Tassin/Hermia/Joris – Midnight Sun

Tassin/Hermia/Joris – Midnight Sun

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Igloo Records

Kurz und knapp lesen wir über das aktuelle Album folgende Zeilen: “‚Midnight Sun‘ explores the horizons of contemporary blues tinged with jazz and African music. Through an organic interplay between guitar, saxophone and percussion, this multi-generational trio delivers an intense musical experience full of freshness.“

Es ist ein auf Grund der Instrumentierung sehr „delikates“ Trio, das sich zusammengefunden hat, hier der Weichklang des Saiteninstruments, dort die Gebläsekraft des Saxofons und schließlich ein Schlagwerk, das sich durchaus Gehör schaffen kann. Doch Chris Joris ist ein so versierter Schlagzeuger und Perkussionist, dass wir ihn auf dem Album in dezent gesetzten rhythmischen Bildern erleben, mit und ohne Besenspiel, aber auch die „Maultrommel des Bauches“, besser bekannt als Berimbau, sensibel einsetzend. Und zu Manuel Hermia ist zu sagen, dass er den kehlig-röhrenden Ansatz für seinen Holzbläser sehr wenig nutzt, sondern weich und sonor sein Instrument in die Klangmelange des Trios einbringt.

Aufmacher ist die Komposition „Elephant“ mit fein gesetzten Saxofon-Notierungen, die nichts mit dem Trompeten eines Elefanten oder dem behäbigen Gang des Dickhäuters zu tun haben. Irgendwie verspürt man afrikanische Rhythmen, das ist gewiss. Und die Musik aus Westafrika, die zeitweilig auch in Europa en vogue war, erleben wir, denken an Fela Kuti und andere – vielleicht. Teilweise röhrt das Saxofon, scheint wie eine tonale Schlingpflanze. Im Hintergrund sorgt Chris Joris für die Untermalung der Szenerie. Spielt da Julien Tassin auch Bariton-Gitarre? Bisweilen denkt man, es sei so, angesichts der durchaus tief gefärbten Lagen. Sie bilden den Gegenpol zu dem hell gefärbten Saxofonklang.

Starke Rhythmik umfängt uns bei „Dissolution“. Eigentlich erwartet man ein Trommelinferno. Doch das bleibt aus. Bassklänge vereinen sich mit Tenor- bzw. Altstimmen. Überlagernde Wellenlinien zeichnet Manuel Hermia. Nach und nach verdichtet sich das Spiel, scheint auf einen Höhepunkt hinzusteuern, auf Entladung ausgerichtet zu sein. Schnurrende Saxofonpassagen begleiten uns, ehe dann der Gitarrist interveniert und im Flageolett das Stück ausklingt. Ähnlich in den Harmonien und Duktus ist das nachfolgende Stück „Midnight Sun“ ausgeformt. Sehr zurückhaltend setzt der Saxofonist sein Instrument ein, bisweilen erlebt man einen fast transparenten Saxofon-Hauch. Spielt Chris Joris dazu auf einem Tontopf, genannt Kudam? Es klingt ein wenig danach. Nach diesem Ohrenschmaus geben wir uns „Organic Soulfood“ hin:  Die Eröffnung gehört dem Schlagzeuger, ehe der Saxofonist mit einem gewissen Klangschwall zu erleben ist. Das Trommeln hält an, auch das zarte Antippen von Blechen und, so hat man den Eindruck, von Glöckchen oder Schellen. Sehr bewegt ist das Stück. Hier und da muss man an eine sich überschlagende Woge denken, folgt man dem musikalischen Geschehen.

In dem gemeinsam komponierten „Rêverie“ hört man den Berimbau, ein Instrument, das aus dem Nordosten Brasiliens stammt und wie gesagt eine Verbindung von „Schlagwerk“ und Maultrommel ist. Fürwahr vom hörbaren Klang im Stück erscheint das Spiel auf dem Berimbau wie das auf einer zart gesetzten Maultrommel. Sehr weich und von der Lage her an ein Altsaxofon erinnernd lässt Hermia seinen Holzbläser erklingen. Lange Linien des Klangs werden entwickelt. Hier und da hört man mal ein kurzes Tick-Tick und ein dumpfes Dum-Dum. Als Begleitung dessen erleben wir die sehr melodisch ausgerichtete Gitarre.

Im nachfolgenden Stück „Talinn“ kann man rätseln, ob der Saxofonist des Trios nun ein Tenorsaxofon in den Fokus rückt oder doch ein Altsaxofon. Ihm ist jedenfalls eine multichrome Gouache des Klang zu verdanken. Dabei überwiegt Sonores und hier und da ein Aufschwung in hohe Lagen. Folgt man den melodischen Linien des Stücks, dann meint man, man höre eine Filmmusik, die uns in die estnische Hauptstadt entführt. Überraschend ist die Schreibweise, denn eigentlich ist Tallinn gebräuchlich. Nachfolgend hören wir das Stück „Twinkle“. Soll uns das ein wenig auf Monks und Coltranes „Twinkle Twinkle“ verweisen?  Mit beinahe etüdenhaftem Ansatz eröffnet der Gitarrist das Stück. Monk ist dabei ganz fern. Das Saitenspiel vereint sich nachfolgend mit dem Saxofonklang. Im Hintergrund ist allerlei Perkussives auszumachen, vor allem zartes Beckenspiel. Besonders hervorzuheben ist das dicht gewebte Zusammenspiel vom Gitarristen mit dem  Saxofonisten. Vernehmen wir da nicht auch fallende Wassertropfen und starke Trommelwirbel? Und wer spielt eigentlich die Bass-Anmutungen? Das dürfte doch Julien Tassin sein, oder?

Gelungener Abschluss des Albums ist: „La Danse des Larmes“ (dt. Der Tanz der Tränen). Dies ist ein Stück in sehr getragenem Duktus. Beinahe zerbrechlich klingen die Linien, die der Saxofonist vorträgt. Schlagwerkrausch nebst dem nuancierten Klang von Udu (?) sowie Congas begleitet den Saxofonisten.  Und dann erleben wir den Gitarristen in der Tradition spanischer Gitarrenmusik und den melodischen Strom des Saxofonisten, den der Gitarrist rhythmisch ausgerichtet begleitet.  Und was hören wir ansonsten: eine männliche Gesangstimme und allerlei Perkussions-Interventionen mit und ohne Triangel oder vielleicht auch Timbales. Aufgeführt sind die Perkussionsinstrumente auf der Album-Hülle nicht, so dass man nur rätseln bzw. raten kann, was Chris Joris gerade in dieses und andere Stücke auf „Midnight Sun“ einbringt.

© Ferdinand Dupuis-Panther 2025




Igloo Records

Musicians:
Julien Tassin - acoustic guitar
Manuel Hermia - saxophone
Chris Joris - percussions, drums

Tracks:
1. Elephant 04:39
2. Blow 05:50
3. Dissolution 03:25
4. Midnight Sun 04:40
5. Organic Soulfood 04:19
6. Firefly 04:48
7. Rêverie 02:22
8. Talinn 03:04
9. Twinkle 04:51
10. La Danse des Larmes 04:43

All music by Julien Tassin, except 5 & 8 by Manuel Hermia and 7 by Tassin/Hermia/Joris
Arrangements by Julien Tassin, Manuel Hermia, Chris Joris


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