Schlippenbach/Narvesen Duo – Kairos

Schlippenbach/Narvesen Duo – Kairos

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Eigenproduktion

In den Liner-Notes von Stuart Nicholson lesen wir u.a.: „It has been claimed, not without justification, that no new creation in the arts can claim to be outside the tradition, as the tradition eventually expands to absorb everything artists do. It’s almost seventy years since Ornette Coleman walked through the door marked free jazz, and what was once seen as daring, outré and avant garde is now regarded as an established part of the jazz tradition. It is a tradition that is largely debated and communicated in terms of leading American musicians, even today. Yet by the late sixties, shrewd commentators such as Ekkehard Jost in Germany and Max Harrison in London were arguing that certain free jazz musicians in Europe were working towards creating their own original, yet specifically European, version of free jazz.“

Und fürwahr zu denen, die einen eigenständigen europäischen Jazz schufen, gehörten nicht allein Albert Mangelsdorff und Gunter Hampel, sondern gewiss auch Alexander von Schlippenbach. Bei Letzterem denke man nur an sein legendäres Globe Unity Orchestra oder seine Trio-Auftritte mit Evan Parker und Paul Lovens.  

Zum besagten Orchester im Big-Band-Zuschnitt, aber total anderer Musik gehörten neben dem Saxofonisten Evan Parker folgende Musiker:  die Holzbläser Ernst-Ludwig Petrowsky, Gerd Dudek und Rudi Mahall (bcl), die Trompeter Kenny Wheeler, Manfred Schoof, Axel Dörner sowie Jean-Luc Cappozzo, die Posaunenisten Paul Rutherford, George Lewis, Jeb Bishop nebst Hannes Bauer und schließlich die Schlagzeuger Paul Lovens und Paul Lytton. Seit einiger Zeit tritt Schlippenbach in seinem Trio mit dem norwegischen Schlagzeuger Dag Magnus Narvesen und dem (Bass)Klarinettisten Rudi Mahall auf, wenn er auf die sogenannte Schlippenbachsche Winterreise geht.

Aktuell liegt nun ein Duo-Album mit dem  norwegischen Drummer Narvesen und dem mit dem Deutschen Jazzpreis ausgezeichneten von Schlippenbach vor: Der Schlagzeuger Narvesen begleitet mit trippelndem und trabendem Rhythmus von Schlippenbach am Flügel, der sich in immer wilder werdenden Sequenzen ergeht. „Fuga Continuum“ steht auf dem Programm. Eigentlich möchte man den Titel in „Wilde Fluchten“ umtaufen. Temporeich geht es bildhaft über Stock und Stein. Das Fugenmotiv ist nur gelegentlich aus dem Klangfluss zu destillieren. Mitreißend ist, was wir hören. Als Musik zu einem Roadmovie denkbar? Dialog ist gefragt. Impuls und Gegenimpuls erleben wir bei diesem Duo ebenso wie Fragmente und ein „rollendes“ Schlagwerk.

„Syncopsis“ wartet mit „Treppensprüngen“ des Klangs ebenso auf wie mit Klangstrudeln, die von Schlippenbach initiiert sind. Und dazu tänzeln Sticks über Felle und kurz auch mal auf die Becken mit einem Kling-Kling. Ein wenig an einen Malstrom muss man denken, wenn man im weiteren den Flügelpassagen folgt. Es scheint bisweilen so, dass das Duo Klangcollagen vorträgt, bestehend aus vielerlei „cut outs“, oder? „Sweeping Statements“ lebt von den dunkel gefärbten Klängen, dank an von Schlippenbach. Bewegung wird in Klang umgesetzt, so meint man. Unterschiedlich sind die Klangschritte, die wir erleben. Von Schlippenbach lässt uns ausserdem in Klänge eintauchen, die vermeintlich einem Strom gleichen, der hier und da Hindernisse überwindet. Immer aufgeregter wird das Schlagwerkspiel, das bildhaft beschrieben einer Windhose gleicht. Gelegentlich ergießt sich auch ein kontinuierlicher Klangfluss auf den Hörer. Und zum Schluss gehört der Klangraum dem Schlagzeuger bis zum letzten Pling.

Widmen wir uns im Weiteren zunächst „Furiosa“: Und fürwahr  wir erleben Furioses wie zuvor. Es scheint klanglich nur ein Vorwärts zu existieren, auch für die treibenden Rhythmen des Schlagzeugers. Bildlich muss man an eine Stampede denken, oder? Alles fließt. Es gibt nur den nächsten Moment und keine Pause. „Arcani Numeri“ ist weniger „aufgebürstet“ als „Furiosa“. Wir bewegen uns mit dem Duo in ruhigem „Klangwasser“. Die Langsamkeit hat die Oberhand trotz des gelegentlich „nervösen“ Schlagwerkspiels. Dieses ist eine dezente Beigabe zu den Passagen, die von Schlippenbach zu Gehör bringt. In der Bildhauerei ist die Gestaltung eines Torsos klar definiert, ein menschlicher versehrter Körper, manchmal mit und manchmal ohne Kopf, die Extremitäten gekappt. Und wie man „Torso“ musikalisch umsetzt,  zeigt das Duo ganz nachhaltig. Da trifft Eruptives auf Ruhiges, Diskantes auf Basslastiges, kleine Klangmotive auf Pausen. Ansätze werden vorgetragen, scheinbar verworfen oder durch einen hart gesetzten Akkord abgeschlossen.  Mit „Fuga Futura“ beschließt das Duo von Schlippenbach/Narvesen sein hörenswertes Album, das zeigt, dass auch ein Duo Stimmgewalt und Dynamik entfalten kann, ganz ohne das so omnipotente Saxofon, das wir im Jazz wie auch in der Impromusik so zahlreich finden!

© fdp2025


Info
BANDCAMP
https://dagmagnus.com

Tracks
1. Fuga Continuum 06:08
2. Intralude 03:35
3. Syncopsis 04:06
4. Sweeping Statements 04:45
5. Tranquil Modality 08:50
6. Furiosa 04:39
7. Arcani Numeri 02:28
8. Obscura Sententia 02:44
9. Torso 05:20
10. Wayang 07:38
11. Fuga Futura 06:03


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