DIAPHANE, Black Box Münster, 19.1.2025

STAGE off LIMITS…







Wie seit Jahren betreut der Münsteraner Gitarrist Erhard Hirt die Reihe. Diesmal wurden aus der Schweiz Frantz Loriot (Viola/Bratsche) sowie Raphael Loher (Piano), aus Köln Carl Ludwig Hübsch (Tuba) und aus New York Carlo Costa (Schlagzeug) eingeladen. Statt des klassischen akustischen Kontrabasses findet sich in diesem Ensemble für die tiefen Klangfärbungen die Tuba. Auch die Bratsche ist eher selten im Jazz, ganz zu schweigen von freien Improvisationen.

Und was wir beim Konzertbesuch zu erwarten hatten, liest sich wie folgt. „Die Musik von Diaphane reicht von ruhigem Minimalismus bis zu dichten, farbigen Klangteppichen. Das Quartett bedient sich einer breiten Palette von Techniken, Präparaten und zusätzlichen Objekten, um auf eine Vielzahl von Klangfarben zuzugreifen und komplizierte, aber transparente Texturen zu schaffen. Obwohl ihre Musik vollständig improvisiert ist, ergeben sich oft Strukturen und Formen. Von zentraler Bedeutung für ihre Musik sind tiefes Zuhören, Geduld, Platzierung und Präzision.“

  


Die Band wurde ursprünglich von Frantz Loriot, der eigentlich aus der Nähe von Paris stammt und nun in Zürich lebt und arbeitet, im Dezember 2018 zusammengestellt, als er Artist in Residence bei Moods in Zürich war. Seither war das Quartett 2019 und 2021 in Mitteleuropa auf Tournee. Im Herbst 2021 erschien das erste Album von Diaphane auf Neither/Nor Records. Und nun also hieß die „Tourstation“ Münster! Frantz Loriot war schon einmal in der Black Box, wie Erhard Hirt in seiner Begrüßung sagte. Für ihn war es klar, dass Loriot nochmals in einer anderen Besetzung nach Münster geholt werden sollte. Und das klappte dann an einem Januarsonntag im dichten Nebel.


Nebel ist ein gutes Stichwort um den Bandnamen zu erläutern. Nein, mit Nebel hat der Name im eigentlichen Sinne nichts zu tun, außer dass dieser auch ein wenig durchscheinend ist. Genau durchsichtig und durchscheinend sind die deutschen Begriffe zu diaphane. Es bezeichnet, so Frantz Loriot im Gespräch, auch die Musik, die das Quartett in freien Improvisationen präsentiert. Sie könne man sich als verschiedene übereinander liegende Ebenen vorstellen. Dabei ist die eine wie die andere vorhanden und auch nicht, scheint mithin durch.

Mit dieser Information im Kopf galt es dann sich auf den Vortrag zu konzentrieren, auf die Momente von Klängen, die angestimmt wurden und im nächsten Moment entschwanden. Nachhall gab es so gut wie keinen, sieht man einmal von den Klangäußerungen des Tubisten ab. Vergängliches erlebten wir und das ist ja so charakteristisch für freie Improvisation, die nur einmal in der jeweiligen Form zu erleben ist und morgen und übermorgen eher nicht.

   


Um ein Konzert von Diaphane zu beschreiben, muss man auf Gedankensplitter zurückgreifen, die aneinander gebunden werden. Syntax ist dabei nicht so wichtig: Verhaltener Beginn, leise Klänge, kreisender Bogen auf den Saiten der Viola wie Windhauch anmutend. Geraschel, Klanghüllen waren zu erleben. Schabendes erzeugte Klang auf einem der Felle des Schlagwerks; dazu tiefe Setzungen des Tubisten, ungebunden, einzeln, als Fragmente. Helles Gewische auf der Viola, Kling-Kling auf dem Piano. Kurz angetippte Flügeltasten ohne Nachhall wie ein Glockenschlag einer Kirchturmuhr klingend. Erneutes schnelles Rotieren des Bogens auf den Viola-Saiten und ein trockenes Tick-Tick des Schlagwerkes. Tiefgründiges auf der Tuba erzeugt und die Antwort dazu durch den Pianisten.


