Schroer/Bektas/Nebel – Exit

Schroer/Bektas/Nebel – Exit

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Umland Records

Auf den ersten Blick überrascht der Titel des Albums: Ausgang. Ausgang wohin? Ausgang wofür? Ausgang als Sinnbild für Neues, für Unerwartetes? Vielleicht ist der Albumtitel auch im Sinne von neuen Entdeckungen zu verstehen, ist doch das Album durchaus im erweiterten Kreis von Weltmusik anzusiedeln. Das Cover stammt übrigens von Achim Zepezauer. Initiiert hat das Projekt der Pianist Oliver Schroer, der sich dazu mit dem Kontrabassisten Johannes Nebel und dem Oud-Spieler Ahmet Bektas zwei Mitstreiter ins Boot geholt hat. Seit 2020 spielt das Ensemble in dieser Besetzung zusammen. „Exit“ ist das Debütalbum des Trios. Es ist ein Album, das zwischen Ethnomusik, türkischer Kunstmusik, Folklore und Jazz anzusiedeln ist.

Johannes Nebel ist unter anderem in der Großformation The Dorf zu hören. Ahmet Bektas spielte nicht immer Ou und Weltmusik, sondern zuvor Darbuka und Saz. Zusammengearbeitet hat er mit den Gitarristen Rafael Cortes und Jan Bierther, aber auch mit dem Saxofonisten Jan Klare. Zudem war Bektas beim Ruhrgebietsorchester Supernova wie auch bei Karibuni und Tan zu hören. Oliver Schroer, in Essen und Düsseldorf sowie Dortmund ausgebildet, ist nicht nur Pianist, sondern auch Organist und war zum Beispiel mit dem Matthias Bergmann Quintett in der Vergangenheit zu hören. Er ist aktuell auch Teil vom Spam Trio.

Vier der neun Kompositionen stammen aus der Feder des Pianisten Oliver Schroer, darunter „Up The Hill“, „Exit“ und „Remember“. „Ajde Jano“ entstammt der Folklore Serbiens, und „Incipience“ hat Johannes Nebel für das Album beigesteuert. „Yulet“ und „Laila“ hat Ahmet Bektas komponiert und so das Album abgerundet.

Bass und Piano scheinen zu Beginn von „Up The Hill“ im „Unisono“ unterwegs, ehe dann Ahmet Bektas seine „orientalische Laute“ zum Klingen bringt, teilweise in Stakkatofolgen. Dabei unterstützt Johannes Nebel am Bass seinen Saitenmitspieler, sodass die Oud etwas voluminöser in Erscheinung tritt. In einem folgenden „Duett“ verschmelzen Bass und Oud in anmutigen Klangsequenzen. Doch ohne Frage ragt die Färbung der Oud aus dem Klanggemälde heraus, auch wenn im Weiteren der Pianist mit glockenhellen, kristallin anmutenden Passagen die Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Mit einem Bass-Intro macht „Yulet“ auf, und auch der Pianist verharrt zunächst in einer gewissen Basslastigkeit. Dann jedoch ist es der Komponist des Stücks Ahmet Bektas, der im Fokus steht. Dabei scheint er wie ein Mandolinenspieler die Saiten seines Instruments zum Schwingen zu bringen. Trotz der Bewegtheit und Leichtigkeit des Saitenspiels hat man dank der Harmonien den Eindruck, Melancholie schwinge auch mit. Wird da gar der Abschied von einer Geliebten besungen? Johannes Nebel ist anschließend mit einem fein gesetzten Basssolo zu hören und folgt dabei phrasierend den Oud-Passagen. Ein wenig melodramatisch erweist sich der Pianist in seinem Spiel. Zugleich hat man beim Zuhören das Bild vor Augen, es werde ein steter Wellenfluss zu Gehör gebracht, höre man das Flattern von Segeltuch, gehe es auf große Fahrt. Diese Assoziationen werden schnell durch den Oud-Spieler eingefangen, der schmeichlerische Weisen zu Gehör bringt. „Exit“, ein Track, der als Albumtitel dient, zeichnet sich nicht allein durch energetisch gesetztes Tastenspiel aus, das hier und da an Hufschläge von Pferden erinnert. Dazu begleitet Johannes Nebel den Pianisten mit seinem Tieftöner. In ihren Klangfärbungen entfernen sich beide, Schroer und Nebel, nach und nach, hier das Tieftönige und dort das eher Diskante, sprunghaft und redundant angelegt. Über dieser Setzung erhebt sich Bektas mit seiner Oud. Ist es fern, bei dem Oud-Spiel an eine Karawane und den Zug von Oase zu Oase zu denken? Hat man beim Hören allzu sehr Klischees vom Orient im Kopf, bei dem einen oder anderen auch von Karl May beeinflusst?

Würde man bei serbischer Folklore nicht Geigen und archaisch anmutende Blasinstrumente erwarten? Doch bei „Ajde Jano“ ist das nicht der Fall. Und doch hat man aufgrund des Zusammenspiels des Trios den Eindruck von „Balkanova“ bzw. einem Hochzeitstanz bei einer Roma-Hochzeit. Das klingt ein wenig nach Klischee, aber bestimmte Bilder verfestigen sich angesichts von Harmonien und Klangfärbungen im Kopf, auch wenn das Arrangement dagegen steuert, vor allem dank der Melange von Oud und Klavier als wesentliche Instrumente. Und so tanzen wir im Kopfkino rechts und links herum, während wir dem Stück lauschen.

„Incipience“ aus der Feder von Johannes Nebel lebt vom Duett zwischen Bass und Oud, durchaus temporeich angelegt und in den Kanon von Volksweisen einzusortieren. Irgendwie musste der Rezensent beim Hören nicht nur an Bizet denken, sondern auch an die „Slawischen Tänze“. Doch die Oud macht deutlich, dass eher die Kunstmusik des Vorderen Orients im Fokus steht, wenn auch verfremdet und verfeinert. „Laila“ hat nichts mit Eric Clapton zu tun. Bektas meint eine andere Laila. Getragen angelegt ist dieses Stück, überzeugt durch das Zusammengehen von Bass und Piano, aber auch durch die rhythmischen Akzente des Pianisten zum fingerfertigen Oud-Spiel. Tasten-Kaskadierungen sind Teil der Inszenierung, ebenso die „Umbrafärbung des Basses“, der die dunklen Tiefen des Klangs auslotet. Klangfluss pur wird in „Little Peace“ an den Tag gelegt. Dieses Panta rei durchzieht das gesamte Stück. Über diesem steten Klangmuster entfaltet sich dann das Oud-Spiel. Dabei fällt wie auch in anderen Stücken auf, dass die Oud nicht für lang gehaltene Töne und Akkorde steht, sondern ähnlich wie die angerissenen Saiten eines Banjos nur einen kurzen Moment wahrnehmbar ist. Bis zum Ende ergießt sich ein sprudelnder Quell des Klang, der aber nicht von der Oud, sondern eher vom Klavier beherrscht wird.

© ferdinand dupuis-panther


Infos

www.umlandrecords.de/bands/schroer-bektas-nebel/
www.umlandrecords.bandcamp.com/album/exit


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