Willi Landl – Sex Violence
W
Jazzwerkstatt Wien mit Lotus Records, JWR 01/15
Von Hundeleben und Zombies ist auf der aktuellen Scheibe die Rede, vor allem auch über Sex und Gewalt wird gesprochen. Willi Landl scheint dabei an die Tradition von Couplets, Neuer Deutscher Welle und die Blütezeit der deutschen Liedermacher anzuknüpfen und daraus seinen eigenen Texteintopf zu kochen. Typisch für Jazz ist sein Gesang jedoch nicht. Doch Sprachwitz ist Landl sicherlich eigen. Ein wenig Poetry Slamming ist auf der Scheibe ebenso verewigt worden wie auch Rap, dank sei Mieze Medusa, die „dum dum dum“ zum Besten gibt. Es fehlt bei all dem ein typisches Merkmal für Vocal Jazz: Scat Vocal. Stattdessen fordert Landl die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer für Verszeilen wie „du bist so sexy, weil du dich nicht so benimmst, als ob du sexy wärst ...“. Die Kleinschreibung entstammt nicht nur bei dieser Lyrik dem beiliegenden „Booklet“ der CD. Dabei fragt man sich, ob dies eine Provokation und Absicht ist.
Provozierend sind die Texte gewiss, auch derjenige über die Gewaltfantasien im Zug nach St. Valentin. In „sex & violence“ heißt es: „in diesem lied spritzt blut / wilde schlachten werden ausgetragen … und es wird gevögelt / wild gevögelt ...“. Auch andere Verse scheinen rotzig und frech, ja aufmüpfig, allerdings fern des Politischen. Das hat man in Österreich wohl mit dem hintersinnig textenden Georg Kreisler zu Grabe getragen, oder? Halt, ist da nicht doch unterschwellige Gesellschaftskritik, wenn man an „immer dieselbe leier“ denkt und nachstehende Worte hört: „papst spendet segen urbi et orbi / zigaretten werden wieder teurer / der handel ist zufrieden mit dem weihnachtsgeschäft / schlechtes ergebnis beim bildungfest ...“?
Das vorliegende Album ist wohl eher in einen Grenzbereich des Jazz einzuordnen. Es fehlt insbesondere an den instrumentalen Ausschweifungen. Textliche Ausschweifungen haben diese augenscheinlich ersetzt, bei „In der Wanne“ ebenso wie beim musikalischen Verspeisen von einem „Glückskeks“. Das Vokale dominiert, da auch der Pianist Michael Hornek und der Schlagzeuger Christian Grobauer ihre Stimmen erheben. Mieze Medusa rappt mit „dum dum dum“ und provokanten Zeilen wie „wir verlangen das unmögliche, kirschen ohne kern / ohren, die uns offenstehn, heimat ohne vorurteil/am himmel bitte mehr als nur der stern, der deinen namen trägt“. Nur der Bassmann Stefan Thaler bleibt seiner brummenden Linie treu.
© ferdinand dupuis-panther
Informationen
Musiker
http://www.willilandl.at/