Ruben Van Rompaey feat. Toshinori Kondo - Tokyo Fusion
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Off Rec
Der „Weltbürger“, Drummer und Perkussionist Ruben Van Rompaey (1978, Bergen op Zoom, Holland) wurde aufgrund seiner CD-Triologie "Eastern Expressions" international bekannt, vor allem in der Szene der Weltmusik. Im Rahmen seiner musikalischen Karriere bereiste er zahlreiche Länder, darunter auch die USA und Japan, um an international renommierten Festivals teilzunehmen. Ausgezeichnet wurde der niederländische Drummer mit Preisen wie dem Tama Drummer's Award (1999) und dem Erasmus Jazz Award (2001)). Sein Masterstudium schloss er mit cum laude ab. Van Rompaey begann nachfolgend für einige Jahre eine Lehrtätigkeit, ehe er dann die Eastern Expressions International School of Drums & Percussion in Rotterdam ins Leben rief. Neben einem halben Dutzend Alben, die er herausgegeben hat, hat er auch ein Lehrbuch für Darbuka geschrieben, das in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde. Ruben begegnete Toshinori Kondo während einer Japantour im Jahr 2011. Dabei spielten beide drei Konzerte zusammen, darunter eins in Kyoto. Besonders reizvoll war dabei das Zusammenspiel der von Kondo genutzten elektronisch zu modulierenden Trompete und der nahöstlichen Perkussion von Ruben Van Rompaey
Van Rompaey schreibt über das Album mit dem leider 2020 verstorbenen Kondo: „This album, named Tokyo Fusion, serves as a reflection of the synergy originating from our collaborations. It’s a compilation of tracks I have written and produced between 2014-2020, all of them featuring Kondo's brilliant electric trumpet improvisations.The album captures the essence of Kondo’s free spirit electric trumpet, regularly blending with oriental soundscapes, crossing borders of space and time. Some of the original recordings from 2014 were featured on the album Mirage and specially re-edited and re-mastered for this album. The music can be roughly divided into two parts: the first part contains previously unreleased tracks, the second part mainly consists of remixes and remastered tracks.“
Insgesamt 13 Tracks wurden für das Album eingespielt: Mit „Traumkriegern“ („Dream Warriors“) macht das vorliegende Album auf. Spitz sind die Trompetenlinien gesetzt. Keine abgerundeten Amplituden sind auszumachen, sondern scharfspitze Höhenzüge des Klangs, die nur kurz erklommen werden. Klangmächtiges Flirren, Schwirren und „Geschwische“ – das ist das, was uns Kondo präsentiert. Dazu setzt der Drummer und Perkussionist Van Rompaey stoisch und redundant seine Beats nach Beats. Doch was wird uns vokal erzählt? Dem Sprachgebrabbel ist schwer zu folgen. Wahrscheinlich ist dies auch nur ein weiteres Additiv im Sinne der Erweiterung der Instrumentierung.
Auf geht es nachfolgend in die „Darbuka Lounge“. Hier werden wir von klassischem Fusion Jazz eingefangen, scheinen der späte Miles Davis und Joe Zawinul auch zugegen zu sein. Prägnant in dem tonalen Register des Stücks ist die Trompete von Kondo. Sie sticht aus dem Klangbett heraus, das unter den rhythmischen Einmischungen und den melodiösen Linien liegt. Und im Hintergrund hört man auch eine menschliche Stimme. Was sie sagt, ist allerdings nicht zu dechiffrieren. Zu stark sind die Klangwirbel und -winde, die Kondo seinem Horn entlockt. Nur ein wiederkehrendes Bambam ist deutlich auszumachen. Eine menschliche Stimme gibt dabei vor, es gehe um einen rhythmischen Zusatz zum „Trompetensolo“.
