Samuel Martinelli - Crossing Paths
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www.samuelmartinelli.com
Der Drummer und Komponist Samuel Martinelli – ihm sind die meisten Kompositionen auf der aktuellen Einspielung zu verdanken – hat für seine „sich kreuzenden Wege“ – so die Übersetzung des Albumtitels – überaus renommierte Musiker um sich geschart. Da wäre zunächst einmal der Trompeter und Flügelhornist Claudio Roditi zu nennen. Dieser hat in der Vergangenheit nicht nur eigene Projekte verfolgt, sondern unter anderem mit „Legenden“ wie Dizzy Gillespie, Paquito D’Rivera und McCoy Tyner die Bühnen der Welt gejazzt. Der Pianist Tomoko Ohno ist bekannt durch seine Zusammenarbeit mit Slide Hampton, The Dizzy Gillespie Alumni Big Band, James Moody und Diva. Schließlich ist auch der Bassist Marcus McLaurine hervorzuheben, der unter anderem über jahrzehnte der Bassist von Clark Terry war. Allen Musikern gemeinsam ist die Vorliebe für die Melange aus Jazz und brasilianischen Rhythmen.
Der Bandleader und Spiritus Rector der Band ist der in Brasilien geborene und aufgewachsene Samuel Martinelli, ein diplomierter Musiktherapeut, der insbesondere musikalische Therapie-Programme für ältere Menschen entwickelt hat. 2014 übersiedelte er nach New York City, um ein Masterstudium in Jazz aufzunehmen und abzuschließen. Neben den Musikern in seiner Band hat der nun in den USA beheimatete Schlagzeuger unter anderem auch mit dem Mundharmonikaspieler Hendrik Meurkens, Nilson Matta, Maurice Peress, und Tres Urbanos zusammengespielt.
Der musikalische Bogen, den die Band spannt, reicht von „Samba Echoes“ (Samuel Martinelli) und „Talking About Spring“ (Samuel Martinelli) sowie „Bob’s Blues“ (Samuel Martinelli) zu der Sonny-Rollins-Komposition “St Thomas“ und dem Gillespie-Song „Birks’ Works“, ehe das Album dann mit Martinellis Stück „Song for Carina“ abgerundet wird.
Im Booklet lesen wir zu dem vorliegenden Album folgende Zeilen:
„Since the evening of November 21, 1962, when Antonio Carlos Jobim, João Gilberto, Sergio Mendes, and Oscar Castro-Neves, among other noted Brazilian musicians, introduced bossa nova to America at the landmark Carnegie Hall concert, Brazilian music became a part of American music. In particular, it worked its way into the jazz world. Among the American musicians on the roster at Carnegie Hall that evening were Stan Getz, Charlie Byrd, and Lalo Schifrin. This now-historic concert marked the start of many great artistic collaborations between American artists and the Brazilian artists premiering their unique music that evening. Crossing Paths, a newly released album lead by Brazilian drummer Samuel Martinelli, updates and continues the tradition ...“.
Nachhaltig und sehr charaktervoll sind die perkussiven Elemente in „Samba Echoes“, ehe uns die melodischen und harmonischen Setzungen nach Rio und nach Amazonien entführen. Dazu trägt auch der klare Klang bei, den der Trompeter Claudio Roditio absetzt. Rhythmus füllt stetig den Klang-Raum, und man möchte zugleich den Hüftschwung ausprobieren. In die rhythmische Welle der „Samba-Echos“ fällt auch der Pianist mit seinem sprunghaften Spiel ein. Im Eröffnungsstück lässt es sich Martinelli als Drummer zudem nicht nehmen, sich mit den Sticks zwischen Blechen und Trommeln auszutoben, auch wenn das Solo nicht langatmig angelegt ist. Es fügt sich jedoch nahtlos in das rhythmische Gesamtgefüge ein. Irgendwie fühlt man sich durch die Komposition beflügelt. Wie mag wohl ein „Gespräch über den Frühling“ klingen? So lautet nämlich übersetzt der Songtitel des zweiten Stücks, das von dem Trompetenspiel Roditis getragen wird. Er lässt uns gleichsam den sanften lauen Frühlingswind im Gesicht spüren. Hopsende Kinder, die sich an der Promenade aufhalten, tauchen bildhaft auf, lauscht man dem Pianisten Tomoko Ohno. Beschwingt geht es im Song einher. Wahrlich, das ist der Abschied vom Winter und ein Loblied auf frisches Grün und mildes Wetter.
„St Thomas“ stammt aus der Feder des Saxofon-Altmeisters Sonny Rollins. Mit einer Piano-Einführung beginnt das Arrangement, das anfänglich nur aus wenigen Noten zusammengesetzt zu sein scheint, die auch weitergeführt werden, als der dumpf gestrichene Bass das Klangbild dominiert. Das Anfangsthema wird in der Folge nur wenig moduliert und mehrfach wiederholt, ehe sich das Thema auflöst, schmilzt, dahinfließt und als ein musikalisches Band von Schäfchenwolken dahin schwebt. Der Bassist Marcus McLaurine zeigt sich dabei in einem Solo nicht nur als Virtuose der Tiefklänge, sondern auch der feinen „hohen“ Saitenläufe, derweil im Hintergrund die Becken „rascheln“.
Weiter geht es mit „A Gift For You“, ein wenig in Post-Bop angelegt und, wenn auch nicht rhythmisch, im Klangbild an „Samba Echoes“ angelehnt. Claudio Roditi kann sich in diesem Stück über weite Phasen entfalten. Seine Blechpassagen nimmt dann der Pianist geschickt auf und verwandelte diese in „trabende Sequenzen“, gefolgt vom Solo des Bassisten, der uns klangliche „Tippelschritte“ vorführt. Auch Martinelli lässt sich nicht bitten und fegt gegen Ende des Stücks mit den Schlagstöcken geschwind über Felle und Bleche.
Dank „Birks‘ Works“ ist der Bop auf dem Album präsent. Hervorzuheben ist bei dieser Gillespie-Komposition das fein herausgearbeitete Bass-Solo. Dabei ist da nichts von der sonst üblichen tiefgründigen Bass-Behäbigkeit zu spüren. Der Bass scheint vielmehr zu tanzen; dies ist ein gutes Stichwort dann für Roditis anschließende Solopartie.
Zum Schluss noch ein Wort zu „Song for Carina“: Als würde eine Marching Band losziehen, so hört sich der Beginn der Komposition an. Langsam und ohne Eile geht es voran. Das Balladenhafte überwiegt im weiteren. Ausufernde Dramatik ist Fehlanzeige. Lauschen wir da gerade einer Liebeserklärung? Möglich wäre es schon.
Text © ferdinand dupuis-panther – Der Text ist nicht public commons.
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