Jasper Van't Hof B. E. Trio, Konzert im Alten Rathaus Vreden, 26. Sept. 2019




Jasper Van't Hof, in Enschede geboren, Kind eines Jazztrompeters und einer klassisch ausgebildeten Sängerin und Pianistin, hat insbesondere mit der Fusionband Pili Pili für Furore gesorgt. Doch er gründete auch erfolgreiche Ensembles wie „Association P.C.“ sowie „Pork Pie“, die in der Geschichte des Jazz Nachhall erzeugt haben.

Zu den musikalischen Begleitern von Jasper Van't Hof gehörten Archie Shepp, Manfred Schoof, Wolfgang Dauner, Zbigniew Seifert, Toto Blanke, Stu Martin, Alphonse Mouzon und Bob Malach. 2018 wurde der niederländische Pianist mit dem Buma Boy Edgar Award für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Viel zu spät meinen viele Kenner.  Doch: Lieber spät als gar nicht. Im Nachgang zur Preisverleihung und im Kontext des Trio-Albums, das jüngst bei Jaro erschienen ist, ist Van't Hof nun auf einer ausgedehnten Konzertreise.

Bei seinem Auftritt in Vreden – eingeladen hatte der seit drei Jahrzehnten existierende Hamaland Jazzclub – spielte er mit  dem Kontrabassisten Stefan Lievestro und dem Drummer Jimmi Hueting zusammen, der Jamie Peet ersetzte, den man auf dem jüngsten Trio-Album hört. Bei der Begrüßung der Gäste des Konzertabends fiel aus dem Mund des Veranstalters die Bemerkung, dass man bei einem atemberaubenden Erlebnis dabei sein werde. Das schuf hohe Erwartungen, oder?


Die Aula der Musikschule – der hiesige Club hat keinen eigenen Veranstaltungsort – war bis auf den letzten Platz besetzt. Nachdem die technischen Probleme, die sich während des Soundchecks ergeben hatten, gelöst waren, konnte Jasper Van't Hof die Anwesenden gleich mal musikalisch begrüßen, ehe er zunächst in Niederländisch, dann in Deutsch das „Programmmotto“ des Abends erläuterte. Eine gewisse Anspannung konnte man dem niederländischen Pianisten dabei anfänglich schon anmerken.

Wer das musikalische Werk des niederländischen Pianisten und Komponisten kennt, weiß, dass schon in den späten 1960er Jahren Elektronisches auf dem musikalischen Menüplan von Jasper Van't Hof stand. Damals waren Synthesizer in Mode, heute greifen Musiker auf den PC oder ein Notebook zurück, um effektvolle Klangteppiche zu erzeugen, so Van't Hof.

Gleich zu Beginn umfing das Publikum ein tieftöniger Klangregen gepaart mit Sirenengesang. Man meinte gar ein fernes Meeresrauschen zu erahnen. Dazu gesellten sich präzise Schläge mit den Schlägeln auf Toms und Snare – dank an Jimmi Hueting. Zart angeschlagen wurden die Basssaiten durch Stefan Lievestro. Zu den elektronischen Effekten spielte Van't Hof auf dem Grand Piano diskante Sequenzen, paarte rein Akustisches mit dem „elektronischen Zauberkästlein“. Neben Energieaufwallungen vernahmen die Zuhörer auch lyrische Passagen. Teilweise klang es so, als wolle das Trio das Brechen des Eises im Frühjahr einfangen.


Kling, klang, plong, plong – so äußerte sich der Drummer dazu. Dramatik wurde nach und nach aufgebaut. Gewitterzucken und Grollen schienen dabei mit im Spiel zu sein. Kraftvoll war das Spiel von Jasper Van't Hof, der sich mit körperlichem Einsatz ins musikalische Geschehen stürzte. Perlige Passagen lösten das Dramatische ab. Hier und da wurden dem Keyboard Orgeltöne entlockt, dabei auch Assoziationen an den Klang von Oboen und Fagott heraufbeschwörend. Und dann gab es durchaus auch ein Himmelsdonnern zu vernehmen. Und am Ende verriet Jasper van t‘ Hof auch den Titel des Stücks: „Schwester Johanna“.

Angeregt durch die Lektüre von Graham Greene‘s „The quiet American“ entstand, so der niederländische Pianist, die nachfolgend zu hörende Komposition. Ein gewisses Pathos verströmte das Spiel mit den schwarzen und weißen Tasten. Besen strichen übers Fell der Snare und huschten über die Bleche. Im weiteren Verlauf hatte man den Eindruck, es werde Sehnsucht und Leidenschaft musikalisch „besungen“.