Im Anschluss an die „Darbuka Lounge“ suchen wir die „Ginza Lounge“ auf und tauchen in den Klangregen ein, den die beiden Musiker auf uns niedergehen lassen. Dunkles Klangbrausen und ein schrill anmutendes Klickklickklick vereinen sich mit einem aufsteigenden und niedergehenden Schwall des Horns, das sich bisweilen in ein Rhodes zu verwandeln scheint, um dann anschließend wieder zu einem glasklar klingenden Horn zu mutieren. „City Light, Traffic Jam, Night Light …“ dringt an das Ohr des Zuhörers. Trommelwirbel sind prägnant und vergehen. Polizeisirenen scheinen in der Ferne zu heulen. Und wer spielt die Keys, fragt man sich, denn diese sind nachhaltig auszumachen? Wer sorgt für den distinkten, redundant daherkommenden Bass? Aus den vorliegenden Infos lässt sich das nicht dechiffrieren. Hingegen ist es Maarten Zweers, der für die vokalen Samples verantwortlich ist.
Ein „kristalliner Kondensstreifen des Klangs“ dringt am Beginn von „Corona Avenue“ ans Ohr des Hörers. Nachhaltige, kurz gehaltene Rhythmik ist zu erleben, durchaus auch in Richtung Techno aufzufassen. Eine Art Synthrausch umfängt im Folgenden den Hörer. Oder ist das allein Kondo mit seiner modulierten Trompete? Treibend ist der Rhythmus, der mittels Darbuka gesetzt wird. Hört man da nicht zusätzlich ein Rhodes oder Fender Rhodes? Zischlaute vermischen sich mit melodisch-waberndem Trompetenklang, der sich im Off zu verfangen scheint. Gedämpft scheint die Trompete, die wir hören. Sie wandert klanglich über dem „trabenden Rhythmus“, der Ruben Van Rompaey geschuldet ist. Akustische Eindrücke von kristallin-zerbrechlich klingenden Klangstäben drängen sich auf. Sampling oder präparierte Trompete? – das ist die Frage.
„Coming up“ überrascht den Hörer anfänglich mit einem Geräusch, das an eine dahinfahrende Dampflok erinnert. Dazu gesellen sich ein harter E-Bass und trappelnde Schläge auf die Darbuka, derweil Kondo den Klangraum mit sehr weichen, nachhallenden Trompetenklängen füllt. Diese bricht er hier und da. Das, was wir hören ,gleicht bildhaft gesprochen sich verflüchtigendem Klangnebel. Seichte Rap-Rhythmen durchziehen das Stück und auch Vokalfragmente sind hörbar. Sie sind eher lautmalerisch und als ein stotterndes Diddiddid wahrzunehmen.
Acid Jazz, Techno oder House – was ist es, das „Lunar Eclipse“ ausmacht? Von allem ein wenig. Irgendwie scheinen uns die beiden Musiker auf einen angesagten Rave mitzunehmen. Und auch ein wenig indischen Sprechgesang scheinen die beiden Musiker dem Stück beigemischt zu haben, oder? Noch ein Wort zu „Kyoto Nights“: Verzerrte Trompetenklänge werden von sirrenden, scharfzüngigen Trompetensetzungen abgelöst. Bisweilen muss man außerdem an Scratching denken. Doch dann erfasst uns ein reißender Klangstrom, den Kondo kreiert. Und unter diesem liegt ein schwingender Klangteppich, liegt ein Gesumme, ein Klang eines sonoren Rhodes, ehe dann auch moduliertes Schiffsgebläse an unser Ohr dringt.
© fdp
Infos
https://stilll-off.bandcamp.com/album/tokyo-fusion?from=fanpub_fnb
http://rubenvanrompaey.nl/bio.html
http://magnatune.com/artists/rompaey/
https://bandcamp.com/tag/toshinori-kondo?artist=3484135283
Track Listing
1: Dream Warriors
2: Ginza Lounge
3: Shibuya Crossing
4: Darbuka Lounge
5: Ginza Lounge – Part 2
6: This Ain’t Lounge
7: Corona Avenue
8: Mister Tabla
9: Coming Up
10: Rainbow Bridge
11: Lunar Eclipse
12: Kyoto Nights
13: Tribute