SCHNTZL – Holiday
S
Cortizona
Über das aktuelle Album lesen wir: „On their 3rd album Casper Van De Velde and Hendrik Lasure, the two SpongeBobs of Belgian jazz, enter Cortizona and take you on board of their newly discovered musical spectrum: Rollercoastin’ between extreme emotions Casper and Hendrik slide through 90’s Euro-optimism on synths, frantic drum rolls, lost piano sounds and sample wizardry: blending Spanish guitars, voices of singing ladies, slow mo clarinets and the patterns of a percussion robot.“
Mit Hör-Spiel und Klang-Collage kann man die Musik des Drummers Van De Velde und des Pianisten Lasure gut und passend umschreiben. Sampling erscheint als Zauberwort für das, was den Zuhörer klanglich überrascht, begeistert und überzeugt. Die Tracks sind durchaus kurz, ganz im Gegensatz zu klassischem Jazz mit ausgeweiteten Improvisationen. Die beiden Musiker mögen mir nachsehen, dass mir beim Hören der Musik auch die Begriffe flippig und poppig einfielen. Und all das ist fern von House, Acid und Techno konzipiert. Vielleicht ist Ambient eine geeignete Charakterisierung für die Melange von harten Beats, weichen Synthklängen, Gerassel, Vibrafonanmutungen, Hangpansound und Ähnlichem.
Mit „Holiday“ eröffnet das Album und wir fragen uns bei den Klängen, die an unser Ohr dringen, ob hier eine präparierte Drehorgel zu hören ist oder ein Harmonium. Zudem scheinen Bambus-Klangstäbe angeschlagen zu werden. Intensives Getrommel ist zudem zu vernehmen. Gedämpfte Pianoklänge flackern auf. Schwirren und Flirren ist zu hören. Und ist da nicht ein Rhodes Teil der Inszenierung? Klarinette oder Sopransaxofon oder doch Oboe gestalten mit ihrem Gebläse Teile des Tracks. Blech schwirrt und dumpfe Trommelschläge sind Additive im Stück. Oh, dringt da nicht auch der Klang einer Piccoloflöte an unser Ohr? Oder doch nur eine Täuschung?
Mit „Rosso“ findet die Klangmelange des Albums seine Fortsetzung. Nervöses und aufgewühltes Getrommel trifft auf Diskantes. Pling, Pling, Pling ist präsent. Nach und nach entwickelt sich ein Trommeltsunami vermischt mit hellen Tastentönen, die sich wiederholen. Und dann entfaltet das Synth einen Vollklang, der an Fender Rhodes erinnert. Stille und Frequenzverschiebungen sowie ein erneutes Pling, Pling, Pling bilden das Ende des Stücks.
Klangschalen, Hang oder Gongs – das ist die Frage, wenn „Dante“ zu hören ist. Dazu gesellt sich der feine, glockenhelle Klang eines Bläsers, einem Sopransaxofon durchaus ähnlich. Und untergründig meint man ein erdiges, waberndes Harmonium zu vernehmen. Überbordend erscheint das Schlagwerkspiel, das neben dem hellen Gebläseklang im Fokus steht. Irgendwann scheint auch Sakrales kurz mal umgesetzt zu werden, stets konterkariert durch das ungestüme Getrommel.
Wie klingt wohl „Silk“? Ein bisschen nach New Age mit zugemischten Chorstimmen und Rhodesklang. Irgendwie muss man beim Hören auch an „Tubular Bells“ denken, oder? Musikalisch wird auch der Mond, „Luna“ inszeniert und auch hier scheint Mike Oldfield durchaus mit im musikalischen Boot zu sitzen. Typisch sind redundante Klangmuster, die durch gezielte Basstrommelschläge und durch ein kurzes Tamtam, Tamtam begleitet werden. Tapdance-Mustern gleicht das Schlagwerkspiel, oder? Ja, und auch Orgelanleihen haben die beiden belgischen „Wilden“ in ihre Musikcollage eingebaut.
Nach „Venice“ entführen uns die beiden Musiker obendrein. Dabei meint man, klanglich eher in einer Halle mit dampfenden Maschinen und Schmiedehämmern zu sein als in der Stadt der Kanäle, auf denen Gondeln manchmal auch Trauer tragen. Mit „Hilda“ wird das als experimentell zu bezeichnende Album abgeschlossen. Eingeschlossen sind in das Album allerlei überraschende Hörmomente. Spannungsbögen sind in allen Stücken vorhanden. Nichts scheint klanglich vorhersehbar und vorhersagbar – und das ist gut so!
© fdp2023
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BANDCAMP
Tracks
1.Holiday 04:18
2.Rosso 03:52
3.Dante 03:02
4.Child And Magic 04:53
5.Silk 02:43 Video
6.Lillies 03:36
7.Luna 03:46
8.Venice 03:21
9.Hot Wheels 03:14
10.Rosa 01:41
11.Hilda 03:32