Peter Lehel Quartett feat. Christian Kappe: Trane‘s Mood

LWL Museum für Kunst und Kultur, Münster 2-9-2019




„Das Jazz-Quartett um den Saxofonisten und Komponisten Peter Lehel zählt seit über zwei Jahrzehnten zu den beständigsten Jazzformationen des Landes. Peter Lehels Programm „Trane’s Mood“ ist eine Hommage an den legendären US amerikanischen Jazz-Saxophonisten John Coltrane sowie eine musikalische Sympathiebekundung für Sean Scully, der sich bei seiner Arbeit im Atelier gerne von Jazzmusik inspirieren lässt.“ So war es in der Ankündigung zu lesen.

Im Foyer des Landesmuseums für Kunst und Kultur musizierten an einem sommerlichen Montagabend nachstehende Musiker: Peter Lehel (Saxophon), Ull Möck (Piano), Mini Schulz (Bass) und Meinhard Obi Jenne (Schlagzeug) sowie als Gast der Münsteraner Trompeter Christian Kappe.

Das Konzert war überaus gut besucht. Das Publikum honorierte die Leistung der Musiker durch herzlichen Zwischenbeifall. Angesichts des Schlussbeifalls stand es nach einer gerafften Fassung von „Love Supreme“ außer Frage, dass noch eine Zugabe folgen musste. Gemeinsam mit dem Münsteraner Trompeter und Flügelhornisten Christian Kappe verneigten sich die Musiker vor einem der wichtigsten Vertreter des Jazz. Zu hören war „Blues for JC“, eine Komposition von Peter Lehel, der nicht allein mit diesem Stück unter Beweis stellte, dass er sich mit Feingefühl die Harmoniewelten des viel zu früh verstorbenen Coltrane zu eigen macht.


Das Peter-Lehel-Quartett  machte im Verlauf des Abends deutlich, das Coltrane mehr als nur „Love Supreme“ ist. Wie gesagt, Miles Davis ist auch mehr als „Kind of Blue“. Und so könnte man noch andere „Ikonen des Jazz“ ins Feld führen. Keine Frage, „Love Supreme“ hat ein einprägsames Thema ähnlich wie „So What“ (Miles Davis), „Watermelon Man“ (Herbie Hancock) oder „Sugar“ (Stanley Turrentine). Derartige Themen, die beinahe den Charakter sogenannter Ohrwürmer haben, brennen sich nachhaltig ins Gedächtnis ein. Fataler Weise neigen wir dann dazu, andere Kompositionen der genannten Jazzmusiker aus den Augen zu verlieren.

Gut nur, dass Peter Lehel durch sein Konzert das Bild von Coltrane ins rechte Licht setzte, von der ersten Minute an, als eine musikalische Hommage an einen anderen bekannten Saxofonisten, nämlich Sonny Rollins, zu erleben war: „Like Sonny“ (J. Coltrane). So wurde dann auch einer der wichtigsten Wegbereiter und einer der besten Saxofonisten, so Peter Lehel, wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt.

 


Schleifenförmige Klangverknüpfungen waren gleich zu Beginn auszumachen. Zum vollmundigen Saxofonspiel gab es dezentes Blechgetätschel zu hören. Folgte man den melodischen Linien, so gewann man den Eindruck, das Weite und Weitläufigkeit eingefangen wurden. Starke rhythmische Akzente setzte dazu der Pianist. „Leichthändig“ zeigte sich das schwingende Bassspiel. Im Fluss waren die Bewegungen des Schlagzeugers u. a. zwischen kleinem Becken und Hi-Hat. Ein Auf und ein Ab zeichnete sich ab, dank ans Saxofon, das durchaus exaltierte Momente „zelebrierte“.  Bereits im ersten Stück zeigten sich Räume für Solos und ausgiebige Paraphrasierungen, so auch für den Pianisten, der auf den Saxofonisten mit „niedrig sich auftürmenden Klangwellen“ antwortete. Der gestrichene Bass schien ohne Schwerfälligkeit auszukommen. Der Klang des Tieftöners ähnelte dabei bisweilen einem Cello.

