Santiago Leibson Trio - Little Pieces
S
Chant Records
Zum Trio des aus Argentinien stammenden und in Brooklyn lebenden Pianisten Santiago Leibson gehören der Bassist Matt Pavolka und der Schlagzeuger Mark Ferber. Zusammengearbeitet hat der Pianist Santiago Leibson zudem mit Musikern wie Tony Malaby, Guillermo Klein, Michael Attias, Francisco Mela, Sean Conly und Gerald Cleaver. 2019 debütierte er in der Carnegie Hall im Rahmen der angesehenen Sophia-Rosoff-Konzertserie. “Little Pieces” ist das fünfte Album von Leibson als Bandleader. Dabei ist die Veröffentlichung gleichsam wie eine Novelle in sechs Kapitel gegliedert, in denen unterschiedliche Charaktere auftauchen. Diese begegnen sich allerdings nie, sondern sind in eigenständige Geschichten eingebunden, die von dem Trio rund um Leibson zu einer Gesamtdramaturgie zusammengefügt werden.
„Gll“ bildet den Auftakt der aktuellen Aufnahmen. Dabei vernimmt man den Pianisten mit perlendem Diskant und mit starken Basskontrasten. Dabei wird er in den tiefen Klangfärbungen vom Bassisten unterstützt. Und auch der Drummer lässt die Basstrommel und Toms nicht ungenutzt. Das Bild von weißem Wildwasser blitzt im Kopf des einen oder anderen Zuhörers auf. Dramatik bündelt sich in Leibsons Spiel auf den Tasten. Wie bewegte Wellen des Meeres, die an eine felsige Küste schlagen und sich zurückziehen, mutet das an, was in „Quilombo“ zu hören ist. Wir erleben weniger ein stringentes Kontinuum, sondern eher Fragmente, Bruchsteine, die sich aneinanderfügen. Klangwirbel sind auszumachen und Kaskaden, die über Steintreppen gen Tal schießen. Dabei ist das Spiel von Leibson überaus abwechslungsreich, bedient er doch die Bassklänge ebenso wie die hohen Töne. Dazwischen scheint alles im Fluss und fließend zu sein. Nach und nach wird ein Spannungsbogen aufgebaut und der Zuhörer fragt sich, was im nächsten Moment passieren wird. Für die Spannung sorgt auch der Schlagzeuger mit einem Solo, das einen aufkeimenden Orkan einzufangen scheint, mit schwirrenden Blechen und harten Schlägen auf den diversen Fellen. Leise und bedacht ist der Beginn von „Conundrum“. Beim Hören hat man den Eindruck, Chopin oder Grieg hätte hier und da Pate gestanden. Winterstille und Herbstschwere mit Nebelbänken sind Bilder, die dem einen oder anderen beim Zuhören in den Sinn kommen. Symbolistische Verlorenheit und Entfremdung wie in den Gemälden von Edvard Munch und Laurits Andersen Ring findet sich in der Musik Leibsons, oder?
„Hoodwink“ ist eine weitere Klanggeschichte, der wir folgen können. Kleine Klangschritte sind auszumachen, aber auch ein tiefer „Glockenschlag“ und Getrommel, das man eigentlich einem Paukisten in einem klassischen Ensemble zurechnen würde. Getragen und einem Lamento gleichend spielt Leibson die folgenden Passagen. Es ist Musik, die so recht zu Allerheiligen oder Totensonntag passt. Tiefe dunkle Wolken verstellen den Blick. Einkehr und Stillstand sind angesagt. Auch der Bassist setzt sich von dem schwermütigen Duktus des Stücks nicht ab, sondern unterstreicht diesen. Zum Abschluss des Albums heißt es: „Imbued“. Kristalline Klangmuster dringen ans Ohr des Zuhörers. Es klingt wie brechendes Eis bzw. brechende Eiszapfen in der Schneeschmelze. Bäche strömen unter der gebrochenen Eisdecke, langsam noch, aber sie strömen und verharren nicht in Winterstarre. Und damit finden „Little Pieces“ ihren Schlusspunkt.
© ferdinand dupuis-panther
Infos
Musiker
https://www.santiagoleibson.com
https://www.youtube.com/channel/UCZpSDaOhqLIK_q7TCawmlLw
Chant Records
https://chantrecords.com/releases/santiago-leibson-trio-little-pieces/
Smart Link https://soulspazm.ffm.to/littlepieces
Bandcamp https://santiagoleibson.bandcamp.com/album/little-pieces
Spotify https://open.spotify.com/album/5SpfrWa74NChLFILB14KzK?si=v_qP7D7OQ6WCtLvpg7dq2Q
Soundcloud https://soundcloud.com/chantrecords/sets/little-pieces