The Spam - Same Same
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Eine Band aus dem Herzen des Ruhrgebiets, das ist The Spam, bestehend aus dem Pianisten Oliver Schroer, dem Bassisten Patrick Siewert und dem Drummer Wilm Flinks. Auf der Homepage des Trios finden sich folgende Charakteristika der Band: „Jungle, Funk und Soul sowie Elemente aus Afro und Minimal Music. Der Zuhörer fühlt sich an frühe Zeiten des Esbjörn Svensson Trios, mal an Philip Glass und mal an Fela Kuti erinnert. Und dennoch finden The Spam einen eigenen Sound, ehrlich und originell.“ Dass man auch an Fela Kuti beim Zuhören denken muss, überrascht, fehlt dem Trio doch die gewaltige Gebläsekraft, die Fela Kuti mit seinen Mannen auf die Bühne brachte.
Der Bandname sorgt für Irritationen, denn „spam“ bedeutet zumüllen (to spam), Dosenfleisch, Frühstücksfleich, im Slang aber auch Arschloch. Was also will uns das Dreigestirn mit ihrem Bandnamen vermitteln? Lassen wir das einmal offen und schieben die Frage beiseite, weil wir uns ja mit dem Album und der Musik befassen wollen.
Es gibt eine klassische Filmszene im Eisenstein-Film „Panzerkreuzer Potemkin“: Ein Kinderwagen rollt die 192 Stufen der Freitreppe von der Innenstadt Odessas zum Hafen hinunter. Und ein ähnliches Bild evoziert vor allem das Tastenspiel von Oliver Schroer in „up&down“. Während der Pianist in seinen Sequenzen eine sehr schnelle Bewegung einfängt, steht der Bassist Patrick Siewert darin ein wenig nach, auch wenn er auf den Saiten seines Instruments eine rollende Bewegung inszeniert. Leicht und beschwingt klingt diese nicht, eher bodenständig und behäbig. Das steht im Gegensatz zu dem leichten Spiel des Pianisten, der ein Loblied auf das „Schwerelose“ anstimmt. Und auch der Drummer Wilm Flinks versteht es gegen Ende des Stück zu den „Zweisprungsetzungen“ des Pianisten für treibende Dynamik zu sorgen. An das legendäre E.S.T. erinnert wahrhaftig „life is a tale (told by an idiot)“, ohne dabei allzusehr lyrisches Klanggarn zu verspinnen. Das Spiel des Trios ist kraftvoll und verliert sich nicht im Banalen. Gesetzte Strukturen sind vorhanden, in denen die drei Musiker agieren. Der Pianist verzichtet auf seichtes Tastenspiel; der Drummer setzt harte Schläge auf die Felle, kurz und ohne Nachhall. Und der Bassist sorgt für den erdigen Klang. Dennoch strahlt das Stück auch eine gewisse Leichtigkeit aus, überzeugt der Bassist in seinem Solo mit feinen Klangverwebungen. Schließlich ist es der Pianist Oliver Schroer, der gegen Ende des Stücks das Thema erneut aufgreift. Beim Hören des Tastenflusses muss man im Übrigen an das stete Dahinströmen eines teilweise röhrenden Gebirgsbaches denken.
Sehr konzertant ausgeformt erscheint „hommage“. Hier und da gibt es Anmutungen an einen Choral oder auch an ein dramatisches Chorwerk. Wer niederländische Seestücke kennt, der wird ansatzweise Parallelen zwischen dem Gehörten und den gemalten Meeresansichten entdecken, wenn auch kein tobendes Meer in den Klangbildern des Trios vorhanden ist. Da nimmt man die stete Wellenbewegung war, sieht in Klangbildern weiße Gischt schäumen, bemerkt den Wechsel von Ebbe und Flut. Schief in den Wellen liegende Schiffe - auch das mag man aus den Sequenzen herauslesen, die der Pianist vorträgt. Nicht nur Dramatisches, sondern auch Lyrisches ist durchaus in den Klangsetzungen vorhanden. Wüsste man es nicht besser, so müsste man beim Solo von Patrick Siewert vermuten, er spiele eine Baritongitarre und keinen bundlosen E-Bass. Nur wen er besingt, das bleibt der Fantasie des einzelnen Zuhörers überlassen. Besingt er vielleicht den Liebsten auf hoher See? „same same“ kommt sehr kraftvoll daher. Nichts erscheint gleich und straft so den Titel Lügen, oder?. Rollende Bewegungen und ein ständiges Vorwärtsstreben bündeln sich in der Musik. Kurzes Tickticktick und ein Eintauchen in einen dunklen Basslauf sind Teil der musikalischen Inszenierung. Und auch hier ist kein „gleich gleich“ zu sehen, selbst wenn die rhythmischen Muster das nahelegen. Übrigens, der Bassist zeigt uns ein „Saiten-Scat-Vocal“, so könnte man formulieren. Verwischte Bluesanleihen sind zu dechiffrieren, wenn der Pianist in die Tasten greift.
Bei „movin‘ in movin‘ out“ ist es erneut der Bassist, der in einem Solo zeitweilig im Fokus steht. Beckenrauschen und flotte Beats im Hintergrund werden von sprunghaften und perlenden Pianopassagen überlagert. Ab und an gleiten die Finger des Pianisten auch in den „kristallinen Diskant“ und lassen dann besonders aufhorchen. Schließlich lässt Patrick Siewert seinen Tieftöner gleichsam tanzen, verabschiedet sich auf Zeit von den dunklen Nuancen des Instruments. Zum Schluss noch eine Anmerkung zu „june“. Dieses Stück birgt durchaus auch Aspekte von Soul in sich und rundet das vorliegende Album wunderbar ab.
© ferdinand dupuis-panther
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