Black Box Münster 18.2.2025
Tobias Brügge begrüßte die doch zahlreich Erschienenen zu einem besonderen Abend.
Alle Musiker, die zu hören waren, waren in unterschiedlichen Besetzung schon mehrfach in der Black Box zu Gast, der Hausherr der Black Box, der Gitarrist Erhard Hirt, der aus New York über den Großen Teich geflogene Bassist Joe Fonda und die in Berlin beheimatete Saxofonistin und Klarinettistin Silke Eberhard.
Die Idee zu diesem Trio-Konzert hatte der umtriebige Joe Fonda, den viele von der NU Band her kennen. Angefügt sei zu Fonda Folgendes: Fonda hat mit der Creme der US-Amerikanischen Szene, wie Archie Shepp, Anthony Braxton, Walada Leo Smith, Oliver Lake, Bary Altschul, Kenny Baron, Perry Robinson, Billy Bang, Mark Whitecage, Marion Brown u. v. a. zusammengearbeitet.
Übrigens, Anthony Braxton meinte über Joe Fonda: Er „ist Teil einer lebendigen Tradition des Glaubens und der Hingabe ... ein echter Virtuose und Komponist von höchstem Rang.“ Über die Saxofonistin und Klarinettistin Silke Eberhard, 2020 Gewinnerin des Jazzpreises Berlin und mit ihrem Ensemble Potsa Lotsa XL mit dem Deutschen Jazzpreis 2023 ausgezeichnet, konnte man im Jazzpodium einige Zeilen von Tobias Böcker lesen: Sie „analysiert präzise, konturiert scharf, dekonstruiert ohne Zögern und kontrastiert hart, (...) transparent und trocken im Ausdruck, humorvoll und bissig im Kommentar“. Und der Dritte im Bunde, Erhard Hirt wurde erst kürzlich von Todd M. McComb als „ein unendlich kreativer Texturist“ beschrieben.
Wieder einmal war in der Black Box angerichtet. Nachdem Paul Lytton in einem vorherigen Konzert mit Georg Wissel und Erhard Hirt sein „Tischlein-Deck-Dich“ mit allerlei Perkussionsinstrumenten mitgebracht hatte, galt es nun ein ganz anderes Klangerlebnis zu genießen. Es schien wie ein üppiges Stillleben niederländisch-flämischer Maler, das vor uns ausgebreitet wurde. Da gab es ein Stillleben mit exotischen Früchten, Hummer, Artischocken, Wildbret, Weintrauben und gebratenen Wachteln zu bestaunen, das mit intensiven musikalischen Klangschraffuren und Weichzeichnungen versinnbildlicht wurde. Stille gab es nur in sehr, sehr kurzen Momenten zu erleben. Zumeist war es ein steter, teilweise welliger, teilweise einem aufkommenden Orkan gleichender Klangfluss, der die Anwesenden gefangen nahm. Eine Klangcollage entwarfen die drei Musiker, dabei durchaus auch in einer eigenen Welt eingesponnen. Doch zumeist ging es um Kommunikation, darum den roten Faden nicht zu verlieren. Bisweilen meinte man gar, Schussfäden wahrzunehmen, die durch Kettfäden geschossen wurden, um ein Klanggewebe zu kreieren.
Der Anfang: Beide Hände zupften an den Bass-Saiten unweit des Stegs. Es hörte sich so an, als wolle Joe Fonda tippelnde und trappelnde Schritte klanglich einfangen. Ein wenig nach Plong-Plong-Plung-Plong klang es auch. Mit der flachen Hand schlug der Bassist auf die Seitenwand des Bass-Korpus. Ein hoher Gitarrenschwall ergoss sich. Tonale Atemluft und ein kurzes Schnalzen war Silke Eberhard zu verdanken. Tiefen und Höhen lotete die Altsaxofonistin auf ihrem Instrument aus. Mit Nachhall und Frequenzverschiebungen machte sich die E-Gitarre bemerkbar, deren Färbungen Erhard Hirt vielfach modulierte, teilweise auch in Richtung elektronischer Effekte. Zum gezupften Bass drangen kurze Melodie-Fragmente an unsere Ohren. Joe Fonda schob seine Finger gelegentlich am oberen Basshals über die Saiten. Ein eher mechanisch anmutender Klang war die Folge.
