JazzLive Warendorf am 16. Februar 2017: von „Sugar“ bis „Sunny“

Angekündigt war der aus Harsewinkel stammende Gitarrist Ansgar Specht und das Transitions Organ Duo, bestehend aus dem in Hamburg lebenden Drummer Markus Strothmann und dem niederländischen Organisten John Hondorp, der seine „antike“ Hammond B3 mit nach Warendorf brachte. Doch Markus Strothmann, sehr launig aufgelegt, eröffnete den zahlreichen Jazzliebhabern, dass die Band nun den Namen Ansgar Specht & the Hammond Jazz Collective trage. Zugleich wies er auf das letzte Album mit dem Titel „Some favourite songs“ hin, das im Magazin Jazzpodium sogar überaus positiv besprochen wurde, nachdem vorherige Alben von Ansgar Specht im gleichen Magazin zerrissen worden waren. Zugleich präsentierte das in Süddeutschland produzierte Jazzmagazin ein mehrseitiges Porträt von Ansgar Specht – eine späte und verdiente Genugtuung! Was diese Geschichte aber vor allem deutlich macht, ist die Tatsache, dass Musiker von derartiger Fachpresse sehr abhängig sind. Diese schreibt Musiker hoch, aber auch nieder – und das ist dann doch als geschmäcklerisch anzusehen.

Vorgestellt wurde im Konzert eine Reihe von Arrangements, die auch auf dem oben genannten Album zu finden sind, ob „Lean Years“ (Pat Martino), „Road Song“ (Wes Montgomery) oder auch „Estate“ (B. Martino). Dazu kam eine „Hymne an den brasilianischen Fußball“ namens „Futebol“, geschrieben von dem belgischen Gitarristen Jeanfrançois Prins vor der Niederlage der brasilianischen Elf gegen die deutsche Nationalmannschaft bei der letzten WM, sowie „Sugar“ (Stanley Turrentine) und „Sunny“ (Bobby Hebb). Der letzte Titel war zugleich eine Rateaufgabe für die Zuhörer, die bei richtiger Titelwahl eine CD gewinnen konnten. Ein Schelm allerdings schlug schlicht „Atemlos“ vor, aber schließlich gab es auch eine Reihe Jazzliebhaber, denen der Titel durchaus geläufig war.

Was das Trio ausmachte, waren über weite Strecken weich gezeichnete Gitarrenläufe über dem satten Schwall der Hammond B3, die vielfach für die Basslinie zuständig war. Hier und da gab es auch Raum für ausgedehnte Schlagwerksolos. Dann zeigte sich Markus Strothmann teilweise ganz entfesselt, gelegentlich auch zur Überraschung seiner Mitspieler. Auffallend war im Programm, dass zwar Pat Martino und Wes Montgomery „gehuldigt“ wurde, aber andere Heroen des Gitarrenjazz keine Rolle spielten, ob Jim Hall, Joe Pass oder Attila Zoller.

Ansgar Specht erläuterte dazu in einem der Zwischentexte, dass ihn vor allem Pat Martino, Kenny Burrell und George Benson geprägt haben, die ja Stil prägend für Generationen von Jazzern waren und bis heute sind. Auffallend war überdies, dass ausschweifende Melodielinien das gemeinsame Spiel des Trios prägten. Kein Wunder, verriet mir John Hondorp doch im Pausengespräch, dass er vor allem die aus der Klassik bekannten langen Melodiepassagen wie bei den Symphonien Antonín Leopold Dvořáks besonders schätze und in diesem Geiste auch die Hammond B3 spiele, also eben nicht bluesig wie Jimmy Smith oder rockig wie Brian Auger.

