The sound of Italy Spring 2025

The sound of Italy Spring 2025

Various

Auand / Caligola Records

Giulio Gentile Trio / HACKOUT! / Matteo Alfonso & Giovanni Maier

Photo Ortigia © Jos Demol

 



Giulio Gentile Trio -  Dreams’ Museum
Auand


Das zweite Trio-Album des jungen italienischen Pianisten Giulio Gentile, „Dreams' Museum“, erscheint zwei Jahre nach „Insight“. Und genau wie sein Werk aus dem Jahr 2022 umgibt er sich mit denselben bewährten Mitstreitern - Pietro Pancella am Kontrabass und Michele Santoleri am Schlagzeug und Glockenspiel.

„Pietro und Michele...“, erklärt Gentile, “waren bei der Entwicklung dieses Albums unverzichtbar. Ich vertraue voll und ganz auf ihre Entscheidungen und Erkenntnisse über meine Musik. Wenn ich ihnen neue Stücke bringe, lasse ich ihnen oft fast völlig freie Hand bei der Entscheidung, welcher Ansatz ihrer Meinung nach am besten funktioniert. Ich muss zugeben, dass ich ihnen in der Regel keine leichte Aufgabe stelle, aber sie sind immer auf den Punkt. Im Laufe der Jahre haben wir eine musikalische und persönliche Harmonie aufgebaut, und ich hoffe, dass das noch lange so bleiben wird."

Alles fließt, strömt, rauscht, perlt, kaskadiert – so eine mögliche Beschreibung für das Eröffnungsstück „Dream’s Gate“, ein Stück, das mit kristallin anmutenden Passagen ausklingt. Brausender Wind, fernes Donnern, prasselnder Regen in Nieselregen übergehend und mehr – das sind Assoziationen, die sich beim Hören von „Guardians Of      Awakening“ aufdrängen. Dabei bleiben der Duktus des ersten Stücks und die Spielhaltung weitgehend erhalten, wenn der Pianist auch sein Spiel hier und da durch Umspielungen, Sprungformen und Diskantes auflockert. Doch eine gewisse Tieftönigkeit wohnt seinem Spiel schon inne. Verwässerte Sequenzen sind allerdings nicht Giulio Gentiles Passion. Er legt sehr viel Verve in sein Tastenspiel. Das gilt auch für „Life Finds A Way“, das uns von den Melodielinien und dem Duktus eher an den „Kreislauf des Lebens“ erinnert und an die herausragenden Plastiken, die Gustav Vigeland für den Frogner-Park in Oslo geschaffen hat. Er hat sich wie kein anderer Bildhauer mit dem Zyklus des Lebens von der Geburt bis zum Alter befasst. Gentile und seine Mitmusiker versuchen diesen Zyklus nun in Klangformen umzusetzen. Dabei geraten sie in einen Flow, in einen „Lebensfluss“, der sich über den Zuhörer ergießt.

Gentile und Co. nähern sich auf dem aktuellen Album auch den Ahnen, siehe „Ancestral Roots“. Getragen und mit einem Hauch Lament kommt das Stück daher. Eingebunden ist in dieses Stück ein Bass-Solo. Dabei werden die Saiten nur kurz angerissen und verklingen schnell, derweil der Klang des Pianos nachhaltig und anhaltend den Raum klanglich füllt. Ein wenig neoromantische Attitüde wohnt dem Stück obendrein inne, oder? „Unterbewusstes“ gibt es auf dem Album auch wahrzunehmen: „Subconscious“. Und zum Schluss heißt es „Join The Dots“.

© ferdinand dupuis-panther 2025




auand.com

BANDCAMP

Musicians
Giulio Gentile – piano
Pietro Pancella - double bass
Michele Santoleri - drums

Tracklisting
1 Dreams’ Gate
2 In Her Eyes
3 Guardians Of Awakening
4 Life Finds A Way
5 Ancestral Roots
6 Hopscotch
7 Subconscious
8 L’abisso
9 Join The Dots




HACKOUT! – Cortado
Caligola Records


Hackout! ist ein bassloses Trio, das im Rahmen der Jazzabteilung des Konservatoriums von Rovigo gegründet wurde. Das Trio hat bereits drei Alben veröffentlicht, obwohl alle Mitglieder noch jung und mit ihren eigenen oder anderen Bands beschäftigt sind. Der Gitarrist Luca Zennaro stammt aus Chioggia, Altsaxophonist Manuel Caliumi und Schlagzeuger Riccardo Cocetti stammen aus der Provinz Modena. Vier Jahre nach ihrem Debütalbum „Cedrus Libani“, das über das englische Label Slam veröffentlicht wurde, und eineinhalb Jahre nach „Sad Music for Happy Elevators“, einem Live-Album, das bei Caligola erschien, beschloss das Trio, wieder ins Studio zu gehen und neues Material aufzunehmen. Nach wie vor ist der Jazz des Trios lebendig und kraftvoll, aber auch delikat, konzertant und mit Raffinesse versehen.  Von den neun Stücken wurden übrigens  fünf gemeinsam komponiert.

