Mechelen 7.9.2017
Nachdem im letzten Jahr der Swing im Fokus von jazzathome stand, feierte man nun bei der 13. Ausgabe von jazzathome 100 Jahre Jazz mit 100 Musikanten. Eröffnet wurde das Festival an einem Donnerstag, der Freitag war traditionell der „Club-Tag“ mit einem Konzert in Jazzzolder. Weiter ging es im Gegensatz zum Vorjahr am Samstag mit einem Einzelkonzert im historischen Festsaal des Scheppersinstituut. Jazzathome 2017 verband im Übrigen erneut Jazz mit Blick hinter historische Fassaden, auch jenseits des sonntäglichen Tags des Offenen Denkmals.
Dass Jazz in Mechelen Tradition hat, unterstrichen sowohl Lejo Verhaelen, der bisher die Geschicke von Jazzzolder ganz wesentlich gelenkt hat, als auch der Schöffe für Kultur bei ihren Reden. Seit 19 Jahren existiert Jazzzolder an unterschiedlichen Orten. Neben diesem Club, der wie jazzathome auch vom Ehrenamt lebt und abhängt, gibt es nun auch das Brand Festival vom NONA, einmal in der Woche Jamsessions am Konservatorium und dreiwöchentlich im Cuba Libre.
Für ein Jahr wird Jazzzolder in die Onze-Lieve-Vrouwestraat umziehen und den Probensaal des Chors der O.L.V. Kerk mitnutzen. Übrigens kehrt man damit an den historischen Ort des Beginns der Clubaktivitäten zurück, ins Refugiehuis van Grimbergen. Auf Nachfrage erläuterte Lejo Vanhaelen, dass er hoffe, nach umfänglichen Renovierungsmaßnahmen wieder in die Nähe des Romboutstoren zurückkehren zu können, sprich an die bisherige Spielstätte.
Jazz auf dem Korenmarkt
Zum Aufwärmen bei durchaus kühlen spätsommerlich-frühherbstlichen Temperaturen unter einer gräulichen Wolkendecke spielte das Bart Borremans Trio, bestehend aus dem Saxofonisten Bart Borremans, dem Drummer Lionel Beuvens und dem Bassisten Piet Verbist. Einige Jazzenthusiasten hatten sich auf dem Korenmarkt vor dem Haus Den Breckpot eingefunden, einstmals das Haus einer Kaufmannsfamilie aus dem 16. Jahrhundert, im Laufe der Geschichte aber klassizistisch verändert. Mit Häppchen und Golden Carolus oder Maneblusser stärkten sich die Anwesenden für einen ersten Abend mit Jazz in Mechelen.
Knatternde Mopeds, vorbeihuschende Autos, Fußgänger, die zufällig vorbeikamen waren die Begleiterscheinungen für das Warm-up-Konzert. Für die drei Musiker, die sich ganz dem Melodiösen verschrieben hatten, war es kein leichtes Unterfangen zu spielen, zumal irgendwann auch die Finger klamm wurden. Das spürte unter anderem Piet Verbist, der seine Finger erst einmal wärmen musste, um sie zupfend über die Saiten seines Tieftöners führen zu können.
Die Suche nach der Melodie
Im Vorfeld des Konzerts sprach ich mit Bart Borremans, der unter anderem auch in der Jelle van Giel Group sowie in eigenen Formationen zu hören ist, über das, was die Anwesenden vom Trio erwarten können. Klar, Standards, aber jenseits von „Autumn Leaves“, „Strange Fruit“ oder „Love for Sale“. Im weiteren Gesprächsverlauf bekannte der Saxofonist und Leader des Trios sein Faible für schöne Melodielinien und auch für Big Bands. Nun ja, die Jelle van Giel Group ist ja eine Art „kleiner Big Band“, jedenfalls vom Bandsound her.
Flamingo und …
Mit einer Playlist wollte Bart Borremans jedoch nicht herausrücken. Nur soviel verriet er: Mit „Flamingo“ - man kennt den Song von Duke Ellington und Jimmy Smith - mache man auf und dann folge „Blues Excuse“, schließlich – der Leser denke sich ein Schmunzeln und Ironie – gehe es dann noch um Fritten essen. Verbunden war dies mit dem Hinweis auf die nahe Frituur, an der sich der eine andere mit warmen Fritten versorgte und die Häppchen von Blockwurst, Mozzarella, Chorizo und Shrimps links liegen ließ.
Eigentlich hatte der Berichterstatter einen gefüllten Korenmarkt erwartet, war doch die Eröffnung wie das gesamte Festival in der Stadt überaus sichtbar plakatiert worden. Nun ja, Jazz ist eben ein Nischenprodukt – so die Erkenntnis.
Sommerliche Klänge entlockte Bart Borremans seinem Holzbläser. Weich-geschwungen waren die zu hörenden Melodielinien. Mit Plonk-Plonk unterlegte Piet Verbist die weich-samtenen Sequenzen, die Borremans spielte. Dezent brachte Lionel Beuvens vor allem seine verschiedenen Becken zum Schwingen, sodass zurückgenommene Wirbel entstanden, die dem Saxofon und dem Bass Raum der Entfaltung ließen.