Aufgemacht wurde das Konzert mit „Sugar“, sprich mit Straight-ahead-Jazz vom Feinsten. In der Band des Saxofonisten Stanley Turrentine spielte übrigens der oben erwähnte George Benson Gitarre! Gefolgt wurde diese Nummer von einem up-tempo-Bebop-Stück aus der Feder von Pat Martino. Dabei wurde beim Zuhören deutlich, dass Bebop mehr als nur das Plink, Plank, Plonk von Monk ist. Schnelle Gitarrenläufe wurden mit sensibel gesetzten Hammondakzenten kommentiert. Beim Zuhören vermisste man dabei weder Piano noch Kontrabass. Die Anwesenden ließen sich mitreißen, auch von einem Hauch Frühlingshaftem, der von dem Stück „Lean Years“ ausging.

Ansgar Specht war aber auch mit Balladenhaftem zu hören. Dabei verzichtete er ganz auf das Schlagzeug und ließ sich nur von John Hondorp an der Hammond B3 „begleiten“. Dabei traf Tastenostinato auf quicklebendige Gitarrenklänge, ehe dann ein weiterer Meister des Jazz, John Scofield, durch das Trio interpretiert wurde. „Let the cat out“ wurde mit den Worten angekündigt, dass jetzt gerockt werden dürfe. Wer jedoch genau hinhörte, bemerkte schnell, dass die rockige Würze nach wenigen Takten verflogen war. Eher bluesig erschien der Song im Weiteren. Wer also dachte, das Trio wandele auf den Spuren von Keith Emerson oder Brian Auger war ganz auf der falschen Fährte.

Vor der Pause stellten die drei Musiker außerdem „Estate“ vor, einen Song, der aus der Feder von Bruno Martino stammt. Auf die Verszeilen wie „Summer / You are as hot as the kisses, that I have lost / You are filled with a love, that is over / That my heart would like to erase ...“ wurde beim Vortrag allerdings verzichtet.

Im zweiten Konzertteil hörten wir unter anderem die von Markus Strothmann geschriebene Komposition „Leave“. Das war gewiss nicht als Aufforderung zu verstehen. Anzumerken ist, dass sich dieser Song bestens in die weich gezeichneten Arrangements der übrigen vorgestellten Standards einfügte. Mit „Futebol“ hatte man das Gefühl, Brasilien sei musikalisch ganz nahe, sprich die Samba mit entsprechendem aufputschenden Rhythmus. Eine leichte Brise Funk und Post-Modern-Jazz wurde bei „Strasbourg / Saint Denis“ verströmt. Kein Geringerer als der mehrfach mit Grammys ausgezeichnete Trompeter Roy Hargrove zeichnet für diesen „Standard“ verantwortlich, der vor allem durch das sprudelnde, energetische Spiel des Pianisten Gerald Clayton und von Hargrove am Horn stilistisch bestimmt wird. Deren Aufgaben übernahmen souverän Ansgar Specht und John Hondorp. Und zum Schluss präsentierte das Trio mit „Sunny“ gewissermaßen einen Ohrwurm mit souligem Puderzucker als Zugabe. Einige aus dem Publikum brachten den Titel mit Boney M in Verbindung. Ja, auch diese Band hat diesen Song von Bobby Hebb eingespielt. Es ist nur eine von Hunderten von Versionen, die es von dem 1966 veröffentlichten Song gibt. Das Publikum jedenfalls dankte dem Trio nicht nur wegen dieses „Rausschmeißers“ mit überaus warmem Applaus.

Text und Fotos: © ferdinand dupuis-panther

Informationen

Ansgar Specht
http://www.jazzhalo.be/interviews/ansgar-specht-im-gespraech-mit-dem-gitarristen-musikalischer-vater-fuer-das-projekt-woodpeggs-organ-lab-und-dem-koelner-pianisten-und-organisten-max-blumentrath/
http://www.jazzhalo.be/reviews/cd-reviews/a/ansgar-specht-some-favourite-songs

Markus Strothmann
http://markusstrothmann.com/
http://www.jazzhalo.be/interviews/markus-strothmann-im-gespraech-mit-dem-schlagzeuger/

John Hondorp
https://en.wikipedia.org/wiki/John_Hondorp


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