Stage of Limits - Wissel & Lytton - loose connections

Black Box Münster 2.2.2025







Georg Wissel traf mit einem Alt- und Tenorsaxofon auf den Drummer und Perkussionisten Paul Lytton. Im Vorfeld des Konzerts lasen wir:
„Seit 2006 amalgamieren WISSEL&LYTTON ihre spezifischen musikalischen Universen zu einem schillernden und stets unvorhersehbaren Fluss von klingenden Ideen und Assoziationen. Das Duo spielt dabei auf der Schneide des JETZT mit ebenso viel Energie, wie Sensibilität für den Klang, wie den Moment.“


Eine Besonderheit ist das zu erlebende Table-Top-Percussion, das sich mit dem Spiel von Georg Wissel als einem „Bildhauer der komprimierten Luft“ verbindet, wie es im Ankündigungstext sinngemäß heißt. Paul Lytton fand Im Übrigen folgende Worte zu dem Duo mit Wissel: “This is not about to entertain, but to stimulate your imagination!”

  


Und wie durchaus üblich bei den Reihen Stage of Limits und soundtrips NRW kam nach der Pause ein Gast hinzu, diesmal der Münsteraner Gitarrist Erhard Hirt. Damit erweiterte sich das Klangspektrum und, um es vorweg zu nehmen, auch der Klangfluss, der weniger fragmentiert und Mosaik gleich war als zuvor im ersten Teil des Abends.

  


Paul Lytton hatte ein besonderes „Tischlein-Deck-Dich“ an Perkussionsinstrumenten nach Münster mitgebracht. Teilweise konnten die Anwesenden nur beim Nähertreten einen Blick werfen, ansonsten verschwand Paul Lytton in seinem Sammelsurium an „Klangkörpern“, teilweise auch in einem Metallkoffer mit aufgeklapptem Deckel zu finden. Gegen diese Sammlung Lyttons wirkte Georg Wissels Instrumentarium eher bescheiden: einige Trichter als Dämpfer, zwei Saxofone, ein Alt- und zum anderen ein Tenorsaxofon.

Doch zurück zu Paul Lytton: Er hatte hölzerne Kröten mit deutlichem Kamm mitgebracht, einen trapezförmigen großen Blechkörper, aufgereihte Metallscheiben,  Becken verschiedener Größen, eine Basstrommel unter dem Tisch aufgebaut, Klanghölzer, Besen und unterschiedliche Sticks, eine Art Rommelpott, kleine „Bongos“, „Rahmentrommeln“ und einen Bogen, mit dem Lytton an unterschiedlichen Materialien entlangstrich und bisweilen Klänge erzeugte, wie man sie aus der industriellen Produktion kennt. Man denke da an Gesenkbohrer, Fräsen und andere Werkzeuge für die Stahlformung. Nur ein klassisches Schlagzeug, das fehlte.


Ohne Vorrede ging es gleich in die Klangerzeugung und Georg Wissel erwies sich in vielen Phasen als „Bildhauer komprimierter Luft“ – so bezeichnet sich der In Köln lebende, aus Wanne-Eickel stammende Saxofonist selbst.  Blech traf auf Blech; Atemluft strömte durch das S-Rohr und das Mundstück des Holzbläsers. Klappengeräusche waren wahrzunehmen. Bisweilen drangen Klänge an unsere Ohren, bei denen man an den schnellen Flügelschlag von Insekten denken musste. Stöckchen tanzten über das perkussive Sammelsurium. Dann ein kurzer Schlag auf ein Fell. Ein Stick wurde über den trapezförmigen Blechkasten gezogen. Rotierende Shaker schienen im Einsatz – jedenfalls legte das der Klang nahe, den wir aufnehmen konnten.


Klonk und Klink und Klonk – das war auch im Raum zu erleben. Georg Wissel schien sich einer Sprache der „gemorsten Signale“ zu bedienen, ließ Einzeltöne hören, Mosaiksteinchen des Klangs. Rasseln und Knarren gehörte zum Klangrepertoire der beiden Musiker. Flirrende Klänge waren zu erahnen. Schwingendes Blech – oder was? Das stellte sich als Frage. Verbindende Linien waren die Seltenheit. Eher waren es Fragmente, die ein Ganzes bildeten und auch wieder nicht. Die Gehörgänge wurden strapaziert, als ein Bogen über Blech strich. Das klang so, wie eine auf eine Tafel falsch angesetzte Kreide.