Wiederkehrendes war zu vernehmen. Teilweise schienen die Wiederholungen wie Mini-Miniaturen, oder? Das Saitenspiel entwickelte sich zu einem sehr physischen Spiel. Da ging Fonda mit seinem ganzen Körper, mit Energie und Kraftanstrengungen seinen Tieftöner an. Exaltiert kam das Saxofon daher. Lineares, Wellenförmiges, Spiralähnliches wurde inszeniert. Erneut erzeugten die tanzenden Finger auf den Basssaiten ein Plong-Plong und ein Dum-Dumderum. Tiefensprünge hörten wir obendrein. Schnarren und Zurückschnellen lang gezogener Bass-Saiten fügte eine eigene Nuance zum Spiel bei. Klink-Kling und ein Krong-rong sowie Trrr-Trrr schienen präsent. Dazu gesellten sich zarte Saxofon-Töne, jenseits von Kehllauten. Es war eher ein leises „Klangräuspern“, das wir erlebten.
Flirren und Schwirren füllte die Black Box. Metallisches Schnarren wurde beigefügt. Serielle Klangwelten schienen vorhanden zu sein. Quieklaute und ein kehliges Huahua wurden auf der E-Gitarre erzeugt. Sekundenkurzer Theaterdonner bebte auf. Immer wieder gab es solistische Zwischenspiele, sodass das Trio sich auffächerte. Gleitende Hände auf den Basssaiten schienen wie Kommentare und Klangbeilagen zu dem, was Erhard Hirt vortrug, durchaus auch auf Klangeffekte ausgerichtet. Wie verstimmte Nebelhörner hörte sich zeitweilig an, was Silke Eberhard zu den Klangwelten des Trios beisteuerte. Kurz musste man mal als Zuhörer des Klangspektakels auch an eine zerspringende Feder und deren Klang denken, oder?
Zirkulär schien es für Momente zuzugehen. Außerdem gab es Passagen, bei denen man sich parallele Linien vorstellen konnte, Verschiebungen und ein Anfang ohne Ende. Das Gespür für das Leise und das Laute zeichnete das Trio aus. Doch Eruptives und Explosives waren nicht vorhanden. Lange Töne paarten sich mit Melodie-Phrasen. Kristallines traf auf klangliche Tiefebenen. Endlosigkeit des Spiel wurde zelebriert, auch wenn es hier und da den Anschein hatte, es sei alles gesagt. Doch dann wurde der Schussfaden des Klangs erneut ins Spiel gebracht.
Finger wanderten über Saiten und brachten diese zum kurzen Flirren. Aufgeregtheit und Erregtheit bündelten sich im Spiel der Saxofonistin. Immer wieder kehrten die drei Musiker zu melodischen Sequenzen zurück, die sie zuvor aufgefächert und ausgefranst hatten. Die Mechanik der Klappen des Saxofons wurden bewusst hörbar. Frequenzchaos wie einst auf Kurz- und Langwellen im Radio schuf Erhard Hirt auf seiner E-Gitarre.
Dass Joe Fonda auch die Querflöte beherrscht, zeigte sich in einem Klangintermezzo. Atemluft flirrte weich. Überhaupt gab es eine Klanggouache zu erleben, die sich von dem Vorherigen absetzte. Beinahe liedhaft klang das, was wir hörten, erinnerte auch ein wenig an ein klassisches Flötenkonzert, trotz explosiver Einsprengungen. Zu dem Flötenklang gesellte sich dank Silke Eberhard der Klang der Klarinette mit all ihrem „Klang-Schummerungen“. Flöte und Klarinette vereinten sich in einem Duett, das der E-Gitarrist des Trios aufsprengte. Ein aufbrausender Geräuschschwall legte sich über die Zuhörer. Man konnte durchaus an einen Malstrom denken.
