel sacht seine Trommeln und entlockte ihnen rhythmische Strukturen, die an die Musik Westafrikas, auch an Fela Kutis Musik, denken ließen. Gelegentlich schien uns Jamie Harris auch nach Lateinamerika und in die Welt der afro-kubanischen Musik zu entführen. Auf dem Programm standen ausschließlich Kompositionen des Saxofonisten Trevor Watts, der mal Sopran- und mal Altsaxofon spielte. Gebundenes und Ungebundenes wechselte sich ab. Schnarren, Schnurren, Röcheln, Quieken, Sirenenhaftigkeit, Röhren und mehr – das war das, was Trevor Watts seinen Holzbläsern entlockte. Und schließlich war da ja noch Veryan Weston an einem Nord Stage 2, dem er klassische Pianoklänge ebenso wie Sphärisches und, wenn auch selten, eingestreute Orgelklänge entlockte. Ab und an rollte er gleichsam einen klangvollen Teppich aus, auf dem bildlich gesprochen Trevor Watts mit seinen Saxofonen ein melodisches und improvisiertes Tänzchen vollführte.
Eigentlich besteht das „Ewige Dreieck“ – nicht anderes ist die Übersetzung des Trio namens „Eternal Triangle“ – aus zwei Duos: Veryan und Trevor spielten erstmals in den frühen 1980er Jahren in Trevors "Moiré Music" zusammen und haben seither lange im Projekt "Dialogues" zusammengearbeitet, in dem ihre Arbeit als offene Improvisatoren viele Jahre lang weltweit gemeinsam erforscht wurde. Das zweite Duo besteht aus Jamie und Trevor, wobei Jamie in den 2000er Jahren in Trevors 'Celebration Band' und später in einem sehr erfolgreichen Duo mitwirkte, das weltweit tourte und mehrere CDs aufnahm.
Im Vorwege des Konzerts konnte man zum Charakter des Trios noch Folgendes lesen: „Die Stärken dieses Trios sind wie die dauerhafte und tragende Kraft eines Dreiecks, bei dem jede Seite die andere unterstützt - 'Eternal Triangle'. Dies ist eine Musik mit einer Tiefe, die sowohl weitreichend als auch ehrlich ist.“
Vor der eigentlichen Konzertberichterstattung sei noch auf folgende Pressestimme verwiesen, die den Charakter des Trios bestens einfängt: "...Der Wahnsinn dieses befreiten und unberechenbaren Jazz, der das Tempo durcheinander wirbelt und mit den Harmonien Verstecken spielt... man öffnet die Ohren und wippt mit den Füßen und lächelt selig vor Vergnügen..." (Alain Fleche, Gazette Bleue, FR)
Mit “Sure“ wurde der Abend eröffnet, ohne viele Worte vorab, und auch die Bandvorstellung entfiel erst einmal. Dazu gab es dann im Laufe des Konzerts noch mehrere Gelegenheiten. Zudem hatte Erhard Hirt, die „gute Seele“ der Black Box und der Jazzreihe, auf die Bandmitglieder des „Ewigen Dreiecks“ schon vor dem Konzert hingewiesen.
Im Laufe des Konzerts gab es auch „Mid“ und „Ganna Friends“ zu hören, abgesehen von „Dig“ und „SOP Dance“. Wofür steht eigentlich SOP, fragte sich so manch einer der Zuhörer wohl. Dafür gab es aber auch Erdung und Schwerkraft, jedenfalls so einer der Titel von Watts Kompositionen. Doch beim Zuhören hatte man eher den Eindruck des Kosmischen, des Universellen, von Fusion und von Kulturaustausch und Multikulti.
