In memory of Art Blakey,
Altes Lehrerhaus Unna-Lünern, 10.12.2023
Das Blue Note Trio setzt sich zusammen aus internationalen Musikern wie dem italienischen Pianisten Igor Iabichino, der seine musikalische Jazzausbildung in Verona machte, und dem Schlagzeuger Enzo Cioffi aus Sanremo sowie Uli Bär aus Unna am Kontrabass. Allen gemeinsam ist die Liebe zum Jazz, wie er auf dem 1938 von zwei deutsch-jüdischen Migranten gegründeten, legendären Blue Note Label zu finden ist. Im Rahmen des noch bis zum 27.12.2023 andauernden Festivals Take 5 – Jazz am Hellweg lud sich das Trio zu seinen Konzerten in Hagen, Kamen und Fröndenberg Gäste ein, die nun alle auch im Alten Lehrerhaus zu Unna-Lünern auf der Bühne standen. Das waren Peter Brand (Tenor- und Sopransaxofon), Dimitry Telmanov (Trompete, Flügelhorn) und Karin Hatzel (Alt Saxofon). Als „Überraschungsgast“ erlebten die zahlreichen Anwesenden „Dr. Jazz an der Gitarre“, kein anderer als Winni Schickentanz. So gab es nicht nur einen klanggewaltigen Bläsersatz zu erleben, sondern auch die feine Verspieltheit einer Jazz-Gitarre.
© a. panther
„Martha’s Prize“ (comp. Cedar Walton) und „Claudia“ (Arturo Sandoval) sowie „The Bass goes on“ (comp. Uli Bär) bis hin zu „My secret“ (comp. Dima Telmanov) und „Una Note in Agosto“ (comp. Igor Iabichino) standen auf dem Programm. Des weiteren hörten die Anwesenden Titel wie „Estate“ („Sommer“, Bruno Martino) mit Gesang von Igor Iabichino und nicht etwa mit Trompetenvortrag, wie wir ihn von Chet Baker her kennen, „Joy Spring“ (Clifford Brown/Max Roach) und „One by One“ (Wayne Shorter/Art Blakey). Im Dezember gab es so sommerliche und frühlingshafte Klänge, unter anderem.
Uli Bär wies in seinen einleitenden Worten darauf hin, dass es mancher Kreativität bedarf um Orte für das Festival zu finden. Eigentlich sollte das Konzert in Holzwickede stattfinden, aber das war kurzfristig nicht möglich. So also kamen Jazzliebhaber zu einem Lunch-Konzert in Unna-Lünern zusammen, um in die Klangwelten von Blue Note einzutauchen. Klangfarbgebend waren bei dem Konzert des Sextetts, zu dem noch der Gitarrist Winni Schickentanz als Gast stieß, die drei „Hörner“, keine Frage. Allerdings gab es Raum und Freiraum für jeden der Musiker und auch eine auffällige Rotation der Soli. Ausgespart wurde dabei auch der Drummer nicht, der sein doch recht überschaubares Kit zum Schwirren, Flirren und Schwingen brachte.
Mit der Wortgewalt der Bläser wurde in der Konzerteröffnung „Martha’s Prize“ vorgetragen. Durchaus eine recht beschwingte Note wies das Stück auf. Ein Ohrenschmaus war das eingebundene Solo des Tenorsaxofonisten Peter Brand. Der Gitarrist setzte feine Akzentuierungen, auch zum sensiblen Drumming von Enzo Cioffi. Mal weichgezeichnet, mal eher spitzzüngig war die Trompete gestimmt, dank an Dimitry Telmanov. Was wir hörten glich bildlich einem kaskadierenden Fluss. Zugleich drangen wellenförmige Klänge ans Ohr der Zuhörer. Der Schönheit der Melodie verschrieb sich in seinem Solo der Gitarrist, der dabei die „Schule der klassischen Jazzgitarre“ pflegte. Dahin schwebende Sequenzen des Altsaxofons waren ebenso Teil des Arrangements. Und am Ende vereinten sich alle im Thema des Stücks.
Wie Peter Brand in der Einführung des Stücks „Claudia“ vortrug, war dieses einst für Paquito Rivera geschrieben worden. Es ist eine eher getragene Ballade jenseits jeder Feurigkeit, die man lateinamerikanischer Musik stets unterstellt. Schon bei den ersten Takten, die vom Sopransaxofon bestimmt wurden, musste man an abgelehnte und gescheiterte Liebe, an Sehnsucht und Liebeskummer denken, oder? Mit ähnlichem Duktus wie das Sopransaxofon erlebten wir auch das Flügelhorn, das teilweise ein Duett mit dem Sopransaxofon hören ließ. Im weiteren Verlauf schien die Stimmung zu wechseln, vernahm man im Vortrag des Sopransaxofonisten auch Tänzelndes, schienen Frühlingstöne und -farben angesagt zu sein. Insgesamt überwog bei der Ballade das Sanfte, gleichsam eine sanfte Brise den Raum füllend. In diesem Kontext bewegten sich im Übrigen alle Musiker, auch die Altsaxofonistin und der Gitarrist.
