Tobias Faulhammer - Da Di Gi Na Dum
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ATS Records, CD 0865
Tobias Faulhammer (Gitarre, Komposition) und Max Tschida (Keyboards, Komposition) riefen im Frühjahr 2015 das aktuelle Bandprojekt ins Leben und hauchten dem Jazzrock der 1970er Jahre neues Leben ein.
Die Band besteht aus: Tobias Faulhammer (Composition, Guitars), Maximilian Tschida (Composition, Keyboards), Sebastian Küberl (Double Bass), Andreas Seper (Drums), Stefan Gottfried (Soprano Saxophone), Christian Müller (Violin) und Robin Gadermaier (Electric Bass). Zu den Blütezeiten von Jean Luc Ponty, Sugarcane Harris oder Didier Lockwood sprach man durchaus von der Violine im Jazz und Jazzrock, aber das ist heute nur eine Fußnote des Jazzgeschichte. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass in Faulhammers Combo eine Violine eine Rolle spielt.
Wer Charlie Marianos Zusammenspiel mit dem Karnataka College of Percussion schätzt, der wird bei Faulhammers sehr auf Rhythmen fokussierten Kompositionen auf seine Kosten kommen. Inspirationsquelle für diese ist die indische Rhythmuslehre Konnakol, deren Silbensprache sich sowohl in zwei Kompositionen als auch im Titel dieser Produktion wiederfindet. Ob John McLaughlin, Pat Metheny, Chick Corea und Keith Jarrett bei der Musik der Band Pate gestanden haben oder nicht, mag jeder selbst für sich entscheiden. Faulhammer gilt in der österreichischen Szene als junger Wilder, der schon mit seinem Debütalbum „A First Taste“ für Aufsehen sorgte. Nun also entführt er uns in exotische, polyrhythmische Welten, die wohl jeden von Anbeginn neugierig machen und in ihren Bann ziehen.
Mit „Shiva“, einer der vielen Gottheiten im Hinduismus und zugleich Teil der hinduistischen Dreifaltigkeit bestehend aus ihm, Vishnu und Brahma, macht das Album auf. Zu hören sind aber auch „DA DI GI NA DUM“, „Huitzilopochtli“ und „Old Plesch“.
„Takedatakedamitakmitak ...“ - das hört man, wenn die Band uns „Shiva“ vorstellt zu Beginn. Diese Lautsprache setzt sich noch ein wenig fort und gibt auch gleich den Rhythmus vor, in den dann sehr auffällig die Violine und auch das Saxofon energetisch einfallen. Hintergründig bleibt dabei der Bass. Im Verlauf ebbt die überbordende Rhythmik ab und ein lyrisches Spiel des Saxofons ist zu vernehmen, hell in der Klangfärbung, gutgelaunt und beschwingt. Das Saxofon ist dabei so dominant, dass alle übrigen Instrumentalisten sich mit Nebenrollen begnügen, sieht man einmal vom Schlagzeuger ab, der seine Sticks auf den Blechen und Fellen unablässig tänzeln lässt. Nach dem Solo des Saxofons ist es dann am Gitarristen eine neue Färbung in die Komposition einzubringen. Beim Zuhören denkt man an die steten Wellen des Ozeans und an die Winde, die sich in Palmwedeln fangen und die den Sand am Strand von Goa aufwirbeln. Ja, man könnte durchaus eine Ähnlichkeit zwischen Faulhammers und Metheneys Spiel konstatieren, aber … Zu den Riffs würden sicherlich auch andere Vergleiche greifen, die allerdings wenig zum eigentlich Verständnis dessen beitragen, was Faulhammer uns hier präsentiert. Denn in der Komposition kommen alle Bandmitglieder, teilweise wir der Schlagzeuger erst gegen Ende des Stücks, zum Zuge. Ein ausuferndes Schlagzeugsolo, das muss angefügt werden, ist im Jazz, zumindest bei Einspielungen, eher rar geworden.
Auch ein russischer Stallmeister am Zarenhofe oder am polnischen Königshof begegnet uns auf dem vorliegenden Album: „Konyushy“. Was können wir erwarten? Pferdehufe, die schlagen, Pferdetrab oder Galoppläufe? Hören wir mal einfach zu: Zu Beginn wird der Bass gezupft und auch ein stetes Schlagen ist zu hören. Dazu gesellt sich ein glockenheller Klang des Keyboards. Dann, ja dann, schlagen dumpf Pferdehufe auf, dank an den Bass wohl, derweil die Violine sich zu Wort meldet. Schlagende Sticks scheinen uns auch denken zu lassen, es gehe im Galopp voran. Gitarre und Violine schweben zwischen Flamencoanleihen und Balkannova. So sieht man vor seinem geistigen Auge auch die Hohe Schule mit Andalusiern und nicht mit Lippizanern.
„Taketatataketata“ … steht am Anfang des Stücks „DA DI GI NA DUM“. Eigentlich hätte man ja bei einem solchen Titel diese Wortlautmalereien und nicht ein „Taketatataketata“ erwarten dürfen, oder? Doch neben dem rhythmischen und mit unterschiedlichen Betonung vorgetragenen „Taketatataketata“ gibt es dann auch beigemischtes „DA DI GI NA DUM“, ehe dann die Post wirklich abgeht. Dabei kommt dem Violonisten eine gewisse Führungsrolle zu, ehe man dann auch eine wimmernde Orgel vernimmt. Ob B3 oder A100 wissen nur die feinsten Ohren zu sagen. Die Orgel und die Violine bringen dann den Jazzrock von Flock, „Nice“, Sugarcane Harris und Brian Auger wieder in unsere Wohnstuben. Die „goldenen Zeiten“ der 1970er und 1980er Jahre, in denen auch der jüngst verstorbene Keyboarder Keith Emerson (Nice, Emerson, Lake & Palmer) zu überzeugen wusste, feiern ihre gelungene Wiedergeburt, dank sei Tobias Faulhammer.
Mit ein wenig Latin Groove weiß uns „Huitzilopochtli“ der „Gott der Sonne und des Krieges“ der Azteken einzunehmen, Latin Flair muss ja nicht immer Santana oder Bossa und Salsa heißen. Doch der Hüftschwung gelingt uns auch bei den Kompositionen von Faulhammer/Tschida mit Leichtigkeit. Wir werden dabei an die Strände von Rio oder auch nach Bahia entführt. Mit geradezu klassischer Attitüde weiß „Old Plesch“ auf alle Fälle zu überzeugen – ein gelungener Abschluss des Albums.
© ferdinand dupuis-panther
Informationen
Label
ATS Records
http://www.ats-records.at
Musiker
Tobias Faulhammer
http://www.tobiasfaulhammer.com