Zirkulierende Klänge umgaben die Anwesenden. Dabei war deutlich, dass Trevor Watts zwar die musikalische Regie führte, aber stets auch Raum für seine Mitspieler öffnete. So war es gelegentlich an Veryan Weston als zweite Stimme zu agieren oder ohne elektronisches Zauberkästlein allein aus dem Nord Stage 2 elektronische Effekte zum musikalischen Ganzen beizutragen. Das röhrende Altsaxofon, das sich in seiner Stimmer ab und an überschlug und total außer Rand und Band schien, begleitete der Pianist Weston durchaus auch mit klarem Pianoklang, auch wenn er nicht am Flügel saß. Klangbrüche gab es zu erleben, vor allem aber ein durch und durch rhythmisiertes Spiel, auch durch Trevor Watts und nicht allein durch Jamie Harris. Fusioncollagen wurden gestaltet. Repetitiv erschien das Getrommel an den Congas, dabei durchaus gestenreich in den Bewegungen angelegt. Kristallines vereinte sich mit dumpfem Dum-Dum und dem Schwirren angetippter Becken. Bisweilen meinte man gläserne Dominosteine fallen oder Eiszapfen brechen zu hören. Glockenklänge steuerte, so hatte es den Anschein, der Tastenkünstler des Ensembles zum Gesamtklangbild bei. Es gab Vor- und Nachgesang zu erleben, jedenfalls bei „Sure“.
Statt Altsaxofon zu spielen griff Trevor Watts bei „Miniss“ zum Sopransaxofon. Spielte er nicht anfänglich Musik, die an eine Marching Band erinnerte? Doch weitere Bläser waren nicht zugegen. Dem Stück war zudem ein wenig Klangflair aus Südamerika beigemischt, jenseits von klassischem Son, Rumba oder Samba. Irgendwie meinte man, man erlebe einen Mardi Gras oder aber einen Auftritt im Sambadrom von Rio. Feurig und eruptiv war das, was das Trio uns zu Gehör brachte. Auch in diesem Stück war augenfällig, dass die beteiligten Musiker in Duos zusammenspielen. Da flossen die musikalischen Linien von dem einen zu dem anderen, vor allem von Watts zu Weston. Inmitten der beiden arbeitete Jamie Harris wie ein Berserker, um „archaische Rhythmen“ zu erzeugen. Perkussion ist Körperarbeit – ohne Frage!
Vibrierende Holzbläserklänge trafen im Fortgang des Konzerts auf kristalline Tonsilben. Fingerkuppen schlugen sanft auf die beiden Bleche des Perkussions-Sets. „Tropische Klangmodule“ wurden aneinandergereiht. Man wähnte sich zwischen Rumgenuss, azurblauem Wasser und im Wind wippenden Palmen. Und ja, Trevor Watts schien auch das Bild von einem Großsegler mit flatternder Segelleinwand heraufzubeschwören. Und das bei einer Komposition, die den schlichten Titel „Mid“ trug.
In Gedenken an ghanaische Musiker, mit denen Trevor zusammengespielt hat, entstand „Ganna Friends“. Stampfende Beats, wie man sie aus der Musik Afrikas kennt, drangen an die Ohren der Anwesenden. Doch irgendwelche Referenzen an Fela Kuti oder weitere Musiker Westafrikas waren nicht auszumachen. Eher musste man an die Musik von Tito Puente und anderen kubanischen Musikern denken, wenn auch nur für einige Momente. Das Stück entwickelte sich mehr und mehr ekstatisch, feurig, eruptiv, gleichsam wie ein Vulkanausbruch mit Lavastrom. Dazu trug ganz wesentlich Jamie Harris an seinen Congas bei. Und zum Abschluss des 1.Sets gab es noch „Gravitiy“ zu erleben. Auffallend war dabei, dass Weston seinem elektronischen Nord Stage 2 auch Klänge einer Orgel und eines Synth entlockte, ganz im Sinne von Fusion und zuweilen auch von Ambient Music. Doch all das waren eigentlich nur Beiklänge, denn die Bühne gehörte im Kern dem Saxofonisten und der Klanggewalt seiner Holzbläser!
Ob nun „Dig“ oder „SOP Dance“ im 2. Set auf dem Programmzettel standen, das Trio setzte seine Collage aus Free Jazz und Fusion konsequent fort. Dass wir dann auch „orientalische Anmutungen“ erlebten, schien Konzept zu sein. Bei dem Stück „Infrastructure“ hatte man gar den Eindruck, im Geiste sei Pharoah Sanders zugegen. Der Berichterstatter musste jedenfalls von Zeit zu Zeit an Sanders „The Creator Has A Master Plan“ denken. Keine Frage, der Beifall am Konzertende war lang anhaltend und eine Zugabe war überhaupt keine Frage. So ging ein musikalisch beeindruckender Abend vor vollem Haus zu Ende.
text und photos © ferdinand dupuis-panther 2023
http://www.blackbox-muenster.de/index.php?id=programm
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