Mit Aufforderung zum gekonnten Hüftschwung kam „Mambo influenciado“ daher. Peter Brand jedenfalls war ganz und gar im Mambo-Fieber. Doch das steckte leider niemand der Zuhörer an, einen Mambo auf dem Parkett zu wagen. Nicht sehr häufig hört man im Übrigen im Jazz ein Schlagzeugsolo als Einführung: doch diesmal schon. Zwischenzeitlich dachte der eine oder andere an Tito Puente und an das gewaltige Gebläse von kubanisch-amerikanischen Ensembles, die sich allerdings vorrangig dem Son oder Salsa verschrieben haben. Aus dem Son ist übrigens der Mambo hervorgegangen, so Peter Brand. Ausgelassenheit war das Gebot der Stunde und das setzten alle, unter anderem auch der Trompeter auf den Punkt um.
© fdp (L) - ap (R)
Schließlich spielte das Septett auch eine Komposition von Dimitry Telmanov namens „My secret“. Ein Geheimnis blieb auch, warum der Titel so gewählt wurde, da der Trompeter nichts weiter dazu erläuterte. Für den Berichterstatter schien bei diesem Stück durchaus eine Nähe zu Cedar Walton zu bestehen, im Duktus und in den Harmonien. Hörte man nicht gar laue Winde, sogar ein Föhn durch Lünern streichen? Besen strichen jedenfalls leise über die Trommelfelle. Und der Gitarrist paraphrasierte die Sequenzen von Telmanov. Im Hintergrund hielt sich auch in diesem Stück der Kontrabassist. Er schien in den Farben eines Anselm Kiefers unterwegs, von Umbra bis Dunkelgrau und Anthrazit, und pflegte das dunkle Timbre seines dickbäuchigen Saiteninstruments.
Mit „So what“ im Sinn entstand, so Uli Bär, seine Komposition „The bass goes on“, die die Klangschönheit des Basses herausstellen soll. Allerdings waren auch hier die Bläser durchaus diejenigen, die die Klangpalette mit allerlei Farbmischungen bereicherten. Dabei schienen sie auch in die Welt von Cannonball und Nat Adderley einzutauchen, während der Bass zeitweilig eher die zweite Geige spielte. Ja, der Bassist kam schlussendlich auch zu seinem Solo, und der Pianist schien für Momente in Ragtime und Monk’schen Duktus abzugleiten. Von der Schwere des Sauerlandes ging es dann zur Unbeschwertheit der Rivera – so Uli Bärs Überleitung zu „Una Note in Augusto“ aus der Feder des Pianisten, der dabei wohl eine ausgedehnte Partynacht vor Augen hatte, als er das Stück notierte. Beschwingtheit wie im Bebop schien sich dabei mit Latin Grooves zu paaren, oder?
Danach hörten wir den Pianisten auch als Sänger: „Estate“ lautete der Standard, der zu hören war. Dankenswerter Weise hatte Uli Bär die Lyrik des italienischen Songs übersetzt. Nachstehend ein paar Zeilen zum „Sommer“: „Sommer, du bist so heiß wie die Küsse, die ich verloren habe ...Sommer, die Sonne, die uns jeden Tag erwärmt. … Sommer, er hat jeder Blume seinen Duft gegeben … Es wird wieder Winter kommen … .“ Sehr lyrisch war das Stück angelegt. Dabei entfaltete sich der Klang des Altsaxofons wie die Gesangstimme, erlebte man die Weichzeichnung des Flügelhorns und die rhythmisierenden Gitarreninterventionen.
Volle Lebenslust konnte man bei „Joy Spring“ wahrnehmen, und schließlich endete das sehr hörenswerte Konzert mit „One by one“ von Wayne Shorter. Trotz eines langen Schlussbeifalls gab es allerdings keine Zugabe. Nun ja, wärmende Klänge an einem Dezembersonntag brauchten kein Encore.
© text u. fotos ferdinand dupuis-panther/anne panther
Info
https://www.jazz-am-hellweg.de/
Dimitry Telmanov
REVIEW
Igor Iabichino, Klavier
Enzo Cioffi, Drums
Uli Bär, Kontrabass
Dimitry Telmanov, Trompete, Flügelhorn
Peter Brand, Tenor und Sopran Sax
Karin Hatzel, Alt Sax
Winni Schickentanz, Gitarre
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