Hard Bop vom Feinsten: The Toughest Tenors
Das Berliner Jazzquintett The Toughest Tenors, vorne weg die Tenorsaxofonisten Bernd Suchland und Patrick Braun, zeigen sich, so die Selbstdarstellung, frisch und virtuos, rau und direkt. Ihr Fokus liegt auf dem Jazz, der in den 1950er und 1960er Jahren für Furore sorgte und als zeitlos anzusehen ist. Die Band steht dabei in der Tradition der legendären Two-Tenor-Formationen. Längst ist Jazz nicht mehr Teil der allgemeinen Alltagskultur, doch The Toughest Tenors halten diese Art des Jazz am Leben, ganz ohne Verkopftheit, die dem Jazz ja oftmals nachgesagt wird, wenn auch zu Unrecht.
Giganten des Hard Bop
Hard Bop eine Weiterentwicklung des Bebops unter Einbindung von Blues und Soul ist das, was die "Harten Tenöre" im Blick haben. Dabei können sie auf „Vorbilder“ und Protagonisten dieses Jazz-Subgenres zurückgreifen: Art Blakey und seine Jazz Messengers waren für Jahrzehnte die wohl bekanntesten Vertreter dieses Stils. Jazzmusiker wie Horace Silver, der Trompeter Clifford Brown und der Saxofonist Lou Donaldson werden außerdem mit diesem Stil in Verbindung gebracht. Brown war im Übrigen der der Co-Leiter des Max-Roach-Quintetts, das ebenfalls entscheidend an der Entwicklung von Hard Bop beteiligt war. Zu nennen sind in diesem Kontext außerdem die Saxofonisten Dexter Gordon, Sonny Rollins, Cannonball Adderley und die Posaunisten Curtis Fuller und J. J. Johnson. Selbst Miles Davis und John Coltrane nahmen ab 1956 einige Stücke im Stil des Hard Bops in ihr Repertoire auf.
Zu den The Toughest Tenors gehören: Bernd Suchland – er führte auch mit sehr sachkundigen Informationen durch den Konzertabend - und Patrick Braun (tenor sax), Dan- Robin Matthies (piano), Lars Gühlke (bass) und Ralf Ruh (drums).
Es war fürwahr ein Ohrenschmaus Patrick Braun und Bernd Suchland zuzuhören, die sich gegenseitig antrieben, vielleicht auch herausforderten, in einen konstruktiven Dialog einzutreten. Phrase und Paraphrase waren Teil des Konzepts. Dieses Konzept war gänzlich auf die beiden Saxofonisten ausgerichtet, ohne dass die übrigen Musiker nur als Staffagen anzusehen waren.
Hey Lock und
Die Stücke, die ausgewählt worden waren, hatten alle eine enge Beziehung zu Saxofonisten, die die Zeit von Bebop und Hard Bop bestimmt haben. Aufgemacht wurde mit „Hey Lock“, einem Song, den der Tenorsaxofonist Eddie „Lockjaw“ Davis bekannt gemacht hat. Dieser wiederum beherrschte unterschiedliche Jazz Genres und trat u. a. mit Lous Armstrong, Count Basie, Johnny Griffin und Fats Navarro auf.
Die Saxofone, die zu hören waren, gaben sich nicht marktschreierisch und wie zänkische Weiber, säuselten aber auch nicht, sondern waren stimmgewaltig, expressiv und heischten schon um Aufmerksamkeit, derweil Ralf Ruh mit viel Lässigkeit seine Bleche zum Tanzen brachte. Dabei hatte er auch immer eine Note Swing im Ärmel bzw. in seinen Schlagstöcken. Bisweilen aber hatte man auch den Eindruck, der Schlagzeuger gebe den Blechen, aus dem Handgelenk spielend, noch einen mit!
Flott ging es auch bei „Why I was born" zu, ein Titel, der tanzbar schien, obgleich in Zeiten von Bebop und Hard Bop Tanzen zu Jazz längst verpönt war. Die Saxofone gaben sich im Vortrag ein wenig röhrend und im Hintergrund schien auch der Bass ein wenig zu tanzen. Gelegentlich ahnte man beim Spiel der beiden Saxofonisten, dass der Rock 'n Roll in den Startlöchern stand und schon anklopfte. Der Titel „Why I was born“ entstand Im Übrigen bereits 1929 für eine Show und erhielt nun durch The Toughest Tenors ein luftiges Kleid aus Swing und mehr.
Ein bluesiges Korsett von Gene Ammons
„Tubby“ wurde in ein bluesiges Korsett gepackt, ohne dass man dabei an B. B. King oder andere Haudegen des Blues denken musste. Viel Drive und Groove beinhaltete der Vortrag. Dass es auch mal einen deutschen Film gleichen Namens gab, erzählte Bernd Suchland im Nachgang zum Stück ganz beiläufig. Zugleich gab es den Hinweis, dass niemand im Publikum diesen Film wohl kenne. Das war auch alles Nebensache, denn es ging ja an diesem Finaltag der 20. Jazztage Emsdetten darum, den schlagkräftigen Saxofonen zu lauschen, die stets das Zwiegespräch suchten. Losgelassen und losgelöst erschienen die beiden Saxofonisten, Patrick Braun und Bernd Suchland. Mit der Aufführung von „Tubby“ setzten The Toughest Tenors übrigens Gene Ammons ein Denkmal, einem weiteren Tenorsaxofonisten, der eine Ära mitgeprägt hatte.
Eine weitere Legende am Saxofon war Johnny Griffin, und er wurde mit „Abundance“ gewürdigt. Dabei schien es, als wollten Bernd Suchland und Patrick Braun die tonale Himmelsleiter in Windeseile erklimmen. Beschwingt ging es dabei im Lichthof von Stroetmanns Fabrik außerdem zu. Hin und wieder gab es auch einen schnalzenden Zungenschlag zu hören. Nimmermüde, schnurrend und sich beinahe tonal überschlagend so gaben sich die beiden Tenorsaxofonisten an ihren Windmaschinen im Weiteren. Körperschwung schien die Aufforderung, wenn nicht gar Lindy Hop. Doch dafür bot der teilweise bestuhlte Lichthof leider keinen Raum.
Wer ist Melba Liston?
Dass es an diesem Abend nicht nur um Tenorsaxofonisten ging, unterstrich die Wahl des Songs „Melba's Mood“. Wohl kaum einer im Lichthof hatte schon mal von der Posaunistin Melba Liston gehört, die erste im Jazz anerkannte Musikerin. Zu hören war dann von den Toughest Tenors ein feiner Bolero. Es muss ja nicht immer der von Ravel sein!
Der letzte Zug dampfte ab
Anschließend bestiegen wir musikalisch den „Last Train from Overbrook“ (James Moody). Dank Ralf Ruh ratterte da wirklich ein Zug, langsam erst, aber dann … Das Signal zur Abfahrt durfte dabei auch nicht fehlen. Fahrtbegleiter waren anschließend die beiden Saxofonisten, die für die notwendige Energie sorgten, mit der die Zugfahrt ohne Hindernisse fortgesetzt werden konnte.
Zum Schluss stand Count Basie und „The King“ auf dem Programm. Ohne Zugabe verließ das Quartett rund um Bernd Suchland die Bühne des Lichthofs jedoch nicht. Noch immer war das Haus gut besucht, und der Schlussapplaus der Anwesenden kam von Herzen.
Text und Photos: © ferdinand dupuis-panther / Inhalt, sprich Text und Bilder, sind nicht public commons!
Informationen
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http://www.the-toughest-tenors.de/
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