Uli Binetsch/Jörgen Welander - Low Planet
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Low Planet
Was passiert wenn sich ein Posaunist und ein Tubist treffen, die zudem noch Muscheln blasen, was von Loops verstehen und Oktavider (Frequenzteiler) beherrschen? Das kann erleben, wer dem Duo Uli Binetsch und Jörgen Welander auf ihrer jüngsten Veröffentlichung zuhört.
Wer die beiden in ihrer geerdeten Tieftönigkeit verwurzelten Musiker hört, wer sich in deren Wechselspiel vertieft, der meint eine Klangdoppelhelix vor Augen zu haben, in sich gedreht, verschlungen, sich gegenseitig umschlingend.
Beide Musiker bedienen sich bei Pop, Rock und Standards, tragen aber auch eigene Kompositionen vor. Ein Kritiker schrieb über LOW PLANET: „ Dass zwei Bläser knapp zwei Stunden so spannend, fantasie,- und humorvoll unterhalten können, hätte ich nicht für möglich gehalten. Und
das technisch und musikalisch auf Topniveau. Grossartig !“
Mit „Bone up Blues“ macht das Album auf. Zu hören sind aber auch Songs wie „Two Of Us“ und „I Shot The Sheriff“. Chick Coreas „Armando‘s Rhumba“ wurde bearbeitet und mit „The Tuba Rag“ verabschiedet sich das Duo von seinen Zuhörern.
Kehlig, beinahe grunzend ist der bewegte Klangreigen, mit dem „Bone up Blues“ aufmacht, keineswegs dahinschleichend, sondern sehr fetzig, jedenfalls für zwei eher „erdgebundene“ Bläser. Im weiteren Verlauf „verfangen“ sie sich in einem Duett, dabei scheint die Tuba für ein Ostinato und den tief verwurzelten Rhythmus zu sorgen, während sich die Posaune fast losgelöst zeigt, etwas brummig und aus dem Bauch heraus. Beinahe hat man den Eindruck, zwei Mitglieder einer Street Band seien schon mal losgelaufen, um sich mit Blues warm zu spielen, ehe alle anderen noch aufkreuzen.
„Chromatical Fast Food“ so lautet ein weiterer Titel des Albums, der durchaus zarte Brückenschläge zu New-Orleans-Jazz aufweist. Dabei überrascht den einen oder anderen Hörer vielleicht, wie klangvoll und klangmächtig ein Duo von zwei Blechbläsern klingen kann. Da schnurrt es bisweilen und verstrickt sich das Musikerpaar auch immer mehr im Tiefgründigen. Zeitweilig drängt sich der Eindruck auf, die Posaune würde mit einem Dämpfer gespielt. Nach und nach entwickelt sich ein kurzweiliges Zwiegespräch. Wer die Oberhand dabei behält, scheint die Posaune zu sein. Der Tuba bleibt nur übrig, möglichst Schritt zu halten und der vorauseilenden Posaune – bildlich gesprochen – zu folgen.
Getragen und balladenhaft klingt „Two Of Us“. Da scheinen Klangkettenglieder geschmiert ineinander zu greifen, sich die Tuba wortgewaltig zu äußern und im Bass zu verfangen. Bei „I Shot The Sheriff“ - man denke dabei durchaus an Bob Marley und Jimmy Cliff - verwandelt das Duo den jamaikanischen Reggae in etwas gänzlich anderes, zumal neben den Bläsern nun auch noch eine Gitarre mit im Spiel ist, die eher dem Blues als den „Synkopen“ des Reggaes zugetan ist. Es klingt nach Hymne und nicht nach Aufstand und Revolte, wie dies bei Reggae eher der Fall ist, zumal in den Texten. Mächtig das Gehör schmeichelnd ist das integrierte Posaunensolo, das sich über weite Strecken frei des Themas bedient. Erst im zweiten Teil des Arrangements kommt stärker Reggae-Feeling auf. Warum auch nicht?!
„Gärdebylåten“ lässt Mittsommernacht in Schweden und ein Tänzchen auf den ausgelegten Dielen des Tanzbodens aufkommen. Da scheinen auch schwedische Polka und gemeinsames Volkslied-Singen nicht fern. Federführend ist dabei die Tuba, die Jörgen Welander spielt. Und nicht nur das, er singt auch in das Mundstück seines Blechbläsers. Und so geht‘s links herum und dann rechts herum, könnte man sich bei Zuhören vorstellen. Zwischendrin entschwindet man im Jazz und in Improvisationen, denkt an Marching und an Street Bands beim Mardi Gras. Über weite Strecken agiert Welander alleine und zeigt sich dabei als facettenreicher Vokalartist abseits von Lyrik.
Überaus bekannt ist „Armando‘s Rhumba“, den die beiden Blechbläser interpretieren. Und auch bei diesem Stück blitzt hier und da ein glasklarer Gitarrenklang auf. Wer hat den denn beigesteuert? Egal, auf jeden Fall ist das „Gute-Laune-Musik“ schlechthin. Und zum Schluss gilt es noch einmal, die Klangbreite der Tuba zu bewundern: bei „The Tuba Rag“. Von der Low Planet kann durchaus noch weitere musikalische Canapés vertragen, durchaus auch mit Ragtime-Verzierungen, oder?
Text: © ferdinand dupuis-panther – Der Text ist nicht public commons!
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