Simon Nabatov – A Turn For The Best

Simon Nabatov – A Turn For The Best

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produced by Deutschlandfunk Cologne

Der in Moskau geborene und aktuell in Köln beheimatete Komponist und Pianist Simon Nabatov legt nunmehr sein neuestes Werk vor. In seiner Karriere hat er bisher 30 Alben unter seinem Namen veröffentlicht. Er stand mit dem "Who's who" des Jazz und der Impromusik auf der Bühne. Die Liste derer, mit denen er bisher auftrat ist lang:  Paul Motian, Tony Scott, Sonny Fortune, Kenny Wheeler, Alan Skidmore, Herb Robertson, Louis Sclavis, Charles McPhearson, Billy Hart, Mark Dresser, Barry Guy, Gerry Hemingway, Jim Snidero, Herb Geller, Dave Pike, Attila Zoller, Matthias Schubert, Barry Altschul und  Adam Nussbaum sind nur einige, die hier erwähnt werden sollen.

Hören wir also mal in sein Soloprojekt hinein, das im Titel die Wende zum Besten verspricht: „Decisive Preambule“ steht am Beginn des jüngsten Albums. Charakteristisch sind die starken Setzungen vor allem im Bassbereich des Tasten-Klangkörpers. Dabei scheint Nabatov ein dunkles Donnern im Kopf gehabt zu haben, als er das Stück entwickelte. Zugleich kann man beim Zuhören das Bild im Kopf haben, er lasse nach und nach herbstliche Sturmwinde aufziehen. Ausserdem meint man, fokussiert man sich auf die diskanten Passagen, man höre den Wind an den Überleitungen und am spärlichen Baumlaub zerren. Das Stück ist voller Dramatik. Auch an schnelle Fluchtbewegungen könnte der Zuhörer denken. Selten sind ruhige lyrische Passagen, in denen auch feine Triller eine Rolle spielen. Zarter „Klangregen“ ist zu vernehmen. Das hat nichts von klanglichen Verwässerungen. Dazu setzt Nabatov zu sehr auf die starke und akzentuierte Bass-Hand als Gegenpol zu den Klangperlen, die dahinrollen. Und am Ende steht noch ein hohes Pling.

Anschließend folgt der Titelsong „A Turn For The Best“. Ausladend und in Wellenform entwickeln sich die Klänge, die Nabatov auf dem Klavier erzeugt. Und wieder ist eine starke Ausrichtung auf die Tieftönigkeit zu erleben, die von wenigen diskanten Setzungen durchbrochen wird. Man hat den Eindruck, Nabatov habe hier eine Filmmusik mit Sinn für Dramatik entwickelt. Zugleich lässt er uns in „klangliches Wildwasser“ eintauchen mit Stromschnellen, Kehrwasser und Felsklippen. In Teilen ist die Musik, die wir hören durchaus auch in der Tradition russischer Komponisten der Klassik gehalten, oder? Zwischenpassagen wiederum lassen auch an die Musik am Broadway der 1940er und 1950er Jahre denken. Da strömen Klaviersequenzen dahin, scheinen sich in klanglichen Flic-Flacs zu ergehen. „Dynamik, Dynamik, Dynamik“ lautet zwischenzeitlich Nabatovs Credo, ehe er in einen lyrischen Fluss übergeht. Lullaby oder nicht ? – das ist dann die Frage. Und das Ende hat dann unerwartete kristallin-fragile Klänge. Man könnte auch sagen, es klinge so,  als ob ein Hammer in einem Steinbruch Gesteinsfragmente zerschlage.

„I Loves You Porgy“, eine Komposition George Gershwins und aus der Oper Porgy and Bess, hat Nabatov auch für das Album aufgenommen. Es ist eine von zwei Fremdkompositionen, die auf dem Album zu finden sind. Getragen ist der Duktus, den Nabatov an den Tag legt. Liebeslied? Ja, aber eine nicht einfache Liebe, die da besungen wird? Eine Liebe mit Irrungen und Wirrungen, so meint man es den Sequenzen, die wir hören, entnehmen zu können. Neben Nabatovs herausragender Klavierversion kennen viele diese populären Song dank Ella Fitzgerald und Nina Simone. Auf jeden Fall ist dieser Song gewiss „großes Kino“. Und dieses ist mit Nabatov auch ohne Lyrik zu erleben.

„Delicate Approach“ stammt wie andere Stücke aus Nabatovs Feder. Nein, die Bassklänge sind hier zu Beginn nicht vorhanden. Statt dessen rinnen die „feinfädigen“ Klänge dahin, so wie in einem Bachbett ein Waldbächlein, das in Mäandern verläuft. Frühlingshafter Wohlklang entfaltet sich. Die Melodielinien scheinen so konstruiert, dass es immer wieder Anfänge für neue „wellige“ Verläufe gibt, Verläufe die in tiefsten Bassklängen münden. Das hat durchaus Stärke und Kraft so, als breche gewaltiges Wasser durch eine enge Schlucht. Und dann, ja dann hört man Konzertantes, das auch einem der zahlreichen Broadway-Filme und -Musicals vergangener Jahrzehnte entstammen könnte.

Mit „Na Baixa Do Sapateiro“ hören wir am Schluss des Albums eine Komposition von Ary Barroso. Zugleich verrät dieser Titel, dass der Pianist Nabatov in den letzten Jahren ein zunehmendes Interesse an Brasilien und der dortigen Musik entwickelt hat. „Ai, o amô, ai, ai/Amô bobagem que a gente/Não explica, ai, ai/Prova um bocadinho, oi ...“ , so heißt der Liedtext im Original. Den Text des Songs hören wir zwar nicht, aber das sensible Arrangement von Nabatov. Getragen kommt das Stück daher. Erwartet man nicht eher Beschwingtheit, Bossa oder Samba? Im Duktus ordnet sich das Schlussstück in die anderen Kompositionen ein, die wir auf dem Album hören. Zwischenzeitlich hat man gar den Eindruck, man lausche Ballroom Dancing, oder? Wohl ein eher unerwartetes Ende!

© ferdinand dupuis-panther 2025


Info
Simon Nabatov
BANDCAMP

Tracks
1.Decisive Preambule 06:14
2.A Turn For The Best 08:18
3.Cautiously Optimistic 07:20
4.I Loves You Porgy 05:35
5.Trip Reimagined 09:59
6.Delicate Approach 09:17
7.Na Baixa Do Sapateiro 09:26


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