Tim Langedijk Trio: Up North
T
Sand Records TSR 16-01
Steht der in Alkmaar geborene Gitarrist Tim Langedijk angesichts seines neuen Albums Kopf? Oder lässt er den Kopf gen Süden hängen, obgleich das Album „Up North“ heißt? Beim Blick auf das Cover könnte man es wohl meinen. Doch, was er uns präsentiert, ist grundsolide, geerdet, mit Sinn für feine Melodielinien und subtile Harmonien vorgetragen. In seinem Interview mit Donata van de Ven aus dem Januar 2017 verriet der Musiker, dass neben der Klassik von Vivaldi, Mozart und Bach auch Countrymusik eine nicht unwesentliche Rolle in seinem musikalischen Werdegang gespielt hat. Zu verdanken ist das wohl Langedijk sen., wie der Musiker im oben zitierten Interview darlegt. Ob man nun Elvis, Willy Nelson oder Kenny Rogers aus den Kompositionen heraushören kann, sollte jeder für sich entscheiden. Keine Frage ist, dass Tim Langedijk seine Gitarre als sein Sprachrohr begreift, als, so im Interview nachzulesen, ein Verlängerungsstück der eigenen Persönlichkeit. Dass neben den oben genannten Einfluss dann in den Teenager-Jahren auch solche von Charlie Parker und John Scofield dazukamen, erfährt man auch aus dem Gespräch mit Donata van de Ven. Ähnlich wie für John Abercrombie, bei dem Langedijk Unterricht genommen hat, gelte: „I only play what I hear, man!“ Ein gutes Motto, denn alles andere erscheint sehr schnell als aufgesetzt.
Neben Tim Langedijk hören wir auf dem vorliegenden Album den Bassisten Udo Pannekeet, der Langedijk von Anfang an zur Seite stand. 2011 trat der Drummer Hans van Oosterhout dem Trio bei.
Am Beginn des eingespielten Vortrags steht „Current“, gefolgt von „Gerridae“ - beide eine Gemeinschaftsarbeit zwischen Pannekeet und Langedijk. Zu hören sind im Weiteren „Noodle for Tom“, „Up North“ sowie „Mystics“ - Eigenkompositionen von Langedijk. Abgeschlossen wird das Album mit „Guess I'll hang my tears out to dry“ (Jule Styne, Sammy Cahn).
Sphärenklänge dringen bei „Current“ ans Ohr des Zuhörers. Der Bass macht Blop-Blop, und sowohl Drums als auch Gitarre verfallen nach und nach in eine Art Stakkato. Weiche Wellenlinien vernimmt man im Weiteren außerdem. Wahlweise kann man sich dazu Wolkenfetzen am Himmel ebenso vorstellen wie eine leicht aufgeraute See mit niedrigen Wellenkämmen. Anmutungen von Pedal Steel, aber von West Coast Rock scheinen im Spiel von Langedijk präsent, ohne aber den oben genannten Countrybarden nachzueifern. Raum für ein Schlagzeugsolo gibt es bei „Current“, und das ist ja bei Einspielungen schon sehr selten geworden. Dazu vernimmt man überlagernde „Störgeräusche“, die der Gitarrist auf seinem Saiteninstrument erzeugt. „Song of Secrets“ kommt balladenhaft daher. Dabei ist der Melodiefluss nicht frei von einer gewissen Verträumtheit und Süßlichkeit, ohne jedoch in Kitsch abzudriften. Man denke sich dazu einen Sommertag in den Dünen am Strand. Der Wind streicht sanft durch den Strandhafer, trägt Sandkörner ab, zersaust die Frisuren der Sonnenbadenden, spielt mit den Lenkdrachen. Mit solchen Bildern im Kopf verfliegen die Geheimnisse des Songs. Mit dem musikalischen Weichzeichner war Langedijk bei „Noodle for Tom“ am Werk. Sehr lyrisch ausgeformt ist dieser Song, der schon beinahe ins Meditative abgleitet. Irgendwie drängte sich dem Berichterstatter auch der Vergleich mit „Blackbird“ von den Beatles auf, jedenfalls in einigen kurzen Passagen. Aufgeregt und nervös ist Langedijks Spiel mit den Saiten nie. Eher hat man wie bei „Up North“ den Eindruck, klassische Ansätze seien mit verarbeitet worden, ohne gleich den Begriff Etüde in die Debatte zu werfen.
Mit „Guess I'll hang my tears out to dry“ fällt der Vorhang. Dabei bleibt Langedijk seinem Grundduktus und Spielverständnis verbunden, dem Melodiösen, dem Lyrischen, dem bisweilen auch Narrativen. Insoweit ist das Album konzeptionell überaus rund und sehr gelungen.
Text © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Tim Langedijk
https://www.facebook.com/timlangedijk3/
http://www.timlangedijktrio.nl/