Ein Plastikbecher wanderte in den Schalltrichter des Saxofons als Dämpfer.  Rrrrrr oder Ähnliches konnte man dechiffrieren. Ein Bogen wurde über die Kante des „Tischlein-Deck-Dich“ gezogen. Ein Papprohr diente als Klangfläche; ein Schlägel traf dumpf etwas Blechernes. Klänge fielen ähnlich wie Dominosteine. Tong-tong und Klong-klong – waren Höreindrücke aus dem Moment heraus. Zweier- und Dreier-Klangtropfen entlockte Georg Wissel seinem Saxofon. Rauschendes Blech vereinte sich mit einem Drrdrrdrr des Saxofons. Oder kommt Brrbrr dem Gehörten näher?


War da nicht auch ein quietschendes Scharnier und ein Hummelflug Teil der akustischen Inszenierung, die im wahrsten Sinne ein Hör-Spiel war? Theaterdonner gab es und schnelle Passagen auf dem Saxofon. Auf- und Abstiege des Klangs breiteten sich aus. Kehlig-röhrend zeigte sich der Saxofonist auf seinem Instrument. Luftströme verteilten sich in der „Schwarzen Kiste“.

Explosivlaute und „Wortformungen“ ließ Georg Wissel mittels Saxofon hören. Zischen traf auf perkussives Tock-tock-tock. Das Mundstück des Holzbläsers wurde am Mund vorbeigeführt, sodass Zischlaute entstanden,  die an einen Dampfkochtopf erinnerten. Das S-Rohr wurde entfernt und nur ein Mundstück auf das Blasinstrument montiert. Explosivlaute wurden erzeugt; Atemluft verflachte sich. Besen „schwebten“ über Blech. Grrrr drang an unsere Ohren. Zugleich meinte man, Georg Wissel imitiere auf seinem Instrument, den Gesang der in Formation fliegenden Kraniche. Hörten wir danach nicht so etwas wie Schiffshörner? Oder auch das Geräusch eines mit Dampf betriebenen Ausflugsdampfers? Ein Klangschwall aus Geraschel und Knistern folgte.


Ventilklappen wurden betätigt. Finger öffneten flink die Klappen und schlossen diese genauso schnell. Nunmehr nutzte Georg Wissel sein Tenorsaxofon. Gepresste Luftströme drangen durch die Windungen des Holzbläsers. Über weite Strecken schwieg dann Paul Lytton und überließ Georg Wissel das Klangfeld. Wer die Ohren spitzte konnte ein untergründiges Geräusch ausmachen, das Lytton erzeugte. Doch wie geschah das? Das war dem Blick der Anwesenden entzogen. Gegen Ende des ersten Sets erlebten wir einen Saxofonisten in Entfesselungen, in Daueranspannung, in einem prasselnden Klangregen. Und dann war Pause.


Im zweiten Set gesellte sich der Gitarrist Erhard Hirt zum Duo dazu. Die Klangstrukturen waren dann wirklich Strukturen und nicht nur die Additionen von Klangelementen. Der Saxofonist kam durchaus in einen Klang-Flow, ließ Linien des Klangs aufblitzen, sicherlich dabei auch sich an dem orientierend, was  dem Gitarristen als Klangäußerungen einfiel. Perkussives war streckenweise marginal. Man hatte den Eindruck die Bälle des Klangs spielten sich Erhard Hirt und Georg Wissel wechselseitig zu. Dabei wischte u.a. eine Hand über Gitarrensaiten, wurde der Korpus der Gitarre angeschlagen. Es gab Windböen zu erleben, aber auch die Fokussierung auf Frequenzgeschiebe. Ließen da die Musiker nicht auch Klangtropfen in eine Blechtonne fallen? Klangkaskaden strömten dahin. Und als Hörer war man stets in Anspannung und in Erwartung, was denn da als nächstes komme. Irgendwann war dann das Hör-Spiel gespielt. Wer anwesend war, hat es live genossen. Für alle anderen gibt es die Hörgelegenheit dank eines Mitschnitts auf YouTube (siehe unter Info!).

Text und Photos © ferdinand dupuis-panther 2025



Info
http://www.blackbox-muenster.de/

Musicians:
Paul Lytton - percussion
Georg Wissel - sax

Erhard Hirt - guitar

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