Laika Records double...

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Various

Laika Records

Martin Wind, Jim McNeely, Ed Neumeister – Counterpoint und For Free Hands featuring Alaa Zouiten – The Passing on of the fire

 





Martin Wind, Jim McNeely, Ed Neumeister
Counterpoint


Der Bassist Martin Wind, der aus Flensburg stammt und eines der Gründungsmitglieder des Bundesjazzorchesters unter der Leitung von Peter Herbolzheimer war, lebt seit seinen Studienzeiten in der Neuen Welt. Seit 1997 ist Martin Wind Dozent an der Jazzabteilung der New York University. Zusammengespielt hat er mit allen, die in der Welt des Jazz Rang und Namen haben wie Lalo Schifrin, Monty Alexander, Pat Metheny, Slide Hampton, Mike Brecker, Randy Brecker sowie Johnny Griffin, Mike Stern und Benny Golson.

Nun liegt seine neue Einspielung vor, die er mit einem Trio aufgenommen hat. Neben Wind am Bass, hören wir Jim McNeely (piano) und Ed Neumeister (trombone). Der Albumtitel lautet in der Übersetzung „Gegenbewegung“ oder „Gegenpol“. Das bezieht sich expressis verbis auf den Bass und die Posaune, wie man dem Ankündigungstext zum Album entnehmen kann. „Es geht um die Dualität der beiden Bassinstrumente Kontrabass und Posaune, während das Klavier kommentiert“, erklärt Wind.

Aufgemacht wird das Album mit „Hiatus“ (Jim McNeely), ehe dann drei Kompositionen von Martin Wind folgen, nämlich „Remember October 13th“, „Last Waltz“ und „Counter my Point“. Zu hören sind aber auch „Gmunden“ (Ed Neumeister) und „Extra Credit“ (Jim McNeely). Mit „In the Wee Small Hours of the morning“ (David Mann / Bob Hillard), einen Jzaz-Standard, findet das Album seinen gelungenen Abschluss.

Vertieft man sich in das Album, dann ist das Gegenpolige nicht unbedingt offensichtlich. Eher lenkt die Posaune mit ihrem dunkel-kehligen Klang die Aufmerksamkeit auf sich. Gegenspieler erscheint der Pianist, der mit seinen Kaskadierungen aufhorchen lässt. Eher bedeckt zeigt sich über weite Strecken der Bassist.

Zu Beginn des Albums werden wir von einer durchaus beschwingten Note eingefangen. Dabei erklingt „Hiatus“. Verhalten-leise und mit „Minutenschlägen“ macht „Remember October 13th“ auf.  Es ist  am Pianisten uns ins „Thema“ einzuführen, ehe der Posaunist sein Instrument mit vollen Vibrationen zum Einsatz bringt, teilweise röhrend und mit Bassstimme. Aber auch in diesem Stück ist ein wenig Swing verborgen, folgen wir den weiteren Melodielinien, die der Posaunist bestimmt. Wir scheinen dabei in die Welt von „Round Midnight“ einzutauchen, oder? Das perlende Spiel des Pianisten verbindet sich im Fortgang des Stücks mit den behäbigen Saitenklängen des Basses. Beim Hören des Basses vermeint man die Schritte einer gewichtigten Person vor Augen zu haben. Im Gegensatz dazu versteigt sich der Pianist in eher kristallene Klangformen. Beim Solo von Martin Wind allerdings werden dem Tieftöner auch zerbrechlich erscheinende hohe Töne entlockt. Die beantwortet der Posaunist mit einem dunklen Timbre und einer Art Wowwowow. Der nachfolgende „Last Waltz“ zeichnet sich durch die lang gezogenen Klanglinien des Posaunisten aus. Kommentierend erscheinen dazu die hochtönigen Tastenspiele des Pianisten. Durchwirkt von klassischer Musik erscheint das, was der Posaunist zum Besten gibt, derweil dann der Pianist Klangmäander entwickelt. Insgesamt ist das Stück sehr getragen und bisweilen auch melancholisch ausgeformt.

Im Weiteren soll auch auf „Counter my Point“ eingegangen werden. Sehr expressiv und in der Betonung der Basshand zeigt sich anfänglich der Pianist. Ehe dann der Posaunist das paraphrasiert, was der Pianist vorgetragen hat. Anschließend erscheint der Pianist mit tonalen Wiederholungen, während der Posaunist weitläufige Passagen anstimmt, die dann in solche mit kurzen Amplituden übergehen. „Tonale Sprungsilben“ sind auszumachen, wenn der Fokus auf dem Pianisten liegt. Dabei werden bildlich „Trittsteine des Melodischen“ gezeichnet. Dem Posaunisten obliegt es im Nachgang dann für Tempo und Dynamik zu sorgen. Als Gegenspieler erweist sich bis zum Schluss der Pianist. Hier wird dann auch das oben genannte Gegenpolige entfaltet.

