VERNERI POHJOLA & MIKA KALLIO - Animal Image
V
Edition Records
Aus der Zusammenarbeit zwischen dem finnischen Jazztrompeter Verneri Pohjola und dem Perkussionisten Mika Kallio entstand der sehr poetische Soundtrack zu dem Dokumentarfilm „Animal Image“. Zu hören sind auf der aktuellen Veröffentlichung die nachstehend genannten Tracks: „Where Do You Feel at Home“, „Outside“, „Foxplay“, „Man, Animal Image“, „Goshawk’s Dream“ und „Animal Image“. Dabei ist die Musik gleichsam das filigrane akustische Gewebe um die Bildsequenzen.
Die Musik fungiert als nonverbale Sprache, in der das Verhältnis von Mensch und Tier erfasst wird. In der Filmerzählung folgt man den Spuren des Fotografen und Autors Heikki Willamo, der sich in die Wildnis des Norden begibt, um dort einen Eindruck von der dem Menschen feindlich gesonnenen Natur und den dort lebenden Bewohnern zu gewinnen.
Zu verdanken ist der Film dem Fotografen und Filmemacher Perttu Saksa, der für das Projekt Verneri Pohjola kontaktierte. Dazu Verneri Pohjola im O-Ton: „He wanted to know if I’d be interested to record some music for his project, that he had been working alone for the past 3-4 years. I was so busy with other stuff at the time, that I almost declined, but decided fortunately to meet him despite my lack of time. I wanted to see what he wanted to show me. When I saw the breathtakingly expressive footage for the first time, I immediately recognized this as something too inspiring to retract myself from. And as the project developed I realized, that probably no other project or person has ever treated my music with such a respect and vision. It was lifted up to the next level. I’m incredibly proud of this project and I hope that you, the listener, take Perttu’s advice and surrender yourself to the world of becoming (an image of) an animal through this music.“
Feinster zerbrechlicher Glockenklang trifft auf eine lang anhaltende, fast samtene Trompetenpassage. So beginnt „Where do you feel at home“. Um im Bild zu sprechen, muss man sich zur Musik wohl tief verschneite Wälder, tief liegende Wolken und dichte Nebelbänke vorstellen. Der Glöckchenklang könnte mit Rentierherden in Verbindung gebracht werden, die durch die Natur streifen. Im Hintergrund nehmen wir ein unterschwelliges Rauschen wahr, das sich durch weite Passagen des Stücks zieht. Zu diesem gesellen sich Schläge auf Felle, die kurz schwingen. Becken flirren und schwirren. Eine Schelle ertönt kurz und spitz. Man hört auch ein Plopp, das über dem konstanten Rauschen liegt. Mit anhaltendem Wind endet das Stück, so der Eindruck.
In ähnlichem Duktus ist auch „Outside“ gehalten. Wie eine Schiffssirene im dichten Nebel erschallt die Trompete. Sie signalisiert Vorsicht. An- und abschwellend sind die Klangformen, die an unser Ohr dringen. Man könnte auch an Jagdhörner denken, die bei einer Hetz- und Treibjagd ihre Dienste tun. Im weiteren Verlauf werden die sirenenhaften Klänge von Brüchen und Pausen begleitet. Das Sirenenhafte verliert sich in der Ferne. Schellen werden zum Klingen gebracht. Fernes Donnergebrüll ist hintergründig wahrzunehmen. Röhrt da ein Hirsch? Man könnte es meinen, sobald Verneri Pohjola die tiefen Farben seiner Trompete zur Geltung bringt. Obendrein scheint er uns auch mit auf die Pirsch zu nehmen. Dabei warnt er mit spitzen Schreien vor aufgestellten Fallen, wenn dieses Bild der Fallenjagd in diesem Kontext überhaupt erlaubt ist.
Nicht allein der wilden Natur, sondern auch dem Menschen ist ein Stück gewidmet. Stetig ist der Schlag, dem man lauscht. Klangimpulse hängen im Raum, durchbrochen von den Linien des Trompetenspiels, das eine Nähe zum Sphärischen erahnen lässt. Wetterleuchten könnte man sich angesichts dessen vorstellen, was uns Verneri Pohjola musikalisch präsentiert. Als musikalische Umsetzung klirrender Kälte kann man außerdem die Sequenzen begreifen, die wir hören. Ab und an dechiffrieren wir auch tiefkehlige Schreie, die in der Weite der Landschaft verhallen.
Zum Schluss noch ein paar Worte zu „Animal Image“, das in der Instrumentierung und im Duktus den anderen Stücken sehr ähnlich erscheint, sieht man einmal vom Nachhallen der Pauke ab, die wir anfänglich wahrnehmen. Zudem wird wohl ein Klangstabbaum zum Klingen gebracht. Ein wenig gespenstisch wirkt das, was die beiden finnischen Musiker im Weiteren zum Besten geben. Bedächtig agiert dabei Verneri Pohjola. Hört man ihm zu, dann kann man sich ein Schneetreiben und Schneegestöber vorstellen. Zieht da ein Schlitten durch die mit Schnee überzogene Landschaft? Hört man die Glöckchen am Hals von Rentieren, die den Schlitten ziehen? Möglich, oder …? Gefährlich und bedrohlich klingt all das nicht. Die Natur scheint gezähmt, dem Menschen untertan. Oder ist das nur unsere idealisierende Vorstellung?
Text: © ferdinand dupuis-panther - The text is not public commons or domains.
Informationen
Verneri Pohjola
http://www.jazzhalo.be/interviews/verneri-pohjola-interview-with-the-finnish-trumpeter/
Edition Records
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