Tercet Kamili Drabek - Muzyka Naiwna (Music Naive)
T
Soliton
Kamila Drabek ist nicht nur die Bassistin des Ensembles, sondern auch die Bandleaderin und Komponistin. Sie studiert augenblicklich an der Musikakademie in Krakau. Zur Band gehört zudem der 1993 in Krakau geborene Saxofonist Marcin Konieczkowicz, der gleichfalls an der genannten Musikakademie studiert. Als Perkussionist vervollständigt Kacper Kaźmierski das Trio. Und auch er ist Musik-Student in Krakau. Folgende Auszeichnungen hat dieser Perkussionist bisher erhalten: dritter Platz bei der ‘Jazz Drummers Competition’, Grand Prix bei der zehnten Ausgabe ‘Tarnów Jazz Contest’ mit dem Entropia Ensemble, zweiter Preis bei der zehnten Ausgabe ‘Tarnów Jazz Contest’ mit dem Natalia Kordiak Quintet.
Von „Forever Late“, „Demolka“ und „Don't Get Around Much Anymore“ über „Dropsi“ spannt sich der Klangbogen des Trios zu „Rokerka 2“ als Schlusspunkt des aktuellen Albums. Aufmunterndes perkussives Spiel vereint sich bei „Forever Late“ mit einem sanften Tenorsaxofon, das eine liedhafte Weise anzustimmen scheint. Diese Weise wird nach und nach seziert und aufgelöst. Derweil halten das Klick-Klick und das Blechrauschen an, das Kacper Kaźmierski zu verdanken ist. Mit einem gewissen „Klangabstand“ zum Saxofon vernimmt man den Bass, der sich auch solistisch in den Fokus rückt. Bei den Saxofonpassagen hat man unter Umständen das Bild eines kreuzenden Seglers vor Augen, der die mittelhohen Wellen schneidet und sich in den Wind legt.
„Demolka“ lautet der nachfolgende Titel. Wenn die Übersetzung, die der Rezensent gefunden hat, richtig ist, lautete diese „Zerstörung“. Doch vom Destruktiven kann keine Rede sein, wenn man den zarten lyrischen Linien folgt, die der Saxofonist anstimmt. In ihnen zeigen sich Leichtigkeit und Zerbrechlichkeit. Eingefasst in die Tieftönigkeit des Instruments äußert sich auch die Bassistin in ähnlicher Weise, wenn auch in Erdfärbungen. Bei ihren Sequenzen möchte man mitsummen. Zugleich denkt man an ein Sommerlied, oder? Ab und an meint man auch, ein Kirchenlied ausmachen zu können.
„Don't Get Around Much Anymore“ wird von dem Pizzicato der Bassistin eröffnet. In dieses fällt der Saxofonist ein. Dabei legt sich eine flachwellige Linie über den Bass, der ab und an stark rhythmisiert zu vernehmen ist. Im wesentlich lebt das Arrangement aus dem „Wechselgesang“ von Bass und Saxofon. Was würde Duke Ellington wohl dazu sagen, dem der Jazzstandard zu verdanken ist? „Dropsi“ klingt im ersten Moment wie „Drops, Lutschbonbon“. Doch verbirgt sich in diesem Titel wirklich eine süße Versuchung? Wir wissen es nicht, denn entsprechende Informationen durch den Plattenverlag liegen nicht vor. Egal, was wir erleben, ist eine Bassistin, die nachklingende Klangstränge präsentiert und auch schon mal eine klangliche Himmelsleiter emporsteigt. Glöckchen klingen sanft, während der Saxofonist sich im sonoren Singsang wiegt. Das Sonore wird noch durch die Bassistin betont, die Oktaven tiefer als der Saxofonist ins Duett mit diesem einfällt. Abschließend kommen wir zu „Rokerka“. Die Bassistin kommt dabei mit einem durchaus der Popmusik entlehnten Klangschlag daher. Zeitweilig wie Geschnatter und Gezwitscher hört sich an, was der Saxofonist zum Gelingen des Stücks beizutragen hat. Er schwingt sich dabei auf, erregt sich, hat auch marktschreierische Attitüden, zeigt aber auch sonore Abgründe. Die Bassistin verbleibt dabei „erdig gegründet“, lässt sich auch nicht durch das exaltierte Gehabe des Saxofonisten und das fulminante Blechgeschwirr aus der Ruhe bringen. „Rokerka 2“ ist dann nur noch ein nachgeschobenes false ending mit einem Tusch, sozusagen als Schlussakkord zu begreifen.
© ferdinand dupuis-panther
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