Simon Nabatov Trio – Assemblage

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Über das Album lesen wir u.a.: “Eine prägnante Collage von Ansätzen, vereint durch eine langatmig-detonierende Prägnanz, die direkt auf den Punkt kommt, …“. „Upstream“ macht auf dem Album den Anfang und „Stretchy“ steht am Ende von „Assemblage“. Dieser Begriff steht für Montage und für eine Collage dreidimensionaler Dinge sowie für Installation. Das kann nur im übertragenen Sinne für die musikalischen Äußerungen des Trios um Simon Nabatov stehen.
Stromab oder Stromauf – das ist die Frage bei Hören von „Upstream“. Ohne Frage, wenn man den Klangfolgen des Pianisten folgt, dann bewegen wir uns fließend. Zugleich haben wir möglicherweise das Bild wandernder Lachse vor Augen, die sich gegen die Fließrichtung eines Stroms bewegen und gar Wasserfälle überwinden. Steten Schritts folgt der Bassist Mark Helias verhalten der von Simon Nabatov skizzierten Bewegung. Dabei bewegt sich der Pianist durchaus auch in „diskanten Klangfeldern“. Pulsierend ist das, was wir hören, immer begleitet mit einem gekonnten Trommelschlag, dank an Tom Rainey. Zwischendrin hat man das Bild von Strudeln vor Augen, die Nabatov musikalisch auf seinem Harmonieinstrument einfängt. Auch der Begriff Energiefluss scheint für das Stück passend zu sein.
Mit „Cagey“ und einem eher zurückgenommenen Tempo geht es weiter. Durchaus konzertante Sequenzen dringen an unser Ohr. Dabei steht der Pianist im Mittelpunkt des Geschehens, mit und ohne dass er auf einem klanglichen Perlenfluss navigiert. Streckenweise folgt der Bassist den klanglichen Spuren des Pianisten. Klangzöpfe werden nicht geknüpft, sondern Schraffuren und Schummerung gezeichnet, im übertragenen Sinne. Der Begriff „cagey“ steht für verschlossen, geheim, aber auch für clever. Doch etwas Verschlossenes ist in dem Stück nicht zu entdecken, sondern eher Klangflächen wie auch in „Flat Whites“. Allerdings ist dieses Stück sehr flott in der Rhythmik. Man muss an einen Sprinter denken, der in Sekunden 100 Meter überwindet, wenn man hört, mit welcher Intensität und Geschwindigkeit Nabatov seine Finger über die Tasten huschen lässt. Passend für ein dramatisches Road Movie oder einen Krimi mit Gene Hackman oder Steve McQueen ist das Musikstück, das wir hören, oder?
Präpariertes Klavier – oder was? Das ist der Eindruck von den Setzungen in „Plucky“. Da erleben wir Zerbrechliches, Kristallines und als Gegenstück den tiefgefärbten Bass, zeitweilig unter dem Bogenstrich. Klangfärbungen des Stücks erinnern zeitweilig an brechende Eiszapfen. Hören wir nicht auch Klangschalen, die angeschlagen werden? Oder sind es die hohen Tasten des Diskants, die zudem noch abgedämpft werden?
Nein, Tragödie und Melancholie bündeln sich nicht in „Daily Sorrows“ folgt man den Klangfolgen des Pianisten. Diese erinnern eher an Alltagseinerlei. Es scheint so, als gleite der Alltag beschaulich dahin. Alles ist Routine, wenn auch hier und da gebündelte Dramatik inszeniert wird. Diese wird jedoch zu sanften Klangwellen und markanten Klangsprüngen aufgelöst. Für „Uncoil“ wird das Klangspektrum von Diskant bis Bass ausgelotet. Nur wer rollt da was auf? Ein Hinhörer sind Bass und Piano, gleichsam Antipoden des Klangs. Sind es vielleicht Bassist und Pianist die das „Knäuel des Klangs“ entwirren? Eher hat man den Eindruck, dass der eine das Klangknäuel auflöst und der andere es wieder aufrollt, Fadenlänge um Fadenlänge. Dabei obliegt es Nabatov eine gewisse Wildheit an den Tag zu legen. Knäuelchaos oder was?
Wie klingt mürrisch und grantig? Diese Frage stellt sich angesichts des Titels „Grumpy“, den wir hören. Ist es der Bassist, der uns an mürrisch und grantig denken lässt? Der Pianist hingegen ergeht sich in „musikalischem Palaver“. Und das klingt eher rechthaberisch, auch angesichts der wiederholten Muster. Und zum Schluss hören wir sphärische Anmutungen und ein nervöses Fellgewische und gebremste Tickticktick. Dazu erleben wir die Klanggestik von Nabatov. Bei diesen muss man ans Gestische des Informel in der Malerei denken, oder?
© Ferdinand Dupuis-Panther, 2025
Musicians
Simon Nabatov - piano, live electronics
Mark Helias - bass
Tom Rainey - drums
Tracks
1. Upstream 04:08
2. Cagey 05:27
3. Flat Whites 02:52
4. Plucky 02:44
5. Daily Sorrows 04:22
6. Take A Breather 04:49
7. Uncoil 05:40
8. Frisky 02:45
9. Naive Visitor 04:43
10. Grumpy 01:59
11. Hammered 05:47
12. Stretchy 03:24