Der Bassist und der Gitarrist schienen sich im weiteren auf eine Kontroverse einzulassen, schienen in Widerworte verstrickt. Gab es nicht auch einen Kompromiss? Doch ja, aber auch klangliche Visitenkarten wurden ausgehändigt. Antworten wurden erwartet. Sie kamen in teilweise schrillen Äußerungen. Derweil schien Silke Eberhard ein feines Klanggespinst zu fertigen. Analoges traf im Übrigen auf elektronische Modulationen. Letzteres lag in den Händen von Erhard Hirt. Oh, ein Schlag auf den sogenannten Becher der Klarinette gab es außerdem. Dazu kamen stufig gesetzte Basstöne. Mit stoischer Gelassenheit agierte der Bassist in den Klangstrudeln, die vor allem der E-Gitarrist zum gesamten Klanggefüge beitrug. Irgendwie erwartete man auch einen großen Knall. Doch den verweigerte das Trio, das mit seinem Klang-Hörspiel überaus zu überzeugen wusste.
© Fotos und Text Ferdinand Dupuis-Panther 2025
Musicians
http://www.joefonda.com
http://www.erhardhirt.de
https://silkeeberhard.com
Black Box
http://www.cuba-cultur.de/index.php?id=49
http://www.blackbox-muenster.de/index.php?id=programm
In case you LIKE us, please click here:
Hotel-Brasserie
Markt 2 - 8820 TORHOUT
Silvère Mansis
(10.9.1944 - 22.4.2018)
foto © Dirck Brysse
Rik Bevernage
(19.4.1954 - 6.3.2018)
foto © Stefe Jiroflée
Philippe Schoonbrood
(24.5.1957-30.5.2020)
foto © Dominique Houcmant
Claude Loxhay
(18/02/1947 – 02/11/2023)
foto © Marie Gilon
Pedro Soler
(08/06/1938 – 03/08/2024)
foto © Jacky Lepage
Special thanks to our photographers:
Petra Beckers
Ron Beenen
Annie Boedt
Klaas Boelen
Henning Bolte
Serge Braem
Cedric Craps
Luca A. d'Agostino
Christian Deblanc
Philippe De Cleen
Paul De Cloedt
Cindy De Kuyper
Koen Deleu
Ferdinand Dupuis-Panther
Anne Fishburn
Federico Garcia
Jeroen Goddemaer
Robert Hansenne
Serge Heimlich
Dominique Houcmant
Stefe Jiroflée
Herman Klaassen
Philippe Klein
Jos L. Knaepen
Tom Leentjes
Hugo Lefèvre
Jacky Lepage
Olivier Lestoquoit
Eric Malfait
Simas Martinonis
Nina Contini Melis
Anne Panther
France Paquay
Francesca Patella
Jean-Jacques Pussiau
Arnold Reyngoudt
Jean Schoubs
Willy Schuyten
Frank Tafuri
Jean-Pierre Tillaert
Tom Vanbesien
Jef Vandebroek
Geert Vandepoele
Guy Van de Poel
Cees van de Ven
Donata van de Ven
Harry van Kesteren
Geert Vanoverschelde
Roger Vantilt
Patrick Van Vlerken
Marie-Anne Ver Eecke
Karine Vergauwen
Frank Verlinden
Jan Vernieuwe
Anders Vranken
Didier Wagner
and to our writers:
Mischa Andriessen
Robin Arends
Marleen Arnouts
Werner Barth
José Bedeur
Henning Bolte
Erik Carrette
Danny De Bock
Denis Desassis
Pierre Dulieu
Ferdinand Dupuis-Panther
Federico Garcia
Paul Godderis
Stephen Godsall
Jean-Pierre Goffin
Claudy Jalet
Chris Joris
Bernard Lefèvre
Mathilde Löffler
Claude Loxhay
Ieva Pakalniškytė
Anne Panther
Etienne Payen
Jacques Prouvost
Renato Sclaunich
Yves « JB » Tassin
Herman te Loo
Eric Therer
Georges Tonla Briquet
Henri Vandenberghe
Peter Van De Vijvere
Iwein Van Malderen
Jan Van Stichel
Olivier Verhelst