Talking Horns: Geschichten aus dem Bläserwald

Talking Horns: Geschichten aus dem Bläserwald

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WestparkMusic 87320

Aus dem Blätterwald den Bläserwald zu machen, ist für ein Bläserensemble eine Kleinigkeit. Dabei scheinen die vier Musiker, folgt man dem Albumcover, ganz losgelöst im Wald unterwegs zu sein, musizierend, mit dem Saxofon Äpfel fangend, dem Slivowitz, der an einem Baumstamm abgelegt ist, durchaus zugetan und auch dem Bocciaspiel.

Überhaupt: Das Album weist viele Referenzen zum Wald auf, betrachtet man auch das Innenleben der Albumhülle. Man entdeckt einen Hirschkäfer, ein Nashorn, eine eingerissene Baumscheibe und einen riesigen Fliegenpilz, um den die vier Musiker herumstehen. Auch eine eigene Landkarte haben die Vier entwickelt, schaut man auf die abgebildete Karte, die nicht allein Einträge wie Köln und Schwarzes Meer enthält, sondern auch Chopin, Pellemelle, Slivowitz und Babel – eine Fantasiewelt pur mit Tuba, Posaune, Saxofonen musikalisch eingeführt und begleitet.

Talking Horns das sind: Achim Fink (Posaune, Eufonium, Tenortrompete, Sousafon …), Stephan Schulze (Bassposaune, Posaune, Eufonium, Tuba, Flügelhorn, Klimbims ...), Andreas Gilgenberg (Altsaxofon, Sopransaxofon, Bassklarinette, Rahmentrommel, Klimbims …) und Bernd Winterschladen (Tenor- und Baritonsaxofon, Bassklarinette und statt Klimbims Glockenspiel!).

Mit „Zwischenräume“ eröffnen die Musiker ihre „Waldgeschichten“, präsentieren uns „Trompetenärmel“ als letzten modischen Schrei aus dem Bläserwald, „besingen“ anschließend „Neun Kölsch vier Korn“ und nachfolgend heißt es dann mit „Slivowitz“ hoch die Tassen. Erst servieren die Musiker „Döner komplett“, um dann anschließend „Zum Tee bei Chopin“ zu bitten. Was es mit den „Helden der Schaschlikbude“ auf sich hat, erfährt der Zuhörer ebenso auf sehr unterhaltsame Weise, ehe am Schluss des Albums musikalisch „Der schmale Grat“ gemeistert wird.

Die „Songs“ sind für Jazz-Kompositionen ungewöhnlich kurz, eher schon an die Länge von Rock- und Popsongs erinnernd. So darf man keine ausschweifenden Improvisationen erwarten, sondern eine kurzweilige musikalische Wanderung durch den Bläserwald, in dem ja, so das Albumcover, auch die Musiker unterwegs sind, mit Slivowitz und Dönerspieß. Nicht zu vergessen ist dabei die Pause vor einem riesigen Fliegenpilz. War dieser etwa Quelle der Inspiration für die Kompositionen? Ein Schelm, wer das denkt!

Hm, das klingt ja anfänglich wie ein Kanon, wenn die geballte Bläsermacht durch den Bläserwald schreitet und in „Zwischenräumen“ unterwegs ist. Über der ostinaten Tuba flattern die Saxofonklänge munter einher. Ein beschwingtes, gar lustig anmutendes Liedchen macht die Runde, auch als die tieftönige Posaune ihre musikalischen Kommentare abgibt. Zwischendrin sind dann auch mal nur die bewegten Klappen des Saxofons zu vernehmen, ehe das anfängliche Thema wieder aufgegriffen wird. Bei „Neun Kölsch vier Korn“ beginnt das (Alt)Saxofon den Melodiereigen, ehe dann Tuba und Posaune mit inbrünstigen Tieftönen dazustoßen. Die beiden Saxofone – Alt- und Tenorsaxofon – lösen sich in der Melodieführung teilweise ab, ehe dann auch die Posaune mal die musikalische Regie übernimmt. Insgesamt hat man auch im weiteren Verlauf des Songs den Eindruck, eine Kanonform zu hören, also kein Halali oder Ähnliches.

Beinahe entfesselt gibt sich dabei die Posaune. Besingt sie das achte oder das neunte Kölsch? Als hätten wir noch nicht genug von geistiger Nahrung in hochprozentiger Flüssigkeitsform, dürfen wir uns dann an dem „Hohelied auf den Slivowitz“ erfreuen. Klanggaloppaden sind zu vernehmen. Über Stock und Stein geht es musikalisch. Auch die Tuba kommt dabei in Wallung oder ist es das Euphonium? Der Balkan scheint ganz nahe zu sein, ausgelassen tanzend und natürlich dem Hochprozentigen zugetan. Schließlich lassen die Musiker den Slivowitz mit „Sli-, Sli,-Slivowitz“ noch hochleben. Wohl bekomm's!

Die Rahmentrommel vereint sich in „Clandestine“ mit dem lang gehaltenen Atemrausch der Bassklarinette. Ist da nicht auch wenig Orient mit im Spiel, folgt man den tänzelnden Klangpassagen, stets geerdet von der Rahmentrommel? Tanzen sich da nicht gerade Derwische in Trance? Mit viel Fantasie könnte man das meinen.

Müsste es nicht eigentlich „Zum Tanztee bei Chopin“ heißen, wenn „Zum Tee bei Chopin“ auf dem Programm steht? Folklore verfremdet ist es, was wir hören. Dabei denkt man beim Zuhören weniger an Chopin als an Mazurka und andere Volkstänze. Außerdem ist ein wenig Humpdahumpda mit im Spiel, ohne so penetrant wie derartige Blasmusik auf bayerischen Volksfesten auszufallen. Kulinarisch-musikalisch geht es bei „Helden der Schaschlikbude“ zu. Dabei lauscht man zu Beginn eher einem Abgesang als einem Freudenlied. Die Klangfarben werden anfänglich nicht zuletzt durch die wehmütig gestimmte Tuba bestimmt. Doch kaum hat sich der Zuhörer auf die Melancholie des Songs eingestellt, ändert sich dessen Charakter. Hat dieser nicht im weiteren Fortgang ein bisschen Anlehnungen an „Hava nagila“? So lasst uns denn tanzen, scheint uns die Musik auf alle Fälle zu sagen.

Huch, ist da Funk mit im Spiel, wenn „Chill“ an unsere Ohren dringt? Der Broadway und Big Band Sound sind m. E. der musikalischen Rezeptur obendrein beigemischt. Der Rezensent musste beim Zuhören hier und da an „Mercy, Mercy,Mercy“ denken, sprich an die Gebrüder Adderley. Schließlich das Finale: „Der schmale Grat“. Dies ist ein Song, der von der Instrumentierung an ein mittelalterliches Lied oder an ein Bänkellied erinnert. Mit diesem Eindruck im Ohr verlassen wir den Bläserwald. Wird es nochmals eine musikalische Waldexkursion geben? Es ist zu wünschen, vor allem wegen der Leichtigkeit der Musik, die die „Sprechenden Hörner“ vortragen und damit Beschwingtheit in den grauen Alltag bringen.

Text © ferdinand dupuis-panther

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WestparkMusic
http://westparkmusic.de/

Musiker
http://www.talkinghorns.de/
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