Z-COUNTRY PARADISE: First Album
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WismART zpr1
Wer gehört zu Z-Country Paradise – das ist zunächst die Frage. Wir hören auf dem „First Album“ Jelena Kuljić (voice), Frank Gratkowski (alto sax, bass clarinet, composition), Kalle Kalima (guitar), Oliver Potratz (electric bass) und Christian Marien (drums), die nicht nur etwas zu „My Little Lovelies“ und „Seasons In Hell“ zu sagen wissen, sondern auch in Erinnerungen eintauchen – siehe „Memories“ - und schließlich mit Erfolg („Success“) ihr erstes Album abschließen.
Treibende Kraft dieser Band, die uns irgendwie ein musikalisches Paradies auf Erden verspricht – siehe Bandname – ist Frank Gratkowski. An seiner Seite hören wir die aus Serbien gebürtige Schauspielerin und Sängerin Jelena Kuljić, die uns u. a. Arthur Rimbaud und dessen Dichtkunst näherbringt. Zwischen Anarcho- und Punk-Jazz sowie Post Free Jazz bewegt sich der finnische Gitarrist Kalle Kalima. Der Bassist Oliver Potratz, auch in Kalle Kalimas Band Klima Kalima dabei, ist ein weiteres Glied von Z-Country Paradise. Verwurzelt im Rock und in der improvisierten Musik ist schließlich der Schlagzeuger Christian Marien. Diese Band ist fürwahr eine Melange unterschiedlicher Stilrichtungen!
„What are you up, son of a gun ...“ das ist die Frage, die Jelena Kuljić im Song „Two“ stellt, derweil Gitarrensaiten heftig donnernd schwirren. Infernalisch ist der Klang des Saxofons, das sich dabei in seiner Stimmlage zu überschlagen scheint. Leider findet sich auf dem Cover oder dem Sleeve kein Textausdruck dessen, was uns die Schauspielerin und Sängerin Jelena Kuljić vorträgt, obgleich der Text ein wesentlicher Bestandteil des Vortrags ist. Dabei muss man angesichts des „lyrischen Vortrags“ ein wenig an Jim Morrison denken, bei der musikalischen Untermalung jedoch nicht an The Doors, sondern an Free Jazz und Cream, an Clash und … . „ In the terminate street corner she offers tiny sugar cubes ...“ hören wir. Geflüsterte Textpassagen folgen … zu „knurrigen Gitarrenklängen“. Sprechgesang wechselt sich mit zarten Liedanmutungen ab. Was aber hat es mit dem Titel eigentlich auf sich? „Does anyone see a prayer before goin' to bed ...“ ist ja nicht die Antwort auf diese Frage. So bleibt eine gewisse Ratlosigkeit übrig. Ein Blick in die Liner Notes hilft, erfährt man doch wenistens, dass die Band den Gedichten von Rimbaud sowie auch der Poesie des serbisch-amerikanischen Dichters Charles Simic neue Aufmerksamkeit verschafft.
In „Season In Hell“ ist neben Jelena Kuljić auch Oliver Potratz als Vokalist zu hören. Beide lesen aus „Notebook of the damned“ („le carnet d'un damné“, Arthur Rimbaud) vor. Geflüster, Gelächter, leisee und lauter Vortrag, dazu das Saxofon als reines Atemrohr genutzt, Schmatzlaute, Ausatmungen ins Rohr des Saxofons … „This inspiration prooves I am dreaming … here is the devil who crowned me with such pretty poppies … sind kurze Lyriksprachfetzen, die ans Ohr des Zuhörers dringen und nicht nur für diese muss man aufmerksam zuhören, zumal der Vortrag auch stets durch die übrigen Bandmitglieder musikalisch kommentiert wird. Da meint man dann auch nahe eines Höllenfeuers zu sein, wenn das Saxofon schreit und wimmert, die Gitarre hochtönig kreischt und die Becken klirren.
„Sun light in every room … „verkündet Jelena Kuljić unter anderem in „Clouds Gathering“. Ihr Sprechgesang wird durch musikalische Zäsuren von Gitarre und Saxofon gebrochen. Textliche und musikalische Gewitterwolken entladen sich nach und nach, wenn uns das Gedicht von Simic nahegebracht wird. In diesem heißt es am Ende: „The night suddenly upon us, a starless night. / You lighting a candle, carrying it naked/Into our bedroom and blowing it out quickly./The dark pines and grasses strangely still.“ Dazu hämmert es musikalisch gewaltig. Man fühlt sich beim Zuhörern dann eher an die Klangwelt der alten Stahl- und Walzwerke erinnert. Zischen, Kreischen, Hämmern – das ist es, was wir vernehmen und nicht workplace 4.0.
Schließlich noch ein Wort zum letzten Stück des Albums: „Success“. „What the most successful people do before breakfast / for those of us who have managed to find professional success. / We have to set aside the first hours of our day ...“. Diese und weitere Verszeilen trägt Jelena Kuljić vor, während in textlichen Pausen Frank Gratkowski mit seinem Atemrohr interveniert. Im weiteren entwickelt sich „Success“ zu einer Mischung aus Anarcho-Jazz, Grunge und Punk, oder?
Die Frage stellt sich bereits beim ersten Song: „Ist das Jazz?“ Nein und ja lautet die Antwort. Sicherlich kein Jazz im klassischen Sinne, wenn dann schon eher an Free Jazz angelehnt, aber auch mit Bezügen zur Rockmusik der Gegenwart. So sind auch Elemente von Hard Rock und Grunge zu vernehmen. Es ist gewiss eine Musik, die eher Grunge-Liebhaber, Metal-Freunde und Hard-Rock-Anhänger, also durchaus auch die „Kirchgänger“ vom Festival in Wacken, anspricht. Beboper wenden sich u. U. mit Grauen ab, wenn sie denn nicht offen für Neues sind, und das sollte man unbedingt sein, so meint der Rezensent. Schließlich entwickelt sich Jazz immer weiter, auch Neue Musik. Stillstand gibt es nicht, Grenzgänge schon und die praktizieren Gratkowski und Co. mit Gewissheit und Akribie!
Text © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Label
WismArt
http://wismart.de/
Musiker
Frank Gratkowski
http://gratkowski.com/de/projects/z-country-paradise/
Kalle Kalima
http://kallekalima.com/
Jelena Kuljić
http://gratkowski.com/de/jelena-kuljic/
Christian Marien
http://www.christianmarien.de/
Oliver Potratz
http://www.oliver-potratz.de/