Verneri Pohjola - Pekka
V
Edition Rec.
In einer Art Hommage an seinen Vater ist das vorliegende Album entstanden. Dabei, so erfuhr ich von Verneri, konnte er nicht einfach das Originalmaterial nutzen, sondern musste Kompositionen umschreiben, um überhaupt Raum für Improvisation zu schaffen. Es ging also von vornherein nicht ums Covern oder um eine Verneigung vor Progressive Rock, sondern darum aus dem vorhandenen Material etwas Neues zu erschaffen, auch und vor allem kompositorisch. Man kann vielleicht im Kontext des Albums von Re-Interpretation sprechen. Dabei geschieht dies durch Verneris besonderen Blickwinkel und Fokus auf das „väterliche Erbe“.
Die Band um den Trompeter Verneri Pohjola besteht aus: Tuomo Prättälä (Fender Rhodes), Teemu Viinikainen (Guitar), Mika Kallio (Drums) und Antti Lötjönen (Bass). Gemeinsam spielen sie – dabei kommt Verneri Pohjola schon eine sehr dominierende Rolle zu, insbesondere bezüglich der Melodiewellen und -strukturen – u. a. „The Dragon of Kätkävaara“, „First Morning“, „Inke and Me“, aber auch „Madness Subsides“ und zum Schluss „Innocent Questions“.
Vorab noch ein paar Worte zu Verneri, der in eine finnische Musikerfamilie hineingeboren wurde und der mit Mutter und Bruder zusammenlebte, nachdem sich seine Eltern getrennt hatten. Der Großvater Verneris, Ensti Pohjola, war ein Amateurdirigent und Komponist, der zudem als Cellist einen Namen hatte. Pekka Pohjola, der Vater, obgleich zumeist abwesend, erlangte Anerkennung in den 1970er Jahren, als er mit der finnischen Progressive-Rock-Band Wigwam auftrat.2008 verstarb Pekka und hinterließ ein umfängliches musikalisches Erbe, das nun einen der beiden Söhne, nämlich Verneri, beschäftigt.
Das aktuelle Album „Pekka“ greift auf Material zurück, das Pekka Pohjola in den letzten zwei Jahrzehnten geschaffen hatte. Zum Album bemerkt Verneri: „Of course I had grown up with Pekka’s music and I had my favourites such as Benjamin, First Morning and The Dragon that I wanted to record. Often I was surprised to find music I did not know but I knew I wanted to find a balance to the whole album. Rediscovering the music was an emotional and therapeutic exercise for me and recording the album provided me with the perfect way to remember him as a father and musician.“
Es existiert m. E. eine gewisse Krux angesichts solcher Alben: Man möchte gerne das Original hören, um dann die Reinterpretationen auch besser wertschätzen zu können. Vielleicht kann man bei „Pekka“ von Jazz Rock sprechen, vielleicht auch von Fusion. Doch völlig außen vor bleibt die Frage nach den kompositorischen Erweiterungen, die Verneri Pohjola vorgenommen hat, weil man sie nur durch Vergleich herausfiltern könnte. Doch das macht der gemeine Hörer wohl kaum!
Der Drachen im gleichnamigen Song scheint zu schmatzen, hin- und herzutippeln, Schrecken zu verbreiten. Zugleich scheint er aber durchaus handzahm zu sein, folgt man der Bass- und Trompetenlinie. Das sind fein gewobene Akkorde und filigrane melodische Passagen, die uns Verneri mit Antti Lötjönen vorträgt. Bisweilen hat man auch die Vorstellung, beide würden eine Landschaft voller Weite weichzeichnen. Einen herrlichen finnischen Sommer am Meer oder an einem der Hunderten von Seen lassen sie entstehen. Aber dann treten Elemente hinzu, die eher dem Hard Rock entstammen und aus der scheinbaren Idylle erwächst eine gewisse sommerliche Turbulenz, die dann auch wieder abflaut und ins Lyrische abdriftet. Hat der Drache sich gerade, um sich anschließend zurückzuziehen? Die Trompetensequenzen scheinen sich nachfolgend zu überschlagen. Das Spiel Verneris erscheint ungebunden und losgelöst, um nachfolgend wieder in eine feste Form einzugehen. Mit den Begriffen marktschreierisch, krawallartig, Rabatz, brassige Ätzungen kann man vielleicht einfangen, was musikalisch mit dem Drachen geschieht.
Solistisch und leicht wehklagend – dank sei Verneri – beginnt „Inke and Me“. Dumpf ist der Bass wahrzunehmen. Durchdringend wie ein Schrei, so kann man die Passagen charakterisieren, die Verneri zufallen. Der Schlagzeuger lässt hierzu seine Bleche schwirren. Zart ist das hintergründige Bassspiel im weiteren Fortgang des Songs. Beinahe an ein Glockenspiel erinnert dabei das, was wir vom Fender Rhodes vernehmen. Derweil wird durch die Trompete eine Art Hohelied angestimmt. Unbeirrt zieht Verneri seine Kreise, schweigt aber, als ein sehr melodisch angelegtes Zwischenstück zu hören ist, für das sich Gitarrist und Rhodes-Spieler melodisch vereinen. Doch wie bereits an anderer Stelle angedeutet, an Verneri und seiner „bulligen Trompete“ kommt man nicht vorbei. Er lässt aber durchaus auch gewissen Raum, wie man bei „Inke and Me“ feststellen kann, um seine Mitspieler zum Zuge kommen zu lassen. Allerdings ist dabei an wahre Entfaltung jenseits der Trompetenallmacht niemals zu denken.
Mit zart angeschlagenen Blechen und stufig angelegten Saitenfolgen macht „Benjamin“ auf. Auf und ab bewegt sich der Blechbläser, und dazu lässt sich die Gitarre in redundanten Formen vernehmen. Fein gewirkt entwickelt sich der Verlauf des Songs. Nicht nur für diesen gilt, dass die Schönheit der Melodie angestrebt wird und auch stets gefunden wird. Jedoch muss man angesichts des Albums konzertieren, dass Jazz Rock nicht gleich Jazz Rock ist. Es gibt also meilenweite Unterschiede zwischen Pohjolas Ansatz und beispielsweise des United Rock and Jazz Ensemble, das in Sachen Jazz Rock in den 1980er Jahren das Nonplusultra war.
Text © fdp
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