Swiss Jazz Orchestra feat. Mike Mainieri and Peter Erskine. Pools
S
Mons Records
Mit „Pools – live at Jazzfestival Bern“ erscheint bereits die zweite CD des SJO im Rahmen einer Zusammenarbeit mit dem Internationalen Jazzfestival Bern.
Die Aufnahmen dafür entstanden im April 2015 anlässlich eines Gastspiels, bei dem sich die Big Band mit den US-amerikanischen Jazz-Fusion-Pionieren Mike Mainieri (am Vibrafon) und Peter Erskine (Schlagzeug) präsentierte. Die meisten Stücke – u. a. „Vertigo“ „Dee Minor“ und „Flying Circus“ – stammen aus dem Schaffen von Mainieri und seiner Band Steps Ahead, deren Schlagzeuger, wenn auch mit Unterbrechungen, Peter Erskine ist. Dieser machte sich aber vor allem auch in der Band Weather Report einen Namen - entsprechend vervollständigen Kompositionen von Wayne Shorter („Elegant People“) und Jaco Pastorius („Liberty City“) die vorliegende Auswahl.
Mit einem Sprung in musikalische „Pools“ eröffnet das Album, ehe dann „Flying Colours“ und „Liberty City“ auf dem Programm stehen. Mainieris Komposition „Dee Minor“ wird von Shorters „Elegant People“ gefolgt, das Jaco Pastorius arrangierte. Mit „Vertigo“ und „Bullet Train“ schließt sich der musikalische Bilderbogen, bei dem neben dem Vibrafonisten Mike Mainieri als Solisten auch Stefan Schlegel (tb), Till Grünwald (ts), Roland Wilger (perc), Antonio Schiavano (eb), Lukas Wyss (tb) oder Adrian Pflugshaupt (ss) brillieren.
Ist da nicht der Schlag der Kirchturmuhr zu hören, wenn „Pools“ erklingt und dazu Antonio Schiavano den Ton ebenso angibt wie Mike Mainieri am Vibrafon, ehe das gesamte Orchester, vor allem die Bläser die Hörfarben dominieren? Ich dachte weniger an planschende Badegäste als an eine nächtliche Szenerie mit Partygängern, dem Klang der Kirchenuhr, an nächtliche Cruiser, an hippe Paare in Cocktail-Bars, an Ausgelassenheit am Wochenende, auch und gerade als Jürg Bucher sein Solo „ablieferte“. Graue Katzen schienen nachts ebenso wie streunende Hunde unterwegs zu sein – man lausche mal auf Schiavano am Bass. Auch an die tratschenden und quatschenden Kneipengäste, die vor der Kneipe rauchen und deren Unterhaltung sich anhört, als würde man sich in einem Bienenkorb befinden. Fährt dann nicht quietschend eine Tram um die Kurve – und Mike Mainieri fängt dies mit den Klangstäben ein, die er kurz anspielt?
Wie eine klassische Big Band erklingen bei „Liberty City“ die ersten Takte, ehe dann Mike Mainieri seine Virtuosität am Vibrafon unter Beweis stellt. Doch stets drängen sich wieder Big-Band-Klänge auf. So sind auch immer wieder mal ein wenig Revue und Broadway präsent, wenn auch unterbrochen durch die musikalischen Weichzeichnungen eines Mike Mainieri. Tusch, Tusch, Tusch – und so geht es dann mit „Dee Minor“ los, einer Komposition von Mike Mainieri, in der dieser auch erneut solistisch in Erscheinung tritt. Wäre das Stück stärker in Richtung Fusion arrangiert, so könnte es mit der Filmmusik von „Shaft“ ohne Weiteres auf Augenhöhe konkurrieren. Sehr gelungen ist das Solo des Posaunisten Lukas Wyss, der die gesamte Klangbreite seines Blasinstruments ausreizt. Dabei sind wir dann auch bereits im Modern Jazz und Hard Bop, oder?
Auch ein Stück von Wayne Shorter, nämlich „Elegant People“, wurde vom Swiss Jazz Orchestra eingespielt. Satt im Klang sind nicht nur die Posaunen, sondern auch die anderen Bläser. Bei diesem Stück kommt auch für Peter Erskine die Zeit, am Schlagwerk sein Können zu entfalten, ganz abgesehen von der Virtuosität, die Thomas Knuchel an der Trompete an den Tag legt. Der Charakter des Stücks wandelt sich dabei ein wenig in Richtung von Fusion und Latin Jazz. Das gilt auch für die Sequenzen, die Adrian Pflugshaupt mit seinem Sopransaxofon stimmlich beherrscht.
Zum Schluss besteigen wir den musikalischen „Bullet Train“, komponiert von Mike Mainieri. Schnaufend setzt sich der musikalische Zug nach und nach in Bewegung, angetrieben von Peter Erskine und Mike Mainieri, versehen mit einer Prise Zuckerhut, so meint man. Mehr und mehr nimmt der Zug Fahrt auf. Dafür sorgen der Tenorsaxofonist Till Grünewald, der Vibrafonist Mike Mainieri und der Drummer Peter Erskine. So reisen wir denn mit dem japanischen Hochgeschwindigkeitszug – wenn Mainieri diesen bei dem Songtitel tatsächlich im Sinn hatte, denn Bullet Train ist ein anderer Name für den Shinkansen – durch eine sehr abwechslungsreiche Jazzlandschaft. Let's jazz it.
Text © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Mons Records
http://www.monsrecords.de
Musiker
http://www.swissjazzorchestra.com
Stefan Schlegel
http://www.stefanschlegel.com/
Till Grünewald
http://www.tillgruenewald.ch/en/
Peter Erskine
https://petererskine.com/
Mike Mainieri
http://nycrecords.com/mikemainieri.html/
Jürg Bucher
http://www.juergbucher.ch/recording.htm
Lukas Wyss
http://www.lukaswyss.com/
Adrian Pflugshaupt
http://www.pflugshaupt.com/de/home.php?lang=de