Zu hören ist zudem „Gmunden“ (Ed Neumeister). Mit Dämpfer wird die Posaune teilweise gespielt. Der Pianist setzt harte Zäsuren und bewegt seine Finger auch in den Diskant. Wähwäh lässt die Posaune von sich hören. Wie eine Collage erscheint das, was dann an unser Ohr klingt. Dabei sind die Handelnden der Pianist und der Posaunist. Und dann ist es wieder da, das Wähwähwäh und kristallines Sprudeln – dank an den Pianisten.

Schließlich noch ein Wort zu „Extra Credit“ (Jim McNeely): Wild klingt der Beginn des Stücks. Dabei vereinen sich Posaunist und Pianist in ihrem Klangspiel, scheinen musikalische Klecksbilder im Sinne von Jackson Pollock zu schaffen. Dann jedoch scheint es auch Anlehnungen an Big-Band-Musik zu geben, jedenfalls auf Seiten des Posaunisten. Das ist nur für einen Moment der Fall. Danach verfällt der Posaunist in eine Art „Stakkato-Gebläse“, führt er uns bildlich über Stock und Stein. Auch in diesem Stück sind die Verquickungen zwischen Pianisten und Posaunisten eher vorhanden als mit dem Bassisten. Insoweit ist das Statement von Martin Wind zum Charakter der Musik – siehe oben – nicht ganz einsichtig, auch wenn der Bassist in einem ausführlichen Solo agiert, das in das Stück eingebunden ist.

© fdp2023




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For Free Hands featuring Alaa Zouiten
The Passing on of the fire


„Die Verbindung zwischen dem traditionellen Klang der Oud und den urbanen Jazzklängen der Band hat einen einzigartigen Sound kreiert, der sowohl eingängig als auch fesselnd ist. Diese harmonische Verschmelzung hat uns als Musiker herausgefordert – und zugleich begeistert“. So beschreibt Alaa Zouiten die Zusammenarbeit mit der Berliner Fusion Band „For Free Hands“. Mit dem Album verbindet der Gitarrist und Bandleader Andreas Brunn zudem ein Anliegen, gleichsam als Hommage zu verstehen: „Ich wollte unbedingt an Hans (Anm. Gemeint ist der Schweizer Bassist und Chapman-Stick-Virtuose Hans Hartmann) erinnern, der im vergangenen Sommer nach langer Krankheit verstorben ist. Mit einer verjüngten Rhythmusgruppe geben wir das Feuer, das Hans mitentfacht hat, nun an eine jüngere Generation weiter“, erklärt Brunn mit Blick auf das Lineup. Der aktuellen Band gehören neben Andreas Brunn der Saxofonist Vladimir Karparov (BG), der E-Bassist Roberto Badoglio (IT) der Drummer Diego Piñera (UY) und der Oud-Spieler Alaa Zouiten (MAR) an. Es handelt sich um fünf Musiker aus fünf Nationen!

„Kaleidoscope Freedom“ – im Jahr des 25-jährigen Mauerfalljubiläums entstanden -  besticht durch sein rhythmisch ausgefeiltes Arrangement. Anlehnungen an Jazz Rock sind nicht zu überhören. Fließende Linien – dank an den Saxofonisten  und an den Gitarristen – machen das Stück aus. Dabei kann man stellenweise von einem Dialog der genannten Instrumentalisten reden. Und auch die Oud nimmt solistisch ihren Raum ein, ist ein buntes Steinchen in einem musikalischen Kaleidoskop.  Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass auch ein wenig R&B in das Stück verwebt wurde. „Armandos`s Rhumba“ hat Brunn dem 2021 verstorbenen Jazz-Pianisten und Begründer des Jazz Rocks Chick Corea gewidmet. „Chick Coreas Tod hat mich sehr getroffen. Deshalb wollte ich eine seiner Kompositionen bearbeiten. So ist dieses Arrangement im 9/8-Takt entstanden“, so Brunn. Dabei hören wir einen stark rhythmisch durchstrukturierten Titel mit einem sehr sonoren Saxofon, das die Klangfärbung über weite Strecken dominiert. Doch zu Beginn kann man durchaus die Vorstellung haben, dass wir in die Musik des Orients entführt werden. Erst nach und nach stellt sich der Rumbarhythmus ein, dabei geführt vom Saxofonisten der Band.  Und so sind wir dann in Montevideo, Rio und in anderen Flecken Lateinamerikas. Auch bei dieser Komposition von Corea entfaltet sich der feine Saitenklang der Oud, die zwischen der Schroffheit von Banjoklängen und sanften Gitarrenklängen einzuordnen ist. Ansonsten lassen uns die Klänge des Saxofonisten übers Parkett zu feurigen Rhythmen schweben, so wir denn wollen.

