Virta - Hurmos
V
Svart Rec.
Wer denn die Vorstellung pflegt, dass es neben Iira Rantala und Verneri Pohjola keine weiteren Jazzmusiker im fernen Finnland gibt, der muss sich eines Besseren belehren lassen. Aus meiner Sicht war der Auftritt der jungen Musiker von Virta auf der Jazzahead 2017 ein wahrer Lichtblick. Da paarten sich Elektronisches und Rockmusik, verabreichten die Musiker Jazz-Rock- und Fusion-Infusionen, wandelten auf den Spuren des späten Miles Davis und machten sich wohl wenig Gedanken darum, ob sie nun Jazz-Rock oder ein anderes Sub-Genre musikalisch bedienten.
Virta, ein Trio aus Helsinki, besteht aus Antti Hevosmaa (trumpet, vocals, electronics), Heikki Selamo (guitar, vocals, electronics) und Erik Fräki (drums, percussion, electronics). Deutlich wird aus der Instrumentierung der Band, das diese weit von einem klassischen Jazz-Trio entfernt agiert. Das Harmonieinstrument Klavier wurde ausgespart, auch der Kontrabass wurde zur Seite gestellt. Vokales und Elektronik ist nichts, wofür sich die Band schämen müsste. Im Gegenteil sie macht es zu ihrer Aufgabe, beides einzubinden.
Mit dem Track „Aallot“ macht die vorliegende Veröffentlichung auf. Anschließend folgen Kompositionen wie „About to Fly“ und „Time Travel“ sowie „Landing“, wobei man aus den Titeln den Eindruck einer Fernreise mit dem Flugzeug gewinnt. „On the Run“ - so lautet der Abschluss des Albums.
Im Off Sirenenklang und „elektronischer Smog“, der vergeht – so präsentiert sich „Aallot“. Blech wird am Rand gestrichen, sodass man den Klang eines Tinitus fast im Ohr hat. Es brodelt stetig, und ein Zischen saust durch den Raum. Hochtöniges liegt über einem Geräuschteppich. Urlaute machen sich breit. Gezwitscher scheint es zu geben. Der Geräuschmix wird intensiver, je länger der Track andauert. Ein Glockenspiel scheint mit von der Partie zu sein oder aber Klangstäbe, die hell und schrill erklingen und dann klangvoll im Raum vergehen.
Nachfolgend unternehmen wir eine Zeitreise („Time Travel“), bei der zu Beginn der Schlag des Uhrwerks imitiert wird. Stoisch geht der Bass seinen Weg, derweil dank allerlei eines elektronisches Zauberkästleins die Gitarre moduliert wird und sich im Gleichklang des Rhythmus bewegt. Die Trompete klingt weniger wie eine reine Trompete, sondern eher wie ein elektronisches Wunderhorn, zu dem die Gitarre gequält zu vernehmen ist, sie außerdem ätzt, ächzt und schwirrt. Inferno scheint angesagt, musikalisches. Geräuschteppiche werden ausgebreitet. Es rockt und ist anschließend kein bisschen leise. Schnarren, Gurren, Schnalzen und Ratschen sind zu vernehmen, Die Melange ist eher an „Tubular Bells“ angelehnt als an Jazz Rock. Das ist aber kein Beinbruch, im Gegenteil diese sehr bunte Kolorierung der Komposition bringt frischen Wind mit sich.
Wer unterwegs abhebt, der wird auch irgendwann mal landen, also steht auch „Landing“ bei Virta im Programm. Doch zunächst muss man bei den spitztönigen Gitarrenklängen an die große Flatter denken und nicht an die Ankunft. Beinahe schwerelos taumelt man durch die akustischen Lüfte, nach hier und nach dort. Treibend ist das Schlagwerk zugange. Überdies hört man ein Xylofon oder ein Glockenspiel, ganz zu schweigen vom gewaltigen Trompetenrausch. Zum Schluss ist man dann mit Virta „On the Road“, begleitet von nervös-agilem Spiel des Schlagzeugers und mit dem dichten Flokati aus verwobenen Trompetenpassagen.
Virta ist nicht puristisch ausgerichtet, sondern durchaus eklektisch. Da dürfen schon mal Versatzstücke eingewoben sein, da darf ein Crescendo die Oberhand behalten und das Elektronische sich selbst feiern. Was für ein Klangrausch aus Helsinki!!
Text: © ferdinand dupuis-panther / Der Text ist nicht public commons!
Informationen
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Virta
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