trio:akkzent: so oder so

trio:akkzent: so oder so

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alessa records ALR 1021

Klassisches Jazz-Trio – das kann ja jeder. Die drei österreichischen Musiker Paul Schubert (Akkordeon), Johannes Münzer (Akkordeon, diatonische Harmonika und Didgeridoo) sowie Victoria Pfeil (Sopran-, Alt-, Tenor und Baritonsaxofon) sind da aus gänzlich anderem Holz geschnitzt.

Sie verzichten auf Kontrabass, Klavier und Schlagzeug. Warum auch nicht; ein Akkordeon lässt sich auch rhythmisch spielen, oder? Auch das Saxofon lässt sich so oder so spielen. So spielen sie denn auch so oder so, mal mit Anleihen an Balkanvolkstänze, mal mit einem Hauch von Musette, mal an Smooth Jazz und mal an Tango angelehnt. Doch immer ist da auch Eigenheit mit im Spiel.

Eine “Gebrauchsanweisung” geben sie den Hörern auch noch mit, da dem Album ein Booklet beigefügt ist. Das Cover zeigt ein Gemälde zwischen Jackson Pollocks Drippings und den Neuen Wilden. In der Innenhülle findet man in Spiegelschrift geschrieben: „Zu Risiken oder Nebenwirkungen fragen sie die Musiker oder den Produzenten.“ Na, wenn das nicht eine Form von Humor ist! Diese setzt sich in der „Gebrauchsanweisung“ fort, wenn beispielsweise die Entstehung des Titels „Desiné“ erläutert wird. Nein, im Französisch-Wörterbuch muss man nicht nachschlagen. Mit dem Begriff für „Entwurf, Zeichnung“ hat der Titel auch nichts zu tun. Es ist auch kein neuer Mädchenname. Als man sich traf, um den Titel zu spielen, war von „das in e“ die Rede, mundartlich „des in e“, und schon war der Songtitel geboren. Übrigens, dabei fällt doch dem einen oder anderen Leser gewiss die Band Iron Butterfly mit "In-A-Gadda-Da-Vida" ein, oder? Eigentlich sollte der Titel des Song „In the Garden of Eden“ lauten, aber Kommunikationsprobleme führten zum dem Songtitel, der die Band überaus bekannt gemacht hat.

Witzig sind auch die lyrischen Zeilen zu weiteren Titeln wie „Liberté 3“: „Freiheit/Reifheit/Reif für die Freiheit/Frei für die Reifheit/Freifheit“. Jandl oder Dada lassen grüßen, oder? Ähnliche humorig-hintersinnige Zeilen finden sich auch bei „La Canción de la confluencia“ und zu „Laub“. Bei letzterem Song heißt es u. a. „Mit Verlaub/Es ist nicht erlaubt/In Laubhaufen zu springen …/ Mit Verleb/Es ist nicht erlebt/in Lebhaufen zu springen ...“.

Schon allein die Form und der Inhalt des beigefügten Booklets setzen sich gegenüber anderen bekannten Plattenproduktionen ab. Irgendwie beschlich den Rezensenten der Eindruck, dass die drei Musiker durchaus einen liebenswerten anarchisch-antiautoritären „Lebensstil“, fernab von Erwartungen und Konventionen pflegen. Sarkasmus und Ironie scheinen ihnen nicht fremd. Sehr sympathisch, solche Akzente zu setzen!

Wie ein junges Fohlen, so scheint es, springt auch die Musik bildlich durchs satte Grün, wenn mit „Jumping Through The Green“ das vorliegende Album aufmacht. Erst sind die Sprünge noch zaghaft, werden dann immer befreiter. Zudem gesellt sich zu den Akkordeons noch das Saxofon hinzu, mit dem es rasend durch das Grün geht, über Stock und über Stein. Das jedenfalls vermittelt der Klanggalopp, den die drei Musiker vollführen. Zudem hören wir noch eine Human Beat Box als Zugabe. Eines der Akkordeons ist eher der Melodielinie verpflichtet, das andere dem Rhythmus. Losgelöst klingt, was wir hören. Schwerelosigkeit, zumindest musikalische, ist angezeigt. Eigentlich bedarf es dann keines Songs mehr, der sich der Freiheit widmet. Doch „Liberté 3“ steht bei den drei Musikern auch auf dem Programmzettel. Nur Fraternité und Egalité fehlen, dann wäre ja die Französische Revolution präsent. Dass sie eine eher distanziert-ironische Position zur viel gerühmten Freiheit haben, zeigt sich in den oben zitierten Verszeilen. Zu Beginn hören wir Klangvibrationen eines Aerophons. Dazu erheben sich beinahe klassisch anmutende Saxofonsequenzen, die dann in eine Art Volksweise übergehen. Von Musette ist jedoch keine Spur, oder doch? Wenn man den Handzuginstrumenten genaustens folgt, scheint französisches Savoir vivre im weitesten Sinne eingefangen worden zu sein. So denkt der eine oder andere ans nächtliche Montmatre, ans Quartier Latin oder an den Spaziergang an der Seine. „Tanz der Barbaren im Donaudelta“ entführt uns in die Welt von Balkanova. Da wird ausgelassen gefeiert mit und ohne Obstbrand. Doch neben der Ausgelassenheit vernimmt man auch Wehmut. Irgendwie kann man erahnen, wo die Wurzeln von Klezmer liegen: auf dem Balkan, wenn nicht dort, dann in Osteuropa. Hier und da musste der Rezensent beim Hören der Musik  an Anatevka denken. Zufall oder Absicht?

Mit dem „Tango alentando“ bewegen wir uns in eine andere Region dieser Welt. Nein, ein finnischer Tango, der getragen, wehklagend und schwermütig daher kommt, ist der vorgetragene Tango nicht, eher mitreißend und auf Piazollas Spuren unterwegs sowie auf die beiden Akkordeonisten abgestellt. Dabei ist es nicht von Bedeutung, dass der Tango nuevo wie auch der Tango classico ohne Bandoneon nicht denkbar ist. Schmeichlerisch umspielt das Saxofon im Verlauf des Tangos das akzentuiert-rhythmische Spiel der Aerophone. Auch „La Canción De La Confluencia“ hat eine unterschwellige Tango-Note. Vor unserem Auge sehen wir die eng umschlungenen Paare über das Parkett gleiten. Knisternd ist die Spannung zwischen den Tanzenden. Erotik liegt in der Luft. Es ist das Spiel von Verführung und Zurückweisung, auch in der Musik. Zum Ausklang können wir uns dann ganz und gar dem „Saxomove“ hingeben.

© ferdinand dupuis-panther

 

 

Informationen

Label
alessa records
http://www.alessarecords.at/jazz-art

Musiker
http://www.trioakkzent.com/english/

Paul Schuberth
http://www.paulschuberth.com

https://soundcloud.com/paul-schuberth-akkordeon/trio-akk-zent-stup


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