Various artists - Live at the bird’s eye jazz club, Vol 22 – No compromise
Various
The bird’s eye jazz club
Bei der jetzigen CD gibt es keine musikalischen Grenzen. Ohne Kompromiss – so auch der Titel des Albums - wurden die Stücke zusammengestellt. Sicher, diejenigen, die die Auswahl getroffen haben, haben ihre eigenen Vorlieben, die sich in der weit gefächerten Auswahl manifestieren. So können wir eine swingende Version von „Syeeda’s Song Flute“ (comp. John Coltrane) hören, die im Rahmen der Hammond-Woche im Sommer 2020 aufgenommen wurde. Kein Geringerer als Renato Chicco ist an der Hammondorgel zu hören.
Aufgemacht wird mit einer Verneigung vor Thelonious Monk, wenn „Monks Mood“ erklingt. Dabei lebt das Arrangement vor allem von den beiden Bläsern, dem Trompeter Lukas Thoen und dem Tenorsaxofonisten Christoph Grab. Nein, das Monksche „Plink, Plank, Plonk – Monk“ fehlt weitgehend. Die Bläser folgen ihrem eigenen Duktus, auch und gerade in ihren Solobeiträgen. Den Anfang mit Solointermezzos macht dabei der Trompeter Lukas Thoen. Er verbreitet ausgesprochene Klangfrische, begleitet vom Bassisten Bänz Oester und dem Drummer Pius Baschnagel. An das Trompetensolo schließt sich Christoph Grab an, der paraphrasierend auf seinen Trompete spielenden Mitmusiker eingeht. Das ist Hörgenuss pur. Ob das Arrangement nun im Monk-Duktus angelegt ist oder nicht, spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle. Es ist auf alle Fälle voller Dynamik und aus großer Geste heraus entwickelt.
Auch der Standard „You Don’t Know What Love Is“ (comp Gene de Paul) wurde für die aktuelle Zusammenstellung ausgewählt. Trotz der mehrköpfigen Band gibt es keinen traditionellen „Big-Band-Klang“ zu erleben. Das oftmals bei Standardarrangements vorhersehbare Wechselspiel von Tutti und kurzen Soli ist bei dem Konzertmitschnitt nicht gegeben. Mit zahlreichen langen Soli der Bläser wird der bekannte Song aus dem Great American Songbook vorgestellt. Zu diesen Bläsern gehören Joe Magnarelli (trumpet), Don Braden (tenor sax) und Rik van den Bergh (baritone sax). Alle drei zeigen ihr beeindruckendes Können in dem temporeichen Arrangement, das ganz auf sie abgestellt ist. Dass dieser Titel rein instrumental eingespielt wurde und nicht im Nachgang von Nina Simone oder Billie Holiday mit Gesang ist aus Sicht des Rezensenten ein Plus. So kommen die Bläserstimmen gänzlich zur Geltung, auch das sonore, vollmundige Baritonsaxofon, das durch Rik van den Bergh in allen tiefen Registern vorgestellt wird. Nachfolgend kann der Zuhörer außerdem einem beinahe berauschenden Trompetensolo lauschen, dank an Joe Magnarelli.
Zudem sind Stücke wie „The Beehive“ und „Happy 13“ auf der aktuellen CD zu hören. Übrigens, man achte aufmerksam auf Maurus Twerenbold an der Posaune, der in „Happy 13“ das eine oder andere Mal das musikalische Zepter in die Hand nimmt. Überaus melodiös ist die Komposition „La Ceremonia“ die geradezu einlädt, in die Musik einzutauchen, und in der auch – selten genug im Jazz der Gegenwart – ein Vibrafonist, nämlich Jorge Rossy, nicht zu überhören ist. Doch die ersten Takte gehören dem Pianisten und dem Stakkato des Drummers, ehe dann der Vibrafonist ins Geschehen eingreift und sich lateinamerikanischer Rhythmus und die Leichtigkeit des Seins voll entfalten. Nicht unwesentlich ist dabei die Rolle vom Pianisten und Komponisten des Stücks Albert Sanz, der mit seinem Tastenschwung zum Hüftschwung auf dem Parkett auffordert. Nach dessen Part ist es dann an Rossy klangliche Kristallisierungen entstehen zu lassen.
© ferdinand dupuis-panther
Infos
https://www.birdseye.ch/#!/pages/cd-club
Tracklist
CHRISTOPH GRAB’S REFLECTIONS (03/20): MONKS MOOD
Lukas Thoeni: trumpet, Christoph Grab: tenor sax, Bernhard Bamert: trombone, Bänz Oester: bass, Pius Baschnagel: drums
MAURUS TWERENBOLD NON HARMONIC QUARTET (12/19): HAPPY 13
Maurus Twerenbold: trombone, Toni Amadeus Bechtold: tenor sax, Rafael Jerjen: bass, Daniel «D-Flat» Weber: drums
ARNE HUBER QUARTETT (07/19): WHALES
Domenic Landolf: tenor sax, Rainer Böhm: piano, Arne Huber: bass, Jochen Rueckert: drums
VINCENT HERRING – ERIC ALEXANDER QUINTET (02/16): THE BEEHIVE
Vincent Herring: alto sax, Eric Alexander: tenor sax, Victor Gould: piano, Milan Nikolic: bass, Joris Dudli: drums
HILDEGUNN ØISETH QUARTET (02/19): CHASING MY OWN TAIL
Hildegunn Øiseth: trumpet, Espen Berg: piano, Magne Thormodsæter: bass, Per Oddvar Johansen: drums
RENATO CHICCO – ENCOUNTERS TRIO FEAT. JOHANNES ENDERS & JORGE ROSSY (08/20): SYEEDA’S SONG FLUTE
Johannes Enders: tenor sax, Renato Chicco: hammond B3, Jorge Rossy: drums
ALBERT SANZ BAND (03/19): LA CEREMONIA
Jorge Rossy: vibes, Albert Sanz: piano, Javier Colina: bass, Borja Barrueta: drums
JAZZ LEGACY ALLSTARS (08/21): YOU DON’T KNOW WHAT LOVE IS
Joe Magnarelli: trumpet, Don Braden: tenor sax, Rik van den Bergh: baritone sax, Olivier Hutman: piano, Stephan Kurmann: bass, Bernd Reiter: drums