Kristalliner Klang und eine Art Tszich-Tszich im Raum; Knarzendes des Bratschisten und Atemluft des Tubisten. Ein dünnes Holz wurde über die Saiten der Viola geschoben. Ein kurzer Explosivlaut dank an den Tubisten; Aufeinander treffende Metallstücke in den Händen des Schlagwerkers, im Klang wie ein kurzer Hammerschlag auf Metall. Klick-Klack als ein Höreindruck. Porzellan als perkussive Teile des Schlagwerks; Teller und eine Schale umgedreht aufgehängt als Beckenersatz.  Ein Messer aus einem Besteck statt eines Schlägels oder Sticks, um Rhythmisches zu initiieren. Mundharmonika-Assoziationen mittendrin, dank an den Tubisten. Schnelle Schläge auf Hi-Hat, flirrendes Porzellan dazu.


Fragmente zu Fragmenten, aber kein wirklicher Fluss des Klangs. Klangspiel als Hör-Spiel, als Collage, als Klangschichtungen. Ein Blechtopf, so der Anschein, spielte auch eine Klangrolle. Ähnlichkeit mit Messingklangschalen war wohl gewollt. „Tubawispern“ traf auf einen präparierten Flügel, auf dem feiner „Klangnieselregen“ erzeugt wurde. Diskantes traf auf Tieftöniges, auf ein tiefes „Gemurmel“ der Viola.

„Morsezeichen der Tuba“ waren aufzunehmen. Gedämpfter Tuba-Klang als Teil der akustischen Inszenierung; Reibungen mit dem Dämpfer auf dem Schalltrichter der Tuba. Ein Blechzylinder wurde über die Außenfläche des Blechbläsers gezogen. Dong-Dong traf auf Tsch-Tsch. „Schlagwerkgepolter“ und schnell verhallende Klangkaskaden; Klangfelder wurden geöffnet und geschlossen. Bisweilen kreisten die Mitglieder des Quartetts in ihrem jeweils eigenen Orbit, nahmen aber auch auf, was in den jeweilig anderen Umlaufbahnen passierte. Und dann war im ersten Konzertteil alles ausgesprochen und angeklungen: Pause!

   

Und auch im zweiten Teil wurden Klangebenen verschoben. Gezupft wurde die Viola. Der Klang blieb nicht lange im Kopf haften, kam doch gleich der nächste Klangmoment. Kristallines war zu vernehmen, dank an den Pianisten. Besen wurden vom Schlagwerker eingesetzt; die Tuba wurde präpariert. Ein transparenter „Gummischlauch“ wurde mit einem der Ventilzüge befestigt. So war der visuelle Eindruck. Atemluft strömte, dünne Hölzchen trafen auf den „Gummischlauch“ zu einem Plong-Plong.


„Flügelgestimme“ meinte man zu hören. Das Geräusch knarrender Holzdielen tauchte kurz auf. Pling-Pling und Plong-Plong drang an die Ohren der Anwesenden. So machte sich die Bratsche bemerkbar. Gedämpftes breitete sich aus. Porzellan wurde zum Vibrieren gebracht. Die Tuba mutierte zum Schlagwerk. „Klangdrippings“ waren substantiell und schienen wie die Drippings eines Jackson Pollock, wie Farbspritzer des Klangs. Selten gab es ein wirkliches Klangkontinuum, eher gab es eine Klangaddition und -subtraktion. Und dann war auch der zweite Konzertteil beendet. Ein Moment der Stille breitete sich am Ende in der Black Box Münster aus.

Photos und Text © ferdinand dupuis-panther


Info
http://www.blackbox-muenster.de/

DIAPHANE
Frantz Loriot – Viola
Raphael Loher – Piano
Carl Ludwig Hübsch – Tuba
Carlo Costa – Schlagzeug


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