Einer Hymne gleicht das Eröffnungsstück des Trios namens „Cortado“. Zu Beginn brilliert der Altsaxofonist des Trios, ehe dann Luca Zannaro feinste “Saitengespinste webt“ und der Saxofonist seine Stimme darüber legt. Diese klingt so, als hätte man einen Schwarm von Singschwänen bei ihrem Gesang aufgenommen. Bei „That Ancient Feeling“ erleben wir, wie der Gitarrist Seite um Seite seines Klangbuches umblättert und nachfolgend der Saxofonist seine Liedmelodie dazusetzt. Rauschendes Schlagwerk sowie ein Tack-Tack-Tack begleiten den Gitarristen und einen Saxofonisten, der sich in seinem Spiel mit Drehungen, Wendungen und Schleifen des Klangs befasst. Der Gitarrist erscheint als derjenige, der für das Stück eine Klanggrundlage schafft, mit wenigen melodischen Strichen. Ausufernd ist das Spiel des Saxofonisten, der sich auch in Klangsalti zeigt. Und danach löst sich alles auf, kehrt in klassisches Fahrwasser zurück, scheint eine Etüde auf dem Programm zu stehen, je länger das Stück dauert.  Anmutungen barocker Klangwelten sind obendrein partiell auszumachen.

Nachfolgend hören wir „El gran cabrón“ aus der Feder des Saxofonisten. Schrille Gitarrenklänge nebst Donnerrauschen erleben wir zu Beginn. Becken flirren und schwirren ohne Unterlass. Gitarrenklänge sind dabei auch aus dem Off kommend und ins Off verschwindend zu hören. Ein bisschen Hard Rock lässt der Gitarrist nachfolgend aufflammen. Mit eher weicher Stimme überzeugt der Altsaxofonist. Die Musik scheint nur eine Richtung zu kennen: das Vorwärts. Als Zwischenspiel gibt es ein lyrisches Spiel des Saxofonisten zu erleben. Das wird teilweise durch den Gitarristen konterkariert. Mit informeller Geste kommt die Komposition im weiteren daher. Lineares wird gebündelt. Aufgewühlt ist die Rhythmik, die wir erleben, dank an den Saxofonisten.

Eine gemeinsame Arbeit des Trios ist „Sin leche“: Klangfragmente werden addiert und verflüssigt. Fragiles steuert der Gitarrist bei, dabei durchaus klassische Kompositionslinien verfolgend. Derweil lässt der Saxofonist seine Stimme auch in Tenorbereichen erklingen, so der Höreindruck. Verschlungene Linien nehmen wir wahr, die mit denen des Gitarristen eine Art Zopfmuster formen, sich also miteinander verschlingen. Es klingt auch ein wenig nach Kanon, so das Spiel der beiden Instrumentalisten. Up-tempo und ein bisschen Hard-Bop – das ist die „Rezeptur“ für „One for Nacho“. Ehe das Schlussstück „Carajillo“ vorgetragen wird, heißt es „No Ocean for Tonight“ (Caliumi, Zennaro,
Cocetti): Wie bei einer Marching Band agiert zu Beginn der Schlagzeuger, ehe dann die Weichzeichnungen des Saxofonisten den Klangraum ausfüllen. Und der Gitarrist hört sich so an, als spiele er Baritongitarre. Vom Charakter her ist das Stück auch im Stil von Post-Hard-Bop angelegt, oder? Fazit: ein Trio-Album mal jenseits klassischer Besetzung mit Piano und Bass, sondern durchaus auch wie bei „No Ocean for Tonight“ der Welt von Weather Report und von Fusion Jazz zuzuordnen, oder?

© ferdinand dupuis-panther 2025


BANDCAMP

Musicians
Manuel Caliumi (alto sax)
Luca Zennaro (electric guitar)
Riccardo Cocetti (drums)

Tracks
1) Cortado (Caliumi, Zennaro, Cocetti)
2) That Ancient Feeling (Zennaro)
3) El gran cabrón (Caliumi)
4) Sin leche (Caliumi, Zennaro, Cocetti)
5) One for Nacho (Caliumi, Zennaro, Cocetti);
6) El baile de los meñiques (Cocetti)
7) Etere (Caliumi)
8) No Ocean for Tonight (Caliumi, Zennaro, Cocetti)
9) Carajillo (Caliumi, Zennaro, Cocetti)




Matteo Alfonso & Giovanni Maier -  Mingus Revisited
Caligola Records


„Dies ist die Musik von Charles Mingus in einer „Revision“, also das, was von den Meisterwerken des großen afrikanischen amerikanischen Komponisten und Kontrabassisten nach der "harmonischen Selektion", die sie durchlaufen haben, übrig geblieben ist. Die Strategie, die die beiden Musiker gewählt haben, um das Repertoire von Mingus zu personalisieren, ist die gleiche wie die, die er in der Originalversion von „Pithecanthropus Erectus“ verfolgte: Das Thema entfaltet sich in harmonisch variierenden Abschnitten, und die Improvisation entwickelt sich auf einer einfachen, nackten harmonischen Struktur aus wenigen Takten.“ So lesen wir es in einer Presseveröffentlichung des Labels.