Man musste schon im urbanen Geräuschpegel sehr genau zuhören, wollte man insbesondere den feinen Saitensprüngen folgen. Auch Verbist fing sommerliche Frische ein. Irgendwie klang es dabei nach Dancefloor aus den späten 40er und 50er Jahren.
Im Geist von „Round Midnight“
Eher bluesig und aus der Palette warmer Klangfarben zusammengestellt war dann „Blues Excuse“. Auch im weiteren Verlauf konzentrierte sich das Trio auf fein-geschnitzte Melodien, bei denen ein eher sanft-säuselndes Saxofon im Mittelpunkt stand. Immer dann, wenn es an Piet Verbist war, die melodische Regie zu übernehmen, vernahm man beinahe fragile Klangkonturen. Würde man das Gehörte in ein Kunstwerk übertragen, so wäre das Bild von verlaufenden Wasserfarben, mit denen eine flämische Landschaft wie der Kempen gemalt werden würde, sehr zutreffend. Hier und da hatte der Berichterstatter den Eindruck, der Geist von Ben Webster und Freddie Hubbard sei auch in Mechelen zu spüren.
Balladenhaftes stand auf dem Programm, aber auch orientalisch anmutende Klanggebilde waren zu vernehmen. Wer aufmerksam dem Trio folgte, der konnte sich im übertragenen Sinne zwischen „Round Midnight“ und „Nights in Tunesia“ verlieren. Dankenswerter Weise spielte das Trio auch in der Pause des Hauptkonzerts. Das war dann Jazz pur mit Zipp und Zapp.
Die meisten waren gekommen, um Denise King zu hören, die im Vorwege viele Vorschusslorbeeren erhalten hatte. Dass sie eingeladen wurde, so Lejo Verhaelen, war Wunsch vieler, die der Jazzclub angesprochen hatte. Von Soul und Blues und Funk war im Kontext dieser in Paris beheimateten us-amerikanischen Sängerin die Rede. Nun ja, derartige Einschätzungen müssen sich ja nicht stets bewahrheiten.
Im Halbdunkel gab es Standards
Das Quartett der Sängerin Denise King umfasste am Abend in Mechelen neben der Sängerin Denise King den Pianisten Ivan Paduart, den Bassisten Sal La Rocca und den Drummer Mimi Verderame. Warum denn im Halbdunkel gespielt wurde, war völlig unverständlich. Der Festsaal ist keine Kellerbar aus den 50er Jahren, in der die Rauchschwaden die Luft zum Atmen dünn werden lassen und sich zahlreiche Nachtschwärmer eingefunden haben.
Keine Frage, la Rocca, Paduart und Verderame sind sehr versierte Jazzer und verstehen ihr Handwerk, vor allem jenseits gängiger Standards. Warum sie sich allerdings auf „Skylark“ und „On Green Dolphin Street“ einließen, hat sich dem Berichterstatter, der ganz anders gelagerte Einspielungen der drei Musiker kennt, nicht erschlossen.
Gewiss, Denise King hat eine volle Stimme, aber mehr auch nicht. Es fehlte ihren Interpretationen von Standards das gewisse Etwas. Der Begriff „nachgesungen“ kam dem Berichterstatter in den Sinn, der stets auf Scat Vocal wartete bzw. lautmalerische Umspielungen jenseits der Lyrik der jeweiligen Titel.
Völlig störend waren Kings Aufforderungen ans Publikum, rhythmisch zu klatschen, zumal dies überhaupt nicht zu der überaus lyrisch orientierten Musik passte. Es war vor allem bei den Solos von Paduart unpassend, der mit seinen Finger auf den Tasten kleine Kaskaden und Wirbel entstehen ließ. Man musste bei seinem Spiel auch an sanft rinnende Bächlein im Frühling denken.
Insgesamt vermisste der Berichterstatter ein breites Spektrum an Standards, da zum Beispiel auch „My Shining Hour“ im lyrischen Gewand daherkam. Stimmlich gab es leider keine Improvisationen, wie sie Ella Fitzgerald einst meisterlich beherrschte. So war dies m. E. ein Abend mit Jazzallerlei. Doch den meisten Anwesenden schien es gefallen zu haben.
© text und fotos: ferdinand dupuis-panther
Informationen
Bart Borremans Trio
Bart Borremans
https://www.facebook.com/people/Bart-Borremans/1253670855
CD reviews
http://www.jazzhalo.be/reviews/cdlp-reviews/j/jelle-van-giel-group-the-journey/
Piet Verbist
CD reviews
http://www.jazzhalo.be/reviews/cdlp-reviews/p/piet-verbist-zygomatik-cattitude-ferdinand-dupuis-panther/
Lionel Beuvens
CD reviews
http://www.jazzhalo.be/reviews/cdlp-reviews/l/lionel-beuvens-motu-earthsong-f-dupuis-panther/
Denise King
https://musicians.allaboutjazz.com/index_new.php?url=deniseking&&width=1366
http://www.allmusic.com/artist/denise-king-mn0001209863/biography
https://myspace.com/deniseking/music/songs
Sal La Rocca
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Yvan Paduart
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Mimi Verderame
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