Tom Ludvigson/Trevor Reekie - Roto
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Jazzscore
Der Pianist Tom Ludvigson, der als Grafiker auch für das Cover des Albums verantwortlich ist, und der Gitarrist und Radiomoderator Trevor Reekie, beide aus Aotearoa, besser bekannt als Neuseeland, haben dieses aktuelle Album eingespielt. Dabei sind Grenzgänge zur elektronische Musik bewusst gewählt worden. Das spiegelt sich auch in der weiteren Instrumentierung wider. So spielt Ludvigson auch Synthesizer und Reekie steuert Effekte zum musikalischen Geschehen bei. Zudem nutzt er auch einen E-Bow. Was ist das? Der E-Bow ist ein Zusatzgerät für E-Gitarren, das vom Musiker mit der Schlaghand gehalten wird und eine Saite elektromagnetisch in Schwingung versetzt.
Alle Kompositionen, die die beiden Musiker vortragen, wurden gemeinsam erarbeitet. Zu diesen gehören „Roto“, „Catch 23“, „Fantasy Garden“, „The Hourglass“, „Ghost At The Crossing“ und „In A Vision“. Brodeln aus der Tiefe des Raumes ist zu vernehmen. Darüber ergießen sich bei „Roto“ Tastenkaskaden und schrille Klangbilder, die teilweise an vibrierende Klangschalen erinnern. Gitarrensaiten schwirren und schnarren. Im Diskant ergeht sich derweil Tom Ludvigson und schafft so kristalline, transparente Klangbilder. Weicher Saitenfluss trifft nach und nach auf rollenden Tastendonner. Ab und an meint man, auch eine Sitar sei ins Klangbild integriert. Der offene Raum verdichtet sich durch Klangverschränkungen bis zum Ende. „Catch 23“ kommt mit sehr feinen Linien daher, die Trevor Reekie verantwortet. Im Hintergrund wabert und schwirrt wohl ein Synthesizer. Klangschwall setzt sich an Klangschwall, bildlich als sich überschlagende Klangwellen zu sehen. Hört man zu, was die beiden Musiker als Klangformen und -farben präsentieren, sieht man vor dem geistigen Auge schlierige Nordlichter am Himmel vorbeiziehen. Das ist ein grandioses Farbspiel, das dem Klangspiel der beiden Musiker gleicht, die ich sich beinahe schwerelos auf unterschiedlichen Klangumlaufbahnen bewegen.
Gelegentlich scheint in der Musik des Duos psychodelischer Rock präsent. Aus der Tiefe des Sphärenraums heraus entwickelt sich „Fantasy Garden“, treffen „Stundenschlag“ und „Meerestosen“ aufeinander, wenn man ein Bild zur Beschreibung heranziehen möchte. Die Klänge schweben dahin wie schwerer Nebel, der sich nur sehr langsam auflöst, um Frühlingssphären freizusetzen. Der Pianist Tom Ludvigson lässt sein Tastenspiel im Verlauf der Komposition zu einem kristallklaren Flusslauf werden. Die Zeit rinnt im „Stundenglass“ dahin, wenn „The Hourglass“ im Fokus ist. Mal hören wir tiefe und energetische Zäsuren, wenn das Piano erklingt, mal eher rhythmisierte Gitarrenläufe mit langem Nachhall. Das Klavierspiel zeigt sich dramatisch aufgeladen, auch klassisch angelehnt im Duktus. Die Gitarre scheint im Klang ab und an zu einem Banjo zu mutieren und auf den sanften Klangteppich des Synthesizers zu treffen. Verfremdeter Orgelklang erzeugt der Synthesizer, der sich beinahe fernöstlich anhört. Klangvibrationen und Klangwolken, die sich verdichten, sind für das Stück auch charakteristisch. Gelegentlich fühlt man sich aufgrund der Klangcollagen an Dire Strait erinnert. Man denke vor allem an die Musik für den Film „Local Hero“!
Nach „Ghost At The Crossing“, angereichert mit glucksenden Klanggewässern und heulendem Windgefege, folgt dann am Schluss „In A Vision“: Eröffnet wird das Stück von einer bewegten Klaviereinführung mit lyrischen Verschweifungen. Bisweilen hat man im Weiteren als Höreindruck etwas Operettenhaftes im Ohr, leicht und beschwingt daherkommend. Dabei agiert Tom Ludvigson solistisch und Effekte sind abwesend. Das ist ein klanglicher Kontrapunkt zu den übrigen Kompositionen, bei denen Effektwellen und Sphärenklänge durchaus prägend sind.
Text © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Trevor Reekie
http://www.audioculture.co.nz/people/trevor-reekie
https://www.rnz.co.nz/national/programmes/worlds-of-music
Tom Ludvigson
http://www.jazzscore.com/catalogue/filmscores/tomludvigson/tomludvigson.html