Die Besetzung ist minimalistisch: Piano und Bass, mehr bedurfte es nach Überzeugung von Matteo Alfonso und Giovanni Maier nicht, um sich dem großartigen Werk von Charles Mingus zu nähern. Eigentlich läge es nahe, die Originaleinspielungen mit den Adaptationen zu vergleichen. Simultan müsste man sie hören, um herauszufiltern, welche Freiheiten sich Alfonso und Maier genommen haben, Mingus einer Revision zu unterziehen. Doch es ist schon auffällig, dass bereits beim ersten Stück des Albums namens „Dizzy Moods“ der „Geist von Be Bop“ durchscheint und man eher an Monk als an Mingus denkt, wenn das Duo das Stück vorträgt. Dabei spürt man durchaus den „Swing“ in den Linien, die der Pianist mit Sinn für die Basshand spielt. Was wir hören sind „Klangterrassen“, die vor uns ausgebreitet werden und die der Bassist auf seine Weise stoisch begleitet. Im weiteren Verlauf ist der Bassist dann solistisch unterwegs. Nur hier und erklingen kurze Klavierwellen, ehe dann erneut das Thema in den Vordergrund gerückt wird. Wie gesagt, mehr Monk als Mingus, oder?

„Duke Ellington's Sound of Love“ steht im Nachgang auf dem Programmzettel. Beim Hören denkt man an einen „Waltz“ von Beginn des Stücks an, auch beim Tremolo. Zugleich kann man das Bild nicht wegschieben, dass uns die beiden Musiker in die Welt der legendären Nachtclubs entführen. Geschwätzig ist das Publikum, aber die Musiker verfolgen unbeirrt ihre musikalischen Umlaufbahnen. Ein bisschen Musical-Flair und Broadway-Atmosphäre schwingt in dem Stück ohne Zweifel mit. Wüsste man nicht, dass Mingus der Schöpfer der Melodie ist, könnte man auch an Billy Strayhorn denken, oder?

„Nouroog“ ist in den Klangfärbungen stark durch den Pianisten geprägt. Ein besonderer Hinhörer ist der kurz gestrichene Bass zu wiederkehrenden Piano-Motiven. Übrigens, in Mingus’ Werdegang erhielt das Stück veränderte Titel: Als „Duke’s Choice (Don’t Come Back)“ wurde es 1962 aufgenommen; später als „Noon Night“.

„Orange Was the Colour of Her Dress, Then Blue Silk“ ist eine weitere bekannte Mingus-Komposition. Zur Entstehungsgeschichte sollte man Nachstehendes wissen: Ein Mädchen verliebt sich in einen Pianisten, kauft ein orangefarbenes Kleid und bittet nun den Pianisten, einen Song für ihr Kleid zu komponieren, mit dem Hintergedanken, dass sich nichts auf Orange reimen lässt. Charles Mingus erhielt von Robert Herridge den Auftrag, die Musik zu dem Film namens „A Song of Orange in It“ zu schreiben. Damals schrieb man die Jahre 1959 bzw. 1960. Und nun haben die beiden Musiker Alfonso und Maier das Stück ihrer Auffrischungskur unterworfen. Hören wir die ersten Takte des Stück, so müssen wir an Ragtime und Boogie denken. Doch das ändert sich mit den Bassinterventionen. In Klangabgründe werden wir entführt, wenn eine raue Bassstimme zu hören ist. Wie ein sprudelnder Quell des Klang mutet an, was der Pianist zum Stück beiträgt. Da ergibt sich auch ein gewisser Klangstrom, teilweise kaskadierend, teilweise perlend.

Der Titel „Free Cell Block F, 'Tis Nazi U.S.A.“ hört sich durchaus politisch, vor allem aber provokativ an.  Ob Mingus auf ein Südstaaten-Gefängnis mit Elektrozaun anspielt und die USA mit einem Nazi-Staat vergleicht, scheint oberflächlich nahezuliegen. Doch man muss auch wissen,   das zunächst „Jive Five, Floor Four“ als Titel der Komposition vorgesehen war. Und ein wenig Jive kann man tatsächlich aus dem Stück heraushören. Gleichsam als Hommage an Thelonious Monk ist „Jump Monk“ zu verstehen. Darin enthalten sind die typischen Monkschen Phrasierungen und „Sprungelemente“ mit Pling-Plang-Plong … . Mit „Eclipse“ runden die beiden Musiker ihre Verneigung von einem der wichtigsten Bass-Spieler und Komponisten des Jazz der 1950 ff. Jahre ab.

© ferdinand dupuis-panther 2025


Info
https://www.caligola.it

Musicians
Matteo Alfonso (piano)
Giovanni Maier (double bass)

Tracklisting
1) Dizzy Moods
2) Duke Ellington's Sound of Love
3) Nouroog
4) East Coasting
5) Celia
6) Orange Was the Colour of Her Dress, Then Blue Silk
7) Free Cell Block F, 'Tis Nazi U.S.A.
8) Jump Monk
9) Eclipse
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