Beim nachfolgenden Stück griff Peter Lehel statt zum Tenor-, zum Sopransaxofon. „The Promise“ (J. Coltrane) stand auf dem Programm. Dabei folgte man einer klanglichen Mantra, die im Kern unausgesprochen „Ja, ja, das mach ich schon“ enthielt. Hier und da gab es m. E. auch Berührungen zu Pop und Rock. So stellt sich die Frage, was wäre gewesen, wenn Coltrane auf Chicago oder Blood, Sweat & Tears getroffen wäre. Es ist eine hypothetische Frage, fürwahr. Coltrane in seiner Ernsthaftigkeit hätte sich wahrscheinlich nicht zur Popularisierung seiner Musik animieren lassen.


Lauschten wir Ull Möck am Flügel, so gewannen wir die Vorstellung von einem steten Vorwärtsdrängen. Wurde nicht bei einzelnen Passage mit Funk Music geflirtet? Dass ein Saxofon nicht nur marktschreierisch sein, sondern sich auch als „sanftes Gebläse“ zeigen kann, unterstrich Peter Lehel ein um das andere Mal. Doch im nächsten Moment war sein Spiel auch wie entfesselt, schien einem feurigen Lavastrom zu ähneln.

Nicht nur „Love Supreme“ war bei der Entstehung ein Meilenstein des Jazz, sondern auch das 1959 entstandene Album „Kind of Blue“ von Miles Davis. Auf diesem findet sich der Song „All Blues“. Er gehörte gleichfalls zum Konzertprogramm, und dabei wirkte Christian Kappe mit seiner gedämpften Trompete mit – und das stand formal in einer Linie mit dem Original. Unterlegt war der weitere Vortrag  mit dem eingängigen Thema der Komposition, teilweise wurde dieses vom Pianisten Ull Möck beinahe als Endlosschleife gespielt. Fein abgestimmt war obendrein das Wechselspiel von Klavier und Trompete. Nicht nur der Blues war allgegenwärtig, sondern auch das Blau, dank Bühnenbeleuchtung und dank des blauen Anzugs von Peter Lehel. Er ließ sein Saxofon im Übrigen mal herrisch und mal konziliant klingen. 

 


Aus zwei Jazzklassikern, nämlich „So What“ und „Impressed“ schuf Peter Lehel seine Collage „Impressed? So What?“. Das Stück lebte vor allem durch das Unisono von Peter Lehel und Christian Kappe, wenn auch die melodischen Linien von Ull Möck mitbestimmt wurden. Dass Coltrane im übertragenen Sinne ein Weltenreisender war, fügte Peter Lehel bei der Einführung zu „Five in a Row“ (comp. P. Lehel) an. Coltrane habe sich mit den Klangbildern Asien intensiv befasst, so Lehel kommentierend. Doch das wissen nur wenige. So entführten uns die Musiker an diesem Abend nach Fernost, servierten ein Klangmenü, eher süß als sauer. Und das gelang auch ohne fernöstliche Bambusflöten oder eine Wölbzither. Peter Lehel und Christian Kappe vereinten in diesem Stück passagenweise das eher ein wenig schnoddrig daherkommende Saxofon mit dem im Ansatz die Weite beschwörenden, „aristokratische“ Flügelhorn.

Für seine Tochter schrieb Peter Lehel einst „Anima“, sich dabei an „Naima“ von Coltrane anlehnend. Wie gesagt, zum Schluss gab es das Werk von Coltrane schlechthin zu hören, allerdings, so Peter Lehel, in einer gerafften Form: „Love Supreme“.


Auf „Wise One“ und „Equinox“, weitere bekannte Coltrane Kompositionen, verzichtete das Quartett, aber das tat dem sehr gelungenen Abend keinen Abbruch. Vielmehr dürfte der Abend für den einen oder anderen Zuhörer Anlass genug sein, sich mit dem Werk Coltranes mal intensiver zu befassen, oder?

Text unf Fotos © ferdinand dupuis-panther

Informationen


Peter Lehel (Saxophon)

https://www.peterlehel.net


Ull Möck (Piano)

http://www.ullmoeck.de


Mini Schulz (Bass)

https://de.wikipedia.org/wiki/Mini_Schulz


Meinhard Obi Jenne (Schlagzeug)

https://obijenne.de


Christian Kappe (Trompete)

https://www.jazzhalo.be/interviews/christian-kappe-im-gespraech-mit-dem-trompeter-und-fluegelhornisten/


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