Spinifex – Undrilling the Hole

Spinifex – Undrilling the Hole

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TryTone

Die Intention des Ensembles Spinifex fasst der Altsaxofonist Tobias Klein mit folgenden Worten zusammen: “We want to engage people intellectually with our music, but at the same time we want to overwhelm people in a way that works well with audiences in a sweaty nightclub atmosphere.”

Neun Alben sind in den letzten zwei Jahrzehnten von Spinifex veröffentlicht worden, einschließlich des aktuellen mit dem paradoxen anmutenden Titel „Aufbohren eines Loches“. Divergentes und Dissonantes spiegelt sich auch in den Kompositionstiteln wider:  “Embrace the Contradictions”, “Explode the Paradox” oder “Admire the Ambiguities.” Geschrieben hat alle Titel des neuen Albums Tobias Klein, wenn man so will der Spiritus Rector des Ensembles.

Ursprünglich stammt Klein aus Deutschland, ist aber seit Jahrzehnten in Amsterdam ansässig und heimisch geworden, dabei Teil der ortsansässigen Szene von Jazz und klassischer Gegenwartsmusik. Teil der Band ist der belgische Trompeter Bart Maris, der im Übrigen in Bands wie Think of One, X-Legged Sally und Flat Earth Society spielt. Der portugiesische Bassist Gonçalo Almeida ist sowohl im akustischen Jazz wie in Ambient Musik zuhause, derweil der studierte Astrophysiker und Drummer Philipp Moser neben Spinifex auch in der progressiven Metal Band Cilice zu hören ist. Schließlich ist der amerikanische Tenorsaxofonist John Dikeman Teil des Sextetts und zwar genauso wie der niederländische Gitarrist Jasper Stadhouders.

Gebläse, Gebläse, Gebläse – stürmisch, dynamisch, aufgewirbelt, umtriebig: Das ist der Beginn von „Embrace the Contradictions“. Kurz äußert sich der Gitarrist mit phrasierenden Passagen zu dem Wirbelwind der Bläser. Im Nachfolgenden hören wir im Wechsel die wortgewaltigen Bläser und den solierenden Gitarristen. Ein röhrendes Saxofon löst sich aus dem Kreis der Bläser ebenso wie die nervös und aufgewühlt anmutende Trompete, deren hochtöniger Klang aus dem „Ensemblegesang“ heraussticht. Außerdem löst sich nach und nach die gebundene Ensemblestruktur auf, scheint es ein klangliches Streitgespräch zwischen den einzelnen Instrumentalisten zu geben. Konfrontation ist ebenso herauszuhören wie Dialog und Kommentierung. Wildes Trommeln vereint sich mit fragmentarischen Saiten-Sequenzen. Eine klangliche Windhose dringt ans Ohr des Zuhörers, so könnte man meinen. Der Titelsong „Undrilling The Hole“ kommt im Vergleich zum Eröffnungsstück  eher verhalten daher. Bläser schwirren und vereinen sich mit Bassklängen. Ein wenig nach Wehklagen klingt das, was wir im weiteren hören. Gebrochene Bläserstimmen füllen nachfolgend den Klangraum gepaart mit klanglichen Schraffuren. Nervöses Drumming ist auszumachen und dann erhebt Bart Maris seine Stimme. Trompetenklang in Zick-Zack-Linien  bis in die höchsten Töne vernehmen wir. Dazu rascheln die Bleche unablässig. An Wirrwarr müssen wir angesichts der Klangformen außerdem denken. Klangliches Meeresbeben trifft zudem auf Windgeheul, oder?

„Explode the Paradox“ kommt stark rhythmisiert daher. Aufgeregt äußern sich die Bläser und zugleich meint man, sie wären die Vorboten einer Entladung, die auf sich warten lässt. Vibrationen sind mit Vibrationen verkettet. Losgelöst, so erscheint es, agiert der Trompeter, der gelegentlich auch mal ins Röcheln verfällt. Doch dann sind es glasklare Tonfolgen, die wir hören, ehe dann alle Bläser gemeinsam das Klangbild zeichnen. Orchestrale Anmutungen jenseits traditioneller Formen ziehen sich durch dieses wie auch andere Stücke des Sextetts.

Bei „Admire the Ambiguities“ hat man den Eindruck, Ensemblemusiker würden sich einspielen, jeder auf seine Weise. So entwickelt sich ein klangliches Labyrinth, in dem einzelne Stimmen „Hier, hier“ rufen, so Jasper Stadhouders und Bart Maris. Irgendwann finden dann alle Stimme zusammen, bündeln sich, sind mittig und klingen dann wie das eine oder andere Großensemble ohne Big-Band-Attitüde. Ähnlichkeiten mit Flat Earth Society scheinen gegeben, aber auch an Chris McGregor's Brotherhood of Breath könnte man in diesem Zusammenhang denken, oder? So rasch wie die Bündelung geschah, so rasch lösen sich die verwickelten Klangstränge, und man hat den Eindruck alles gerate aus den Fugen.

„The Big Brother“ ist zum Schluss mit im Spiel. Knarren, Rauschen, Rascheln vereint sich mit Gebläseaufschrei und kurzen Saitenklängen, die schnell im Off verschwinden. Aufgeregtheit durchzieht die ersten Passagen des Stücks. Fragmentarisches wird als Collage miteinander verbunden. Nachhaltig hat man jedoch die Vorstellung, man erlebe Eruptionen, Aufruhr, Demontage. Allerdings entwickelt sich das Stück dann auch wieder in Klangbündeln, aus denen einzelne Instrumentalisten sich herausstellen. So entsteht ein aufregender, nie vorhersagbarer Klangmix, der mitreißt – und das gilt für das gesamte Album.

© ferdinand dupuis-panther




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https://www.spinifexmusic.nl/listen/

Line up
Tobias Klein - alto saxophone, compositions
Bart Maris - trumpet
John Dikeman - tenor saxophone
Jasper Stadhouders - guitar
Gonçalo Almeida - Bass guitar
Philipp Moser - drums

Tracks
1 Embrace the Contradictions 6:55
2 Undrilling the Hole 6:21
3 Tatiana 12:22
4 Explode the Paradox 7:51
5 Admire the Ambiguities 7:31
6 Boiling Up Beautifully 7:55
7 The Big Brother 6:46


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