Andreas Brunn hatte schon immer ein Faible für krumme Taktarten und Kompositionen, in denen zwei Metren gegeneinander zu arbeiten scheinen. So geschieht es in dem Stück „Brotherhood of 7“, seinem Bandkollegen Diego Piñera gewidmet. Eher lyrisch ausgeformt erscheint das Stück, wenn auch durch rockige Anmutungen durchzogen. Bisweilen meint man eine Melange aus Fleetwood Mac, Jeff Beck und Dire Straits umhülle uns, erweitert um ein wenig United Jazz&Rock Ensemble, oder? Herausragend erscheint das virtuose Spiel des Saxofonisten, der nie überdreht, sondern seine „gedrehten Klanglinien“ zum Besten gibt. Aber auch Andreas Brunn hat mit seinem elaborierten Saitenspiel hohen Anteil an den klanglichen Ausformungen des Stücks. Wie gesagt, dabei scheinen dann auch einige der Rocklegenden der Vergangenheit lebendig zu werden, so Jeff Beck und Alvin Lee.

An einen Tanz erinnert auf den ersten Höreindruck „Hada Makan“, geprägt durch die Saitenklänge der Oud, die solistisch herausgestellt wird. Im Gefolge vernimmt man die stoischen Basslinien des E-Bassisten und die verspielten Tonsilben, die der Gitarrist zum Stück beisteuert. Sehr heiter klingt, was wir hören. Und man kann sich durchaus eine Szene mit Schlangenbeschwörern, Gauklern, Tänzern und Musikanten in einer der traditionsreichen Städte Marokkos vorstellen, zum Beispiel Meknes oder Fez.

„Killer Joke“ – zugleich erste Single des Albums – hat Andreas Brunn Hans Hartmann gewidmet. Dieser hatte sich beim Komponieren vom Jazz-Standard „Killer Joe“ (Benny Golson) inspirieren lassen. „Die an ein lautes Lachen erinnernde Melodiefigur zeugt vom verschmitzten Humor, den ich an Hans so mochte“, so erinnert sich Brunn an seinen langjährigen Weggefährten und Bandmitgründer. Beinahe an einen irischen Reel muss man beim weiteren Zuhören denken, oder? Sehr bewegt und dynamisch erscheint das Stück, dazu tragen der Saxofonist und vor allem Andreas Brunn in ihren solistischen Intermezzos bei. Bisweilen entwickelt sich auch ein Zwiegespräch zwischen beiden. Spielt da Vladimir Karparov  nicht gar Sopransaxofon?

Verneigt sich Andreas Brunn bei „Thanks Kenny“ bei dem 2020 verstorbenen Kenny Wheeler, der in dem Film „Music for Black Pigeons“ als Wegbegleiter des dänischen Gitarristen Jakob Bro in Erscheinung tritt? Spekulation? Voller Elan kommt das Stück daher, durchsetzt von den eher dunkel gefärbten Oud-Klängen und weitgehend getragen von der Stimme des Saxofonisten, der wohl sein Tenorsaxofon erklingen lässt. Mit lichten Farbklecksen, die wir von den Luministen her kennen, agieren im Weiteren der Gitarrist und der Oud-Spieler. Das ist ein sehr expressives und expressionistisches Unterfangen.

Mit „Antonios Night“ erinnert Brunn an seine Nachwendezeit in Berlin, wo er zeitweilig als Gastgitarrist in der Band des spanischen Sängers Antonio el Rhumbero spielte. Die Oud gibt dieser Komposition einen ganz eigenen Klangtupfer fern von klassischem Flamenco im Sinne von Manita de Plata. Mit „Two Faces“ schließt das aktuelle Album und damit auch die Verneigung vor Hans Hartmann.

© fdp2023/ap 2023

 



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