Black Dog Groove Society, Tonhallenkonzert

Hannover 6.9.2024





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„‘GROOVE GROOVE GROOVE’ ist angesagt. Die soulvolle groovende Saxophonistin Katharina Maschmeyer und ihr langjähriger (musikalischer) Partner, der Gitarrist Nils Pollheide, sind schon seit Jahren ein traumwandlerisch sicher auftretendes Team. Der Ruhm ihres schon gemeinsam geführten Katharina Maschmeyer Quartetts, das in den letzten Jahren Festivals und große Clubs gleichermaßen begeisterte, eilt ihnen voraus. Sie wurden schon mehrfach zu den „führenden und innovativsten Formationen der hiesigen Jazzszene“ gezählt. So las man es im Ankündigungstext des Konzerts. Das Quartett, das an diesem Freitagabend bei schwül-tropischer Außentemperatur zu hören war, wurde vom Schlagzeuger Marcus Möller und dem Hammond-Organisten Dirk Schaadt vervollständigt.

  
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Der Bandname lässt aufhorchen. Gab es da nicht schon einmal in der Welt der Musikindustrie einen Hund, wenn auch keinen schwarzen Hund? Ja richtig, Grammophone Records änderten den Labelnamen im Jahr 1909 in „His Master's Voice“. Das Logo besteht aus einem weißen Hund, der in einen Grammophontrichter schaut. Bezug nimmt dieses Logo auf ein Gemälde des englischen Malers Francis Barraud, der einen Hund namens Nipper für die Nachwelt festgehalten hat. Nipper sitzt vor einem Grammophon mit leicht geneigtem Kopf und lauscht der abgespielten Musik. Aber auf Nipper bezieht sich der Bandname nicht, wie Nils Pollheide im Verlauf des Konzerts erläuterte. Doch auf den Hund gekommen ist die Band schon, bedenkt man einige Kompositionen wie zum Beispiel „Walk the dog“ und „Fetch the stick“, die wir hörten. Bei dem schwarzen Hund im Bandnamen handele es sich nicht um einen sogenannten Corona-Hund. 2019 schafften sich Nils Pollheide und Katharina Maschmeyer, so der Gitarrist, einen Labrador-Retriever Mischling an. Dieser stand dann Pate für den Bandnamen.

  
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2023 entstand das Album „Fetch the stick“ in Vinyl mit einem Download Code für die, die keinen Plattenspieler mehr haben. Auf dem Cover sieht man einen sitzenden schwarzen Hundemischling mit einem Trommelstock im Maul und Kopfhörern auf den Ohren. Dieses Logo ziert auch Stickers und T-Shirts, die in der Konzertpause als Merchandising-Produkte angeboten wurden.

Was, so fragt sich der eine oder andere vielleicht, bedeutet eigentlich Groove im Kontext des Quartetts? Im Kern heißt „Groove“ im Deutschen „Rille“ und „Furche“. Ersteres lässt sich gut auf die Rillen einer Schallplatte beziehen. Doch im weiteren Sinne schließt der Begriff ein bestimmte Rhythmusform, einen gewissen Swing, einen mitreißenden Drive ein. Derartiges findet man im Funk ebenso wie im Jazz Rock. Dabei ist es die Rhythmik, die zum Tanzen animiert. Doch getanzt wurde während des Konzerts nicht. Allerdings sah man wippende Köpfe und Oberkörper. Kaum einer im Publikum, das die Tonhalle bis auf den letzten Platz füllte, wurde nicht von den heißen Rhythmen, dem tonalen Schwirren der Hammondorgel oder den sirrenden und röhrenden  Saxofonsequenzen gepackt. Besonders mitreißend und beeindruckend war das Solo von Katharina Maschmeyer gegen Ende des Konzerts.

  
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Zu hören waren unter anderem Kompositionen von Nils Pollheide und Katharina Maschmeyer, angefangen bei „Bag O’Green“ über Casino und „Max & Wick“ oder auch „Wick & Max“ – darin waren sich der Gitarrist und die Saxofonistin in der Ansage nicht ganz einig – sowie „The Viking“. Außerdem lauschten wir „Walk the dog“ und einer Hommage an John Scofield namens „For Sco“. Mit „Fetch the stick“ wurde das sehr hörenswerte Konzert abgeschlossen, das nicht mitgeschnitten wurde. Wer es also verpasst hat, der muss halt auf den Tour-Plan der Band schauen und an einem anderen Ort reinschauen und zuhören, wenn es wieder unbändig groovt.

