Teun Verbruggen et al - Chasing Penguins
T
Rat Records
In Belgien sind die am Projekt beteiligten Musiker wie Teun Verbruggen, Nathan Wouters, Steven Delannoye, Bram de Looze und André Fernandes ein Begriff. Letzterer, von Hause aus Gitarrist, hat auch die Mehrzahl der Kompositionen geschrieben. Nathan Wouters, dem Bassisten, sind „Lotus“ und „Uphill“ zu verdanken. Auch wenn die Musiker bekannt sind, ist es angebracht, auf die Vita der beteiligten Musiker detailiert einzugehen.
Der Drummer Teun Verbruggen (°1975) graduierte am Brüsseler Konservatorium mit einem Masterabschluss. Er ist eine treibende Kraft in der Szene und ist als Sideman mit dem Jef Neve Trio, Flat Earth Society, dem Alexi Tuomarila 4tet, Karanova und weiteren Bands zu hören. Außerdem arbeitete er mit so bekannten Musikern wie dem italienischen Trompeter Paolo Fresu, dem Mundharmonikaspieler Toots Thielemans, dem Free-Jazz-Pianisten Fred Van Hove, dem Klarinettisten Louis Clavis und dem Vokalisten David Lynx zusammen.
Das Label Rat Records, an dem auch Bruno Vansina maßgeblichen Anteil hat, ist sein „Baby“. Der in Lissabon geborene Gitarrist André Fernandes war unter anderem mit Lee Konitz, Mário Laginha, Chris Cheek, Maria João, Tomasz Stanko, Jeff Ballard, Julian Arguelles, Avishai Cohen, Eli Degibri und Jorge Rossy zu hören. Er ist Mitglied des the Orquestra Jazz de Matosinhos (OJM).
Als Shootingstar des belgischen Jazz kann der Pianist Bram De Looze angesehen werden. Er wurde 1991 in Knokke-Heist geboren und ist auch vom LABtrio her bekannt, zu dem der Drummer Lander Gyselinck und die Bassistin Anneleen Boehme gehören. Vor nicht allzu langer Zeit wurde er mit dem SABAM Jazz Award for 'Young Talent' ausgezeichnet.
Schon früh begann die musikalische Karriere von Nathan Wouters, der mit 14 Jahren bereits der Basssektion dem Jugendorchester Antwerpen unter Ivo Venkov angehörte. 2007 schloss er seine Studien als klassischer Bassist ab und setzte seine Studien an der Jazzabteilung des Konservatoriums in Antwerpen fort, ausgebildet von Piet Verbist und Nicolas Thys. Seinen Masterabschluss erhielt er schließlich an der Universität von Göteborg. Die Liste der Musiker, mit denen er zusammengearbeitet hat, nachstehend: Aki Takase, Rudi Mahall, Kris Davis, Alexi Tuomarila, John Ruocco, Kurt Van Herck, Dré Pallemaerts, Bert Joris, Ben Sluijs, Jeroen Van Herzeele, Joachim Badenhorst, Nicola Andrioli, Erik Vermeulen, Jozef Dumoulin, Teun Verbruggen und Erik Thielemans.
Schließlich ist da noch als Teil des Ensembles der Tenorsaxofonist Steven Delannoye, den man in der Vergangenheit mit Eric Vloeimans, Stéphane Belmondo, Jakob Bro, Bert Joris, Toots Thielemans und dem Brussels Jazz Orchestra hören konnte.
Kurz von einWort zur Cover- und CD-Gestaltung, die Peter Verbruggen zu verdanken ist. Sie scheint sich in einem ähnlichen Feld zu bewegen wie Cy Twombly mit seinen abstrakten Glyphen, Schraffuren, Linien und Ellipsen. Auch das sog. Informell ist präsent. Und schließlich sind auch die Felder von Paul Klee auf dem Cover zu dechiffrieren, oder?
„Dragao“ eröffnet das Album. Dabei vernimmt man das Spiel von Kirchenglocken, so meint man. Allerdings ist das eine Illusion, denn das Kling und das Klang stammen von dem Gitarristen André Fernandes. Ergänzend vernehmen wir sanfte Klangwellen, die der Saxofonist verantwortet. Überdies sind auch Morse-Signale, so hat man den Eindruck, ins Arrangement eingestreut worden. Scharfer Fellklang und Blechgescharre vervollständigen den Höreindruck. Zerrissene Klanglinien treffen auf eine Sinuskurve. Im Weiteren entwickeln sich Klangturbulenzen; es scheint, als würde man bei einer Klangeruption zugegen sein, die auch Zerbrechlichkeiten kennt. Durchaus Momente von Rock zeichnet „Elon Musk“ aus. Schwelgerisch in seinen Tastenläufen zeigt sich Bram de Looze, derweil ihm dabei Steven Delannoye auf dem Saxofon folgt. So entwickelt sich in dichten, aber auch weiten Verschränkungen ein Dialog zwischen Pianisten und Saxofonisten. Beide definieren die Klangpalette des Stücks. Dabei finden sich keine Klangverwässerungen. Im Gegenteil, Bram de Looze setzt starke Akzentuierungen, unterstützt vom versierten Schlagwerkspiel von Teun Verbruggen.
Mit kurzen Beats und einem in sich ruhenden Bass-Spiel von Nathan Wouters beginnt „Uphill“, ehe Bram de Looze in einen kaskadierenden Modus verfällt und das Klavier für einen Moment die Klangfarbe bestimmt. Doch auch Steven Delannoye ist mit im Spiel und lässt sein volles Timbre zur Geltung kommen. Sehr fein, beinahe harfenähnlich ist das Saitenspiel, das den Saxofonsequenzen unterlegt ist. Insgesamt drängt sich der Eindruck des Fragilen auf, zudem die Vorstellung einer nicht abgeschlossenen Entwicklung, die dank des Gitarristen André Fernandes von Gitarrenjaulen geprägt ist. Dann scheinen Black Sabbath und Deep Purple auch nicht mehr fern, oder?
„Inhale“ wird zu Beginn von Teun Verbruggens Schlagwerk bestimmt. Hinzutritt ein beinahe dem Gothic entspringender Gitarrenschwall, wuchtig, kantig, schwarz, aufbrausend, opulent, ätzend, giftig, rotzig. Doch was so eruptiv beginnt, gleichsam als Klangfarbenerguss, wird dann dank des Tastenspiels von Bram de Looze in ruhige Fahrwasser gelenkt. Das aufbrausende Klangmeer ist nun ein spielglattes Wasser mit und ohne Untiefen.
Zum Schluss noch einige Worte zu „Lotus“: Nachhallende Basssaiten schwirren, und dazu vernimmt man ein synkopiertes Schlagwerk. Sanft gestimmt ist das schnurrende Tenorsaxofon, das sich ins Geschehen einmischt. In dessen Fußstapfen bewegt sich der Gitarrist, der die Klangfärbung des Holzbläsers dabei verstärkt. Beinahe hat man den Eindruck man lausche einem Pop-Song im Nachgang von Fleetwood Mac, oder?
Text © fdp
Informationen
http://www.ratrecords.biz
http://teunverbruggen.com
https://open.spotify.com/album/4sISBgndNpI66M1LUs2CwF
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