Soundscape Orchestra - Nexus
S
Domusic Records
Die musikalische Geschichte des Projekts „Soundscape Orchestra“ nahm 2012 ihren Anfang, als es der Perkussionist und Laptop-Künstler Thomas Wingren, der Pianist Adam Forkelid und der Drummer und Arrangeur Calle Rasmusson aus der Taufe hoben. Was dann folgte, war das Schreiben und Arrangieren der Musik für ein zwölfköpfiges Orchester, das erstmals bei einem Festival in Stockholm die Bühne betrat. Ein Jahr nach Gründung des Orchesters wurde dem Projekt finanzielle Unterstützung der Schwedischen Jazzföderation zuteil. Zugleich wurde aus dem zwölfköpfigen Orchester ein Quintett. Futuristischer Elektronik-Jazz war hinfort das Markenzeichen der Band. Über diese Band war unter anderem Folgendes in einer schwedischen Tageszeitung zu lesen: “Soundscape Orchestra succeeds with apparent modesty to crack one of the truly greatnuts. Namely to incorporate new technology and bring jazz forward” (engl. Übersetzung, zitiert nach Johannes Cornell, Dagens Nyheter).
Nunmehr liegt das Debütalbum des Quintetts vor. Das Projekt wurde vom bildenden Künstler Per Josephson begleitet, der nicht nur das Cover schuf, sondern auch zu jedem Stück ein eigenes Kunstwerk kreierte. Die Sammlung der von Josephson geschaffenen Kunstwerke ist während des Liveauftritts des Quintetts als Video-Projektion zu sehen. Zu sehen sind die Kunstwerke aber auch auf der Homepage des Quintetts!!
Basssprünge, perlende Tonfolgen, beinahe symphonische Anmutungen mit Flötenklang, ein Hauch von dramatischer Filmmusik, ein nervöses Schlagwerk im Hintergrund, gewischte Felle, ein nachhaltiges Flötensolo in Begleitung des Basses – das ist die Melange, mit der das Quintett um Thomas Wingren und Adam Forkelid in „Khumbu“ aufhorchen lässt. Dabei ist das Flötensolo eher in der Tradition von Herbie Mann sowie Jeremy Steig als denn Ian Anderson angelegt. Schwirrende Passagen sind zu vernehmen, die nach Synthesizer klingen, aber wohl dem von Adam Forkelid gespielten Rhodes zu verdanken sind. Oder hatte da etwa Thomas Wingren auch seine Finger im Spiel und steuerte Computer gerierte Klangmodule bei? Nachhaltig bleibt der weiche und bisweilen an Vogelstimmen erinnernde Flötenklang in Erinnerung, je länger wir dem Eröffnungsstück lauschen.
„Wicked Waltz“ steht nachfolgend auf dem musikalischen Menü: Sonor ist der Klang der (Bass)klarinette, die durchaus hier und da „schwingt“. Beimischungen von Jazz Rock sind im weiteren nicht zu überhören. Sphärische Untermalungen nehmen wir wahr, aber auch ein brillantes Klarinettensolo zu dem vollen Klang des E-Pianos. Und da ist dann ja auch noch das metallene Tönen des Vibraphons, ehe sich Adam Forkelid zu einem Solo aufschwingt, rasant, sich beinahe überschlagend, mit und ohne Triller, kaskadierend. Dabei klingt das Rhodes hier und da auch wie eine Hammond-Orgel. Es treffen tiefe auf hohe Register; es scheint obendrein so, als ob Adam Forkelid feinste Klangfäden spinnt.
„Dschungelrhythmik“ vereint sich mit dem Hauch orientalischer Kunstmusik – das ist der Eindruck beim Hören von „Nexus“. Erneut gibt es Raum für Peter Fredman, der uns alle Register seiner Flöte vorführt, sanft, lyrisch, erzählerisch, nur selten rotzig und ausschweifend. Klanglich scheinen wir durch eine Medina zu schlendern, bei einem Basar vorbeizuschauen und in einer Teestube für ein Glas Minztee Halt zu machen. Anders Åstrand lässt seine Schlägel auf die Klangstäbe sausen, zugleich der Beginn einer Änderung im Klangcharakter. Das Stück wird rockiger und ein wenig funky-funky. Letzteres ist auch dem Tastenzauber geschuldet, der Adam Forkelid zu verdanken ist.
Die rhythmischen Segmente von „Floating“klingen so, als sei man mit einer schnaufenden Lok in der Landschaft unterwegs. Adam Forkelid am Tastenmöbel lässt uns allerdings mit dem dahin rinnenden Spielfluss tatsächlich zudem an kleine selbstgebastelte Papierschiffchen denken, die auf dem Wasser eines Bachs dahin schaukeln. In das „Alles fließt“ stimmt Peter Fredman am Saxofon ein. Und weiter geht die Fahrt, immer weiter – so scheint die Botschaft. Wir werden im Verlauf des Stücks weniger in einen meditativen Flow gebracht, sondern eher dazu, die Hüfte und uns selbst in Schwung zu bringen, im Sinne von „Shake your bones!“.
Abschließend noch einige Worte zu „Sneak Around“ und dann „The End“. Gleichsam aus dem Off entwickelt sich „Sneak Around“, mit samtenem Klarinettenklang und klanglichen Verschnitten des Rhodes. Im Hintergrund vernimmt man einen rollenden Rhythmus, über den sich die Klarinette mit teilweise klagender Stimme legt, ehe dann Funk im Raum steht, was nicht nur dem Rhodes, sondern auch der Klarinette und Computer gerierten Tonmodulen zu verdanken ist. Mehr und mehr entwickelt sich daraus eine Mischung aus Techno, House und Acid Jazz. Klangliche Redundanzen überwiegen. Doch ganz im Techno versinkt „Sneak Around“ nicht.
„The End“ ist wirklich das Ende der musikalischen Präsentation. Was wir vernehmen, gleicht einer sphärischen Klangpalette in schillernden Neonfarben. Zum Schluss: Das Album ist auf Vinyl und digital bei Spotify und iTunes erschienen.
Text © ferdinand dupuis-panther – Der Text ist nicht public commons!
Informationen
Besetzung/Line-up
Thomas Wingren - Laptop, Ableton Push, acoustic and electronic percussion
Adam Forkelid - Rhodes, keyboards
Anders Åstrand - vibraphone, marimba
Peter Fredman - saxophones, clarinets, flute
Calle Rasmusson – drums
Musiker
http://soundscapeorchestra.com
https://www.instagram.com/soundscapeorchestra