Thijs de Klijn Quintet - Factotum

Thijs de Klijn Quintet - Factotum

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Flyin' High Records

„Factotum“ ist das Debütalbum des Quintetts. Faktotum bezeichnet eine Person, die man als „Mädchen für alles“ bezeichnet. Obgleich also der Albumtitel suggeriert, dass im übertragenen Sinne alles machbar und möglich sei, ist dies jedoch im vorliegenden Fall nicht so, obgleich Thijs de Klijn und seine Mitmusiker allerlei musikalische Facetten aufgreifen.

Die aufgenommenen Songs wurden alle von de Klijn komponiert. Dabei scheint er sie den Musikern, die er während seiner Berliner Zeit traf, wie auf den Leib geschrieben zu haben. Zugleich erinnern sie aber mit Titeln wie „Nieuwegracht“ und „De Werf“ an de Klijns Heimatstadt Utrecht.


Zum Quintett gehören nachstehend genannte Musiker: Thijs de Klijn - (Guitar & Compositions), Olga Amelchenko (Alto Saxophone), Musina Ebobissé (Tenor Saxophone), Thomas Kolarczyk (Double Bass) und Mathias Ruppnig (Drums).

Thijs de Klijn (geb. 1990) ist ein niederländischer Jazzgitarrist, der in Utrecht am HKU-Konservatorium graduierte. Er war in den Niederlanden unter anderem mit den folgenden Bands unterwegs: Femme Vanille, Vocking Jazz Kwintet sowie Startas Orkester. Im Sommer 2012 ging er nach New York, um das Debütalbum von Femme Vanille aufzunehmen, das ein Jahr später im North Sea Jazz Club öffentlich vorgestellt wurde. Zwei Jahre nach seinem New-York-Aufenthalt ließ sich de Klijn in Berlin nieder, wo er Mitglied des Pocket-Trios wurde. Im Herbst 2016 kehrte der Gitarrist und Komponist in die Niederlande zurück. Nach wie vor ist er in der europäischen Szene, auch der Berliner Szene, aktiv.

Aufgenommen wurden u. a. nachstehende Songs: „Introduction“, „Alternative Fact“, „Nieuwegracht“, „Interlude I“, „ Factotum“ sowie „The New One“, aber auch „De Werf“ und „Perhaps I should“.

Jedes literarische Werk hat eine Einleitung, auch fast jedes musikalische Werk beginnt damit, so auch im vorliegenden Fall. Dabei hat man den Eindruck, dass sich das Quintett musikalisch aufeinander einstimme und schon mal auslotet, welche Ufer es zu erobern gilt. Free Jazz scheint angesagt.

Nicht etwa dem Bandleader und Gitarristen Thijs de Klijn gehört dabei die durchschlagende und tragende Stimme, sondern den Saxofonisten. Man hätte es sich denken können, dominieren doch im Jazz diese zumeist marktschreierisch aufgelegten Holzbläser, die in den Vordergrund drängen.  

Auch beim Song „Alternative Fact“ gehört das musikalische Zepter den Saxofonen, die im Fahrwasser von Bop zu schippern scheinen, ehe dann de Klijn seinen Sechssaiter ins Spiel bringt. Sein Spiel gleicht einem Wellenritt, bei dem auch Gischt aufspritzt, aber nur wenig. Angesichts der Saxofonlastigkeit des Jazz ist es eine Wohltat, eine andere Klangfarbe zu erleben. Doch das sind wenige Momente, denn nachfolgend ist es wieder einmal ein Saxofon, das uns begleitet, jubilierend, auftrumpfend, aufmüpfig und kein bisschen leise. Im Duett der beiden Saxofone wird ganz deutlich, dass die Komposition, obgleich von einem Gitarristen stammend, nicht so sehr auf den eigenen Leib geschneidert wurde, sondern sich auf die Mitspieler ausrichtet.

Machen wir anschließend einen musikalischen Abstecher nach Utrecht und an die neue Gracht, dann müssen wir auch bei diesem Song konstatieren, dass die musikalische Linienführung einem Saxofon überlassen wird, wenn sich im Hintergrund auch dazu der beinahe samtene Saitenklang abzeichnet. Beim Zuhören gewinnt man den Eindruck eines Grachtenbummels und der Einkehr in ein sogenanntes braunes Café, nicht nur für Lait russe. Sobald der Gitarrist klangliche Interventionen setzt, schlägt die Stimmung des Stücks um. Beschaulichkeit macht sich breit. Die Anspannung fällt ab. Beinahe perlend-pulsierend erscheint Thijs de Klijns Fingerspiel. Auch wenn beim nachfolgenden Saxofonintermezzo der Versuch der Weichzeichnung unternommen wird, so signalisiert der Holzbläser jedoch eher eine gewisse Aufgeregtheit und Aufgewühltheit. Die Gelassenheit scheint passé.

Nach einem ersten Zwischenspiel folgt „Das Mädchen für alles“ („Factotum“): Die Eröffnung gehört dem Drummer und Bassisten des Quintetts. Doch die Saxofonisten können einfach nicht dauerhaft schweigen und reißen das Klangwort an sich. Die Melodielinien können als Ausdruck von Emsigkeit interpretiert werden. Gehupe paart sich anschließend mit einer redundanten Passage, die de Klijn verantwortet. Vollmundig geben sich im Weiteren die Saxofonisten. Dabei könnte man ihnen ein „Ich kann alles“ unterstellen. Angesichts der Besetzung und im Wissen, wer denn eigentlich kompositorisch die Regie führt, wartet man stets darauf, dass sich der Sechssaiter von der besten Seite zeigt. De Klijn tut dem Hörer auch den Gefallen und überzeugt durch ein flottes Fingerspiel, das sich bestens in den Kontext einfügt.

Zum Schluss noch eine Bemerkung zu einer weiteren „Heimatgeschichte“ de Klijns mit dem Titel „De Werf“. Sonor ist der Klang der Holzbläser. Dazu schwingt der Tieftöner mit seinen Saiten. Ist das Stück nicht ein wenig in Hardbop-Tradition gehalten? Vielleicht. Auf alle Fälle vernimmt man bei „De Werf“ nachhaltig den Bass, auch wenn die Holzbläser wie auch in anderen Songs im Fokus stehen. Man hätte sich doch mehr solistische Saitenklänge gewünscht, wenn schon der Bandleader ein Gitarrist ist, oder?

Text: © ferdinand dupuis-panther. Der Text ist nicht public commos.


Informationen

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Thijs de Klijn
https://www.thijsdeklijn.com/
http://www.flyinhighrecords.com/preview/thijs-de-klijn-quintet-factotum/


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