Wheels live im Trefpunt Gent 2014
W
chopstick
Hinter dem Ensemble Wheels verbergen sich der in Gent beheimatete Gitarrist und Hornist Mathias Van de Wiele, der italienische Kontrabassist Manolo Cabras und der belgische Schlagzeuger Jakob Warmenbol.
Wir hören die Aufnahmen eines Livekonzerts, beginnend mit der Gemeinschaftskomposition „Sweet disturbances“, über „Ragba-Haring“ (M. Van de Wiele) und „Work“ (T. Monk). Mit „Second life“ (Wheels) hören wir eine weitere Gemeinschaftskomposition, ehe „Krik-Krak“ (M. Van de Wiele) das vorliegende Album abrundet.
Die Gitarre schwirrt, der Raum vibriert, das Schlagwerk agiert teils schleppend. „Süße Verwirrung“ („Sweet disturbances“ ) wird gestiftet, mit und ohne sprunghaften Saitenklang. Nichts ist von „the guitar gently weeps“ zu vernehmen. Nein, diese Gitarre, die Van de Wiele zum Klingen bringt, ist rotzig und eine Rockröhre. Lyrik liegt hier in weiter Ferne, in die auch so manche Saitenfrequenz enteilt. Lauscht man den vielfältigen Klangfetzen, dann meint man, während der Rush Hour als Fußgänger Augen- und Ohrenzeuge dessen zu werden, was sich auf den Verkehrsachsen Brüssels abspielt – ein klangliches Inferno.
Gebrochene Melodielinien vernehmen wir, wenn „Ragba-Haring“ zu hören ist, dominiert von der E-Gitarre, die Mathias Van de Wiele mit und ohne Fußpedale in Szene setzt. Vorhersagbar scheint nicht, was Van de Wiele seinen Saiten entlockt. Die tiefsten Saiten eines E-Basses kommen in Schwingungen, wenn nach Van de Wiele Manolo Cabras seinen Spielraum erobert und sich Van de Wiele in den Hintergrund zurückzieht. Interessant ist das Wechselspiel, in das Cabras und Van de Wiele verstrickt sind. Dabei dringt Van de Wiele durchaus in Klangbereiche vor, die entfernt an Jimi Hendrix erinnern. Zumindest scheint dessen Geist im Raum zu sein, wenn das Trio Jazzrock und Fusion zelebriert. Bisweilen ist das Saitenspiel von Van de Wiele so atemberaubend, dass man Alvin Lee glatt darüber vergessen kann.
Wie, ja wie zaubert man Monk in die Welt von rockiger Jazzgitarre und rotzigem Bass? Das Trio Van-de-Wiele-Cabras-Warmenbol zeigt es, wenn auch hier und da eingefleischte Monk-Kenner das Klink, Klank, Klonk, das so typisch für Monks Spielauffassung ist, vermissen werden. Nur der Bass bleibt in einem gewissen Monk-Modus, derweil die E-Gitarre alsbald aus diesem ausschert. Van de Wiele versteigt sich in das Spiel einer verzerrten Gitarre und lässt die Gitarrensaiten hemmungslos vibrieren. Feinsinniges „Dreiklang“-Spiel ist nicht angesagt, sondern ungebändigte Klangwucht. Hier und da versteigt sich Van de Wiele dann auch dazu, das klassische Jazzgitarrenklangbild ironisierend aufzugreifen. Das geschieht vor allem dann, wenn Cabras seinen elektrischen Tieftöner zupft. Anschließend lässt Van de Wiele seine Gitarre jaulen und wimmern. Darunter liegt ein nervöses Schlagwerkspiel.
Zum Schluss gibt es dann „Krik-Krak“ für die Ohren: Eigentlich geht es wohl mehr um Rabatz, auch wenn nach dem ersten Schwall der E-Gitarre nur der Bass brummend seine Kreise zieht und im Hintergrund Besen übers Blech fahren. Oder bringt der Bass die Bleche zum Vibrieren? In der Ferne vernimmt man Stimmen des sich unterhaltenden Publikums, ehe dann die E-Gitarre über den Bass herfällt und das paraphrasiert, was zuvor zu hören war. Dann brodelt der würzig-feurige„Jazzrock-Eintopf“ für einige Augenblicke. Eine Lücke, die die Saiteninstrumente einräumen, nutzt der Schlagzeuger zu seinem ausführlichen Solo. Mit spitzen Klangansätzen meldet sich der Bass dann wieder. Es klingt wie das Schieben eines nassen Daumens über den Bauch eines Kontrabasses oder eines gespannten Trommelfells. Schließlich hört man die rumorende und brodelnde Gitarre von Van de Wiele. Rabatz, Rabatz – so scheint das Motto zu lauten.
Text: © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Label
chopstick
http://www.chopstick.be
Musiker
Mathias Van de Wiele (B) – guitar, alto horn
http://www.kwadratuur.be/interviews/detail/mathias_van_de_wiele/
Manolo Cabras (I) – bass
http://manolocabras.com/manolocabrasbio.php
Jakob Warmenbol (B) – drums
https://soundcloud.com/jakobwarmenbol