Samuel Bonnet – Hybride

Samuel Bonnet – Hybride

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ODD SOUND RECORDS

Der in Haifa geborene, dann aber nach Frankreich übersiedelte und inzwischen in Kanada lebende Gitarrist Samuel Bonnet legt uns mit seinem Album ein Bouquet von Jazzklassikern ebenso vor wie den „Gassenhauer“ namens „Hava Nagila“ und die Eigenkomposition „Imaginary Changes“. „Standards“ von Miles Davis und Dizzy Gillespie sind ebenso zu hören wie die „Recuerdos de Alhambra“, ein klassisches Gitarrenstück, das Ende des 19. Jahrhunderts entstand und das einige von der Einspielung des spanischen Meistergitarristen Narcisco Yepes her kennen mögen. Aber auch andere klassische Gitarristen haben dieses Stück „Erinnerung an die Alhambra“ im Programm. Dieses Stück verweist im Übrigen darauf, dass Samuel Bonnet auch eine Ausbildung in klassischer, akustischer Gitarre erhalten hat. 

Während seines Studiums in Paris und seinem Abschluss in Musikwissenschaften an der Universität von Paris spielte er unter anderem mit nachstehenden Musikern zusammen: Sylvain Luc, Paul Bley, Steve Coleman und Mal Waldron. Nach der Übersiedlung nach Montreal erfolgte der Masterabschluss in klassischer Gitarre im Jahr 2012. Es folgten Workshops mit Kurt Rosenwinkel, Bill Frisell, Gilad Hekselman, John Scofield, Julian Lage, Mike und Leni Stern, an denen Bonnet teilnahm.  Neben seinen Konzertaktivitäten unterrichtet Bonnet zurzeit klassische und Jazz-Gitarre an der École de Musique Vincent d'Indy.

Nun zum Album, das ein wahres Kaleidoskop an Musik präsentiert: Ja, die Gitarre setzt die vielfältig schillernden Klangfärbungen. Da gleiten die Tonsilben bei den „Erinnerungen an die Alhambra“ nach und nach sanft dahin. Der Klang ist weich und schmeichelt dem Ohr. Im Hintergrund vernimmt man Blechrauschen und den Bass als weitere Klangbeigaben. Der Bass agiert dabei als Tongeber für die tiefen Lagen und folgt dem Gitarristen bei seinen Sequenzen auf Schritt und Tritt, taucht dabei in die Farben Umbra und Siena ein. Auch in einem Solo zeigt sich der Bassist, dabei die hohen Lagen seines Instruments ausreizend. Auffallend ist, dass die Saiten trotz des großen Resonanzkörpers nur wenig nachklingen. Irgendwie liegt bei diesem Stück  das Plätschern der Wasserbassins und der Orangenduft in der Luft, die zur Alhambra gehören, oder?

Aus Al Andalucia, dem einstigen Reich der Mauren im Süden Spaniens, geht es dann nach Tunesien, wenn Gillespies „A Night in Tunesia“ zu hören ist. Sehr feines Saitenspiel mit starken Akzentuierungen machen dieses Stück anfänglich aus. Man kann beim Zuhören durchaus die flirrende Hitze der nordafrikanischen Nacht spüren. Wir werden mitgenommen auf eine nächtliche Erkundung, auch in die eine oder andere Medina mit ihren engen Gassen, oder? Man sollte beim Hören des Stücks im Kopf haben, dass dieser „Standard“ 1942 entstand und die Erkennungsmelodie von Gillespies Bebop-Big Band war. Bei der vorliegenden Version übernimmt das Saiteninstrument die führende Stimme von Gillespies Trompetenpassagen. Was aber ähnlich wie im Schema des Originals ist, ist die sehr starke Basspräsenz.

Verfremdungen erlebt man in der Volksweise „Hava Nagila“, die häufig wie ein zum „Gassenhauer“ gewordener Schlager vorgetragen wird. Bonnet und sein Trio geben dem Stück eher etwas Konzertantes und Paraphrasieren das Thema, das an mehreren Stellen durch den Gitarristen intoniert vorkommt. Aus der Feder von Bonnet stammt „Imaginary Changes“, ein lyrisch ausgeformtes Stück. Auch hier ist der Bass nicht nur Begleiter, sondern eigenständig agierend und dem Diskant des Gitarristen den Bass zufügend. Der Bassist spielt dabei ein Art Grundlinie und der Gitarrist feinste Klangnebel, die über der Bassstimme schweben. Auffallend ist zudem, dass der Bassist die hohen Lagen seines Tieftöners zur Geltung bringt. Dabei zeigt er sich kaskadierend in seinem Spiel. Derweil versprüht der Gitarrist ein Bündel von Klangfontänen, wie man sie bei Wasserspielen findet. Sehr gelungen ist dabei das Wechselspiel von Bassist und Gitarrist.

Miles Davis ist mit „Nardis“ auf dem vorliegenden Album vertreten. Damit streift das Trio den Cool bzw. Modern Jazz. Entstanden ist diese Komposition 1958, zu einer Zeit, da der Jazz schon nicht mehr Popmusik war, sondern eher in eine Nische abgedrängt wurde und Rock’n Roll angesagt war. Den Abschluss des sehr hörenswerten Albums bildet „On Green Dolphin Street“ . Eigentlich ist dieser Standard zunächst als Titelmusik für den Film „Taifun“ gedacht gewesen und wurde im Lauf der Jazzgeschichte von Miles Davis wie auch Sheila Jordan oder Sarah Vaughan und Joe Pass ins Programm aufgenommen. Neben Samuel Bonnet ist es in diesem Stück erneut der Bassist Jonathan-Guillaume Boudreau, der aufhorchen lässt. Im Übrigen beeindruckt das Verschmelzen der beiden Saiteninstrumenten zu einem harmonischen Ganzen. Bonnet und seine Mitmusiker präsentieren besinnliche Musik, in die man eintauchen kann. Sie tragen dem Albumtitel Rechnung und kreuzen verschiedene „Genres des Jazz“, auch indem sie den Stücken ihre eigen Handschrift geben.

© ferdinand dupuis-panther




Line-up
Samuel Bonnet : Gitarre
https://www.samuelbonnetguitar.com
Jonathan-Guillaume Boudreau : Kontrabass
Simon Bergeron : Schlagzeug

Tracks

1. Recuerdos de Alhambra (Francisco Tarrega)
2. A Night in Tunisia (Dizzy Gillespie)
3. Hava Nagila (traditionnel juif)
4. Imaginary Changes (Samuel Bonnet)
5. Nardis (Miles Davis)
6. Beautiful Love (Victor Young)
7. On Green Dolphin Street (Bronislaw Kaper)


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