 


Neoromantische Klangbeigaben füllten den Saal. Getragen-tragisch äußerte sich der Bassist bei seinem Saitentanz. Erst allmählich stellte sich aufgrund der Harmonien der Komposition und der Klangkaskadierungen eine gewisse Leichtigkeit ein. Allerdings setzte das Trio auch akustische Zäsuren, schien es, als höre man Glas zerspringen. Man dachte dabei an die Szene aus Grass‘ „Blechtrommel“, in der der kleinwüchsige Oskar Mazerath durch sein Schreien Glas bersten lässt. Nach einem false ending – das Publikum find an zu klatschen – setzte das Trio die Klangarbeit fort, ehe dann die Geschichte des schweigsamen Amerikaners sein Ende nahm.


Zwischen Orgelklang und Rhodes-Attitüde changierte das Keyboard unter den Fingern von Jasper Van't Hof. Fulminante Klangschauer wurden dem Grand Piano entlockt. Klanglich wurden außerdem Flic Flacs vollführt und hier und da fühlte man sich „Nice“ sowie „Emerson, Lake & Palmer“ musikalisch sehr nahe. Auch ein ausführliches Schlagzeugsolo war in das Stück eingebunden, das aus einer Ära stammte, in der der niederländische Pianist mit dem Fusion-Ensemble Pili Pili unterwegs war. „Headpeeper“, so kann  es in der bei Jazz‘halo erschienenen Besprechung von „Three of a kind“,  nachlesen, „bewegt sich ein wenig im Fahrwasser von Funk, Soul und der Musik von Jimmy Smith.  Auch in diesem Song mischen sich die klaren Pianoklänge mit dem eher vibrierenden „Orgelklang“. Nachhaltig macht sich der Bassist der Gruppe bemerkbar und ergeht sich in fliegenden Saitensequenzen, unter die Jasper Van't Hof seinen Akzente setzt. Neben rhythmischen Elementen, die wir ausmachen können, sind es Klangfluchten, die wir hören.“ 


Dass auch das weniger Dramatische zum Repertoire des Trios gehört, unterstrich der Vortrag eines Walzers, der nach dem klanglichen Lavastrom von „Headpepper“ folgte. Doch vor der Pause gab es noch eine weitere akustische Höllenfahrt mit Vulkan-Gegurgel und schrillen Klangwellen zu hören. Grautönig kam nach der Pause hingegen „Nebula“ daher. Höhenspiel auf den Basssaiten durchbrach ein wenig die Tristesse, die man zu vernehmen meinte.

„Skopje“, entstanden im Kontext einer Tour durch Jugoslawien, diesem einstigen Vielvölkerland, stand als nächstes auf dem Programm: Ein wenig Balkanova mit und ohne „Säbeltanz“ umfing uns beim Hören. Temporeich war das Stück angelegt, das den Charakter einer Volksweise, gespielt ohne Hackbrett, Fiedel und Akkordeon, nicht leugnen konnte. Dabei musste man auch stets an die Musik der Roma und deren Sinn für opulente Feste denken, trotz eines Lebens am Rande der Gesellschaft.


Ein Faible für elektronische Elemente erlebten die Anwesenden bei „The way she looks“. Das war, unterdessen war es kurz vor zehn Uhr, eigentlich das Ende des Konzerts, so verkündete es Jasper Van't Hof. Zumindest hätte man das so vertraglich fixiert. Allerdings könnte das Trio auch weiterspielen, wenn gewünscht, so der niederländische Pianist. Er habe da noch eine Überraschung fürs Publikum, verkündete Jasper Van't Hof, ehe er im Backstage verschwand und dann, wieder auf der Bühne stehend, unter seinem Hemd ein leeres Notenblatt hervorzog. Seine Frau habe das versehentlich mit der Wäsche gewaschen. Kurz und gut: Zum Schluss wurde musikalisch eine Botschaft präsentiert: „Frieden“. Das Trio verabschiedete sich nämlich mit der Komposition von Horace Silver namens „Peace“. Angesichts turbulenter Zeiten mit Säbelgerassel und us-amerikanischem Größenwahn war dies ein nachdenklicher Konzertschluss.

Text und Fotos © ferdinand dupuis-panther


Informationen:

Hamaland Jazzclub
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Jaro

www.jaro.de

Jasper Van't Hof

www.jaspervanthof.nl




Stefan Lievstro

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Jimmi Hueting

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https://www.jazzhalo.be/reviews/cdlp-reviews/p/portugal-van-kemenade-vant-hof-daytime-sketches/
https://www.jazzhalo.be/reviews/cdlp-reviews/j/jasper-vant-hof-b-e-trio-three-of-a-kind/
https://www.jazzhalo.be/reviews/cdlp-reviews/j/jasper-vant-hof-jazz-because/


Konzertbericht WND Jazztage 2017

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