  
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Von der ersten Minute an ergriff die Musik das Publikum, auch und insbesondere dank der Saxofonpassagen, die Katharina Maschmeyer zu verdanken waren. Nein, marktschreierisch agierte die Saxofonistin nicht, jedoch leicht kehlig, ein wenig röhrend und ansonsten überaus feinfühlig-sonor. Und Dirk Schaadt, der während des gesamten Konzert, die Fußpedale wenig einsetzte, dafür aber die Linke für die Basstöne und die andere Hand für das Diskant, sorgte für gespreizte tonale Schwingungen. Dann gingen gleich Tonkaskaden auf uns nieder, dank auch an die Schallumlenkung mithilfe rotierenden Trommeln, die das Vibrato bewirkten. Der Leslie-Verstärker ist ein essenzieller Bestandteil der Hammond-Orgel, die ansonsten einen sehr flachen und toten Klang hätte. Donald Leslie erfand diesen Rotationslautsprecher, wodurch die Hammond-Orgel auch in der Popularmusik ihren Platz fand. Man denke dabei an Brian Auger oder Keith Emerson. Im Jazz war es in den 1950er Jahren Jimmy Smith, der den Jazz um den Klang der Hammond-Orgel erweiterte. Im Verlauf des Konzerts gab Dirk Schaadt dazu dankenswerter Weise eine kleine Instrumentenkunde mit Hörbeispielen. So spielte er sein Instrument mal mit und mal ohne Leslie, verdeutlichte, dass er die Linke für die Basslinien nutze und natürlich auch Register zog wie an einer großen Kirchenorgel.

 
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In der Tat, als Dirk Schaadt beim ersten Stück solistisch zu hören war, musste man schon an die bluesigen und souligen Sequenzen denken, die so typisch für die Spielweise von Jimmy Smith sind.  Und noch einen Bezug zur Musik von Black Dog Groove Society fiel dem Berichterstatter angesichts des Saxofonspiels und des Zusammenspiels zwischen Gitarristen und Saxofonistin ein: die längst nicht mehr existierende Band namens Mo’Blow um den Saxofonisten Felix Falk und den Fender-Rhodes-Pianisten Matti Klein. Auch diese Band hatte sich dem Funk, Soul und Groove verschrieben. Und das Motto lautete dabei: „Shake your body!“ Auch wenn davon im Konzert niemand Gebrauch machte. Platzprobleme waren gewiss auch dafür verantwortlich, mal abgesehen von den hochsommerlichen Temperaturen. Bei diesen wollte wohl keiner in schweißtreibende Tanzschritte verfallen.

  
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Nicht nur das erste Stück stammte von dem Gitarristen, sondern auch „Casino“ mit einer Gitarren-Intro, ehe dann der Drummer die Sticks über die Felle tanzen ließ. Tiefgang auf dem Tenorsaxofon war zu erleben und auch das flinke Fingerspiel des Hammond-Organisten, der sehr betont rhythmisch unterwegs war. Ein Auf und Ab in mittleren Saxofon-Lagen drang an unsere Ohren. Tonales wurde zu Schlingen und Schleifen entwickelt. Alles schien im Fluss. Gekonnte Paraphrasierungen waren auszumachen, dabei immer sich aufeinander beziehend. Klangstufen wurden erklommen; feinste Umspielungen auf den Gitarrensaiten waren obendrein Teil der Klanginszenierung. Eher unerwartet kam das Stück zu seinem Ende, nachdem der Drummer noch einen Tanz der Trommelstöcke zwischen Toms und Snare ausgeführt hatte.

  
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Die animierende Musik mit starker Rhythmus-Verwebung fand ihren Fortgang in „2 Cute“. Ein wenig wie Filmmusik für ein Krimi-Drama schien das Stück zu klingen. Große Klangwellen rollten durch die Tonhalle. Man konnte beim Zuhören auch an eine musikalische Begleitung zu einem Seestück denken, hörte man doch die auflaufende Flut und das sanfte Meeresrauschen heraus, oder? War da nicht auch ein wenig Bop mit im Spiel? Perlendes Saitenspiel durften die Zuhörer erleben, auch in der Tradition der Granden des Gitarren-Jazz. Fragile Linien wurden ab und an gezeichnet, so von Dirk Schaadt an seinem Klangmöbel aus den 1960er Jahren.

  
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Als brandneu wurde das Stück „Max & Wick“ bzw. vice versa angekündigt. Der Schlagzeuger wirbelte mit seinen Schlagstöcken auf den Fellen herum, als das Stück seinen Anfang nahm. Gedämpfter Gitarrenklang setzte danach ein. Ein Klangteppich wurde mittels Orgel ausgebreitet, auf dem sich das „Duett“ zwischen dem Gitarristen und der Saxofonistin entfaltete. Dabei drängten sich dichte Wolkenbilder des Klangs auf. Der eine oder andere dachte auch an die expressionistische Gestaltung von Blumenwiesen im sachten Wind. In diesem Stück röchelte und röhrte das Saxofon, aber nur für Momente. Dezent war die Begleitung des Organisten zu den erzählten Geschichten der Saxofonistin. Fulminant war außerdem das ins Stück eingebettete Solo des Organisten. Da gab es dann ein Klangbeben in der Tonhalle zu erleben. Und immer wieder war es die Schönheit des Melodischen, die uns das Quartett darbot.

  
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Bei dem Stück „The Viking“ kamen Erinnerungen an Les McCann auf, oder? Da vernahm man auch einen gelegentlichen „WauWau-Klang“. Maßvoll röhrte das Saxofon und die Botschaft schien „funky, funky, funky“ zu sein. Ein wahrer Ohrenschmaus war dieses letzte Stück des ersten Sets, auch weil Dirk Schaadt zu Hochform auflief.

Bei „Walk the dog“ fragte sich der Zuhörer wohl, wer denn da wen ausführe. Faszinierend wie zuvor war Dirk Schaadts Spiel auf den Orgelmanualen. Aus einem Klangrinnsal ließ er einen Klangstrom entstehen. Um aus „For Sco“ herauszuhören, dass John Scofield hier als Vorbild verehrt wird, musste man schon ein genauer Kenner von Scofields Kompositionen und Spieltechnik sein. Aber es ging ja nicht um ein Tribute-Stück, sondern um eine Hommage, die Nils Pollheide eben auf seine Art und Weise gestaltete. Zwischenzeitlich hatte man im Übrigen eher den Eindruck, es habe sich Chuck Berry still und heimlich in das Spiel auf den Saiten mit eingeschlichen. Auch eine Ballade namens „Monday“ stand beim Konzert auf dem Programmzettel.

  
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Und schließlich führte uns Dirk Schaadt in die Geschichte der Hammond-Orgel ein, verwies auf dessen Erfinder Laurens Hammond. Er war ein Erfinder, der 100 Patente angemeldet hatte, darunter auch eine Uhr mit ruhigem Federrückzug. Seine  bekannteste Erfindung ist allerdings die elektromechanische Hammondorgel (1934), die eigentlich den Klang eines Orchesters oder einer mehrköpfigen Band enthielt. Daher waren Hammond-Orgelspieler gerne in Bars und Bordellen gesehen, da man neben ihnen nur noch einen Drummer engagieren musste. Das war also mehr als kostengünstig.

Und irgendwann war dann das Konzert mit der Black Dog Groove Society zu Ende. Dieser Abend wird gewiss in Erinnerung bleiben, nicht zuletzt wegen des „Proseminars“ in Sachen Hammond-Orgel, eher ungewöhnlich im Rahmen eines Konzert.

text/fotos A.Panther/F. Dupuis-Panther



Line up
Black Dog Groove Society

Katharina Maschmeyer -  Tenor Saxophon
Nils Pollheide -  Gitarre
Dirk Schaadt -  Hammond Orgel A100
Marcus Möller -  Schlagzeug

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