Winfried Gruber - It's Windy, Isn't It?
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ATS Records
Winfried Gruber, Architekt und Musiker zugleich, baute in Wien das Porgy and Bess und in Ravenna die Marina Porto Reno, komponierte Musik für Theater und Kabarett, war mit den eigenen Bands Windup, Too much Orchestra, Chess ’n’ Jazz oder Winfried Gruber Quartet auf Tour und musizierte mit Karl Ratzer, Wolfgang Puschnig, Gil Evans, Pietro Tonolo, Enrico Rava und anderen. Neben instrumentalen Werken sind in Zusammenarbeit mit Karl Sayer zwei Songs, „No need to run“ und das Schlussstück „It whispers“, entstanden, andere folgen einer Inspiration die im Italien der 1960er Jahre ihren Ursprung hat. All das bündelt sich auf dem vorliegenden Album, zu dem Luigi Tenco „Angela“ beisteuerte. Alle anderen Stücke sind aus der Feder von Winfried Gruber. Ihn erleben wir auf dem Album auch als Sänger mit leicht aufgerauter Stimme, dabei durchaus an Bluesbarden wie Van Morrison und andere erinnernd.
Beim Eröffnungsstück meint man, Santana und Salsa reloaded zu erleben, wenn Primus Sitter seine Gitarre bei „Babalotti“ erklingen lässt. „No Need to Run“ hat nicht nur Swing, sondern auch Blueseinfärbungen. Im Kern lebt der Song vom Gesang Grubers vereint mit dem sonoren Saxofonspiel von Klaus Dickbauer. Im Nachgang von Bebop scheint „It's Windy, Isn't It?“ zu stehen. Auch in diesem Stück überzeugt Klaus Dickbauer mit seinen Saxofonwirbeln, die beinahe zu einem Malstrom geraten. Im Nachgang von Dickbauer erleben wir dann Winfried Gruber an den Tasten, energiegeladen und mit „Sprungsequenzen“ beeindruckend. Der Bassist Karl Sayer setzt anschließend den Soloreigen fort. In der Tradition italienischer Barden – man denke möglicherweise an Adriano Celentano oder Angelo Branduardi – trägt Winfried Gruber „Angela vor“. Ein Hinhörer ist das Solo von Klaus Dickbauer auf der Klarinette. Das verleiht dem Stück einen gewissen Hauch Swing. Primus Sitter folgt mit einer Reprise auf der Gitarre. Auch „Angela“ lebt von den Solorotationen und ist nicht ausschließlich auf den Gesang fokussiert – welche Wohltat.
Getragen eröffnet der Pianist Winfried Gruber „Very Old“. Sanft säuselnd setzt danach der Saxofonist mit seinem Gesang ein, ehe sich der Bassist auch mal im Rampenlicht zeigt. Vom Duktus her meint man, zeitweilig ein Lamento zu erleben. Doch dieser Eindruck wird im weiteren Verlauf, durch heiter gestimmte Linien durchbrochen, die Winfried Gruber zu verdanken sind. Auch „A.S.P.“ wird durch Pianopassagen eröffnet wie zuvor „Very Old“. Dabei konzentriert sich Gruber auf tonale Kaskaden, ehe es dann an den übrigen Bandmitgliedern ist, den melodischen Flow zu knüpfen. Das gilt vor allem für den Gitarristen, der feine Klangwolken zeichnet.
Blues oder doch bester Pop aus den 1970er Jahren? – das fragt man sich beim Hören von „No Sugar“. Hört man da nicht auch Frank Zappa durch? In einigen Passagen jedenfalls meint man, dass melodisch und harmonisch „Take Your Clothes Off When You Dance“ zu vernehmen ist. Nun ja, auch dieser Song lebt vom Gesang Grubers, der dabei einen durchaus bemerkenswerten englischen Akzent hören lässt, wenn er einen Ostersonntag besingt und beklagt, dass er keinen Zucker essen darf, da er auf Diät ist. Überaus rockig kommt „Il Ghiacciaio“ daher. Schließlich entführt uns das Quintett nach „Sardinia“: Der Bassist nimmt zu Beginn das Wort und lässt den Bogen über die Saiten streichen. Hintergründig agiert Gruber als Pianist mit melodischen Aquarellierungen. So entsteht ein sehr lyrisches Zusammenspiel zwischen Pianist und Bassist, das bis zum Ende des Stücks anhält.
© ferdinand dupuis-panther
Infos
www.ats-records.com
www.winfriedgruber.com
Tracklisting
01. Babalotti (su ballu de babalottusu) (5:29)
02. No Need To Run (4:12)
03. It's Windy, Isn't It? (4:03)
04. Angela (6:11)
05. Expectation (sehnen und waehnen) (6:19)
06. Very Old (5:59)
07. A.S.P. (5:31)
08. No Sugar (3:45)
09. Impromptu (4:02)
10. Il Ghiacciaio (5:09)
11. Sardinia (5:44)
12. It Whispers (2:24)
Lineup:
Winfried Gruber piano, voice
Klaus Dickbauer altosax, clarinets
Primus Sitter guitar
Karl Sayer bass
Daniel Aebi drums