In Concert mit Bensen und Fuchs
Im Vorwege des Konzerts waren folgende Zeilen zu lesen: “Wieder ein Highlight in der 12. Auflage – in der Ankündigung war ursprünglich von der 11. Auflage die Rede – der erfolgreichen Konzertreihe im Kulturbahnhof Hiltrup. Denn Kym Hatton ist ein außergewöhnlicher Gitarrist. In einer klassischen Trio-Besetzung mit Schlagzeug und Bass schöpft der äußerst vielseitige Gitarrist aus einem riesigen Fundus an Stilistik und Sounds.“
Aus Down Under
Wer aber kennt schon die musikalische Szene aus Down Under? Vielleicht sagen die Namen von australischen Rock- und Pop-Bands wie Cold Chisel, John Farnham, Midnight Oil oder Men at Work dem einen oder anderen etwas. Vielleicht ist auch der Gitarrist Tommy Emmanuel hierzulande kein Unbekannter, aber Musiker aus der Jazzszene wie Sam Anning, Andrew Dickeson, Andrea Keller oder andere sind wohl weniger geläufig.
Ähnliches gilt für den aus Sydney stammenden Gitarristen Kym Hatton, der erste Kontakte mit Jazz durch die Schul-Big-Band bekam. Von 1997 bis 1999 besuchte Kym Hatton das Australian Institute of Music (A.I.M), um dann nachfolgend ein Studium am Conservatorium of Music in Sydney aufzunehmen. Seit 17 Jahren lebt Kym Hatton nicht mehr am Newport Beach und nicht etwa am Bondi Beach, wie Klaus Bensen launig in seiner Vorstellung des australischen Gitarristen formulierte. Die Berichtigung aus Kym Hattons Mund folgte übrigens prompt!
Kym Hatton presents
„Seine Kompositionen tragen den Schriftzug des europäischen klassischen und modernen Jazz. In Deutschland und Holland spielte er mit Musikern wie Gerd Dudek, Charlie Mariano, Christian Kappe und Sebastian Netta, die sein musikalisches Netzwerk und seine Erfahrungen erweiterten.“ - so lesen wir es in der Konzertankündigung. Doch bis auf „Alan“ gab es leider keine weitere Komposition von Kym Hatton an diesem Abend zu hören.
Statt dessen wurde eine Reise durch die Jazz-Geschichte von Bebop – „Straight no Chaser“, 1951 von Thelonious Monk komponiert und aufgenommen – , Funk und Jazz Rock - „Cantaloupe Island“ von Herbie Hancock – präsentiert. Auch Pop gab es zu hören, als Paulina Fleer mit Felix Wunderer zusammen Lady Gagas „Million Reasons“ vortrug. „Blue in Green“ stand ebenso auf dem musikalischen Menüplan wie „Solar“ (Miles Davis), „Bright Size Life“ (Pat Metheny) und „Down in Brazil“.
Wer ein Trio erwartet hatte, bekam ein musikalisches Überraschungspäckchen präsentiert, da Klaus Bensen und Christian Fuchs auch dem „Nachwuchs“ eine Chance gaben, eine Idee, die vor Jahren am Anfang der Reihe „Jazz im Kulturbahnhof“ stand. Anfänglich ging es nämlich dem Bassisten Klaus Bensen und dem Schlagzeuger Christian Fuchs um regelmäßige Jazz Sessions mit „The Next Generation of Jazz“. Doch bei der ersten Session kamen eine Reihe von Pianisten, alle Ü55 und nicht, wie erwartet, junge Nachwuchsmusiker, so Klaus Bensen in einer seiner Zwischenansagen während des Abends.
Nun ja, zum Konzert mit Kym Hatton waren mit Felix Wunderer (Nord/Rhodes/Klavier), Tim Kessmann (E-Guitar) und Paulina Fleer (Vocals) gleich drei junge Musiker präsent, die zeitweilig gemeinsam mit dem Trio Bensen-Fuchs-Hatton auf der Bühne standen, so unter anderem Tim Kessmann bei „Cantaloupe Island“ mit einem ausgefeilten Solo.
Miles war auch zugegen
Nein, nicht „Kind of Blue“ oder „Bitches Brew“ von Miles Davis wurde zum Konzertauftakt gespielt, sondern „Solar“. Angesichts des spätherbstlichen Wetters war dieser Song im wahrsten Sinne ein Lichtblick, betraf er doch die Sonne, die wir in diesem Sommer und Herbst in vollen Zügen genießen konnten. Doch nun hat sich spätherbstlich-frühwinterliche Schwere ausgebreitet. Musikalische Aufmunterungen waren also geboten. Mit weichen „Saitenflüssen“ umschloss Kym Hatton die Anwesenden. Dazu hörten wir eine ausgeprägte Basstönigkeit als „Kontrapunkt“. Mit „diskanten Strahlen“ machte Felix Wunderer am Nord auf sich aufmerksam. Im Solo von Klaus Bensen wurde die Basslastigkeit zeitweilig aufgehoben und winterliches Anthrazit durch eher ocker- und orangefarbene Sommerlichkeit ersetzt. Streckenweise drängte sich bei Hattons virtuosem Saitenspiel der Eindruck auf, kurzzeitig würden auch Jim Hall, Joe Pass oder George Benson vorbeischauen.
Im Original von 1970 lebt „Mr. Clean“ von der geballten Bläsermacht, dank an Freddy Hubbard (trumpet) und Joe Henderson (sax). Ja, George Benson an der Gitarre trug auch einen Anteil zur Abrundung des Klangs bei. Diese Einspielung setzt schon Maßstäbe für das Gespann Bensen, Fuchs, Hatton & Wunderer. Die vier Musiker köchelten mit Funkwürze und Jazzrockkräutern ein ganz eigenes Jazzmenü, das ganz schnell Freddy Hubbart und Joe Henderson vergessen ließ. Insbesondere Felix Wunderer ließ sein Nord richtig wabern, wibbern, brodeln, bruzzeln und simmern, gleichsam als „zweite Stimme“ zu Hattons Sequenzen auf den Saiten. Irgendwie fehlte nur noch eine „schwarze Stimme“, um Funk ganz vollkommen zu machen. Eruptiv wurde der Song angelegt. Musikalische Lavaströme waren zudem mit im Spiel. Und es groovte …; es war verwegen, umtriebig, keck und kess bis zum letzten Takt.
Auf in die Karibik
In Erinnerung an den schon verstorbenen Alan Holdworth entstand aus der Feder von Kym Hatton der Titel „Alan“. Hattons Komposition bestach in der Umsetzung durch zartes Gitarrenflirren, beinahe aus dem Off kommend. Fein zerrissene Klangwolken schwebten dahin. Es gab dabei außerdem magische Momente, die die sehr zahlreich Gekommenen erleben konnten, abseits von „New Age“.
Sicherlich war einer der musikalischen Höhepunkte des Abends „Cantaloupe Island“. Da gab es karibisches Flair im Kulturbahnhof Hiltrup zu erleben, konnte man schnell begreifen, dass Funk und Jazz Rock nicht mit Les McCann gleichzusetzen sind. Tim Kessmann überzeugte mit seinem Spiel, ließ azurblaues Meer vor unseren Augen erscheinen, servierte musikalischen Cuba Libre und Sex On The Beach obendrein. Fein ziseliert war das Saitenspiel von Kym Hatton, mitreißend das Solo von Felix Wunderer, der mit seinem Tastenspiel eine Szenerie aus weißem Strand, wolkenlosem Himmel und Kokospalmen heraufbeschwor.
Ein bisschen Pop gab es an diesem Abend auch noch zu hören, als nämlich „Million Reasons“ vom Duo Fleer/Wunderer auf dem Programm stand und wir Zeilen wie „You're giving me a million reasons to let you go / You're giving me a million reasons to quit the show / You're givin' me a million reasons / Give me a million reasons“ vernahmen. Dabei wahrte Paulina Fleer mit ihrem stimmlichen Vortrag ihre Eigenheit und versuchte nicht, eine Kopie Lady Gagas auf die Bühne zu bringen.
Irgendwann fand auch dieser Jazzabend ein Ende, der mal nicht ausschließlich in Bebop und Hard Bop schwelgte, sondern auch die Geschichte des Jazz der 1970er Jahre wiederaufleben ließ. Man darf also auf Fortsetzungen gespannt sein.
Text unf Fotos © ferdinand dupuis-panther – Text unf Fotos sind nicht public commons!
Informationen
Kym Hatton
https://www.facebook.com/kym.hatton.7
Felix Wunderer
Im Programm u. a. zu hören:
Bright Size Life
Solar